Premierminister Xavier Bettel (DP) und Energieminister Claude Turmes („déi gréng“) traten am Freitag vor die Presse und äußerten sich zur aktuellen Energiekrise. Große oder gar unerwartete Ankündigungen gab es dabei nicht. Details gebe es erst nach den Tripartite-Verhandlungen. Auch Yves Cruchten (LSAP) und Max Hahn (DP) ließen sich auf Nachfrage des Tageblatt nicht dazu verleiten, aus dem Nähkästchen zu plaudern. Die Politiker verkündeten allerdings ihr Vertrauen in die Entscheidungen der Tripartite. Der OGBL hingegen sieht sich in seinen Aussagen von vor vier Monaten bestätigt und hofft, dass dieses Mal die Einwände der Gewerkschaften berücksichtigt werden.
Jean-Luc De Matteis (OGBL)
Das letzte Mal hat die Regierung sehr viele Entscheidungen beim Energietisch getroffen – und das noch vor den eigentlichen Tripartite-Verhandlungen. Der OGBL sei erst danach informiert worden, als diese Entscheidungen bereits beschlossene Sache waren. „Jetzt gibt es offenbar den Willen, miteinander zu sprechen und miteinander Lösungen zu finden“, sagt OGBL-Mann Jean-Luc De Matteis gegenüber dem Tageblatt.
Dieses Mal solle auch den Gewerkschaften zugehört werden und alle Karten auf den Tisch gelegt werden, damit es zu einem richtigen Sozialdialog kommt. „Was wir fordern, wurde das letzte Mal alles abgeschmettert. Aber die Situation hat sich verändert, unsere Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet“, sagt De Matteis. Die Inflation ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Als der OGBL diese Befürchtungen vor vier Monaten bei den letzten Tripartite-Verhandlungen ansprach, seien die Gewerkschaftsvertreter deshalb „fast ausgelacht“ worden.
Die Situation habe sich jedoch weiter verschlechtert und nun müsse den Menschen massiv geholfen werden, um den Preisschock zu überstehen.
Vorschläge des OGBL
Um den Folgen der Inflation entgegenzuwirken, schlägt der OGBL vor, die Steuertabelle an die Inflation anzupassen. Auch Energiehilfen und die Reaktivierung des Index-Mechanismus würden weitere Abhilfe leisten.
Die Betreibe würden sich laut De Matteis derzeit noch in einer sehr guten Situation befinden, darum müsste es ihnen auch möglich sein, den Index auszuzahlen. Betrieben, die tatsächlich Probleme haben, dem nachzukommen, müssten direkte Hilfen zukommen – der OGBL verschließe sich Betriebshilfen nicht.
Diese Hilfen müssten allerdings anders gehandhabt werden als bisher. Es gebe nämlich Betriebe, die dadurch „sehr große Profite gemacht haben“. Um dem entgegenzusteuern, könne man zum Beispiel Übergewinnsteuern einführen. Auch die Regierung könne nur schwer rechtfertigen, dass große Krisengewinner den Index nicht zahlen müssen.
„Wir sind bereit, über vieles zu diskutieren – aber der Index muss weiterlaufen“, meint De Matteis. Eine weitere Indexmanipulation sei für den OGBL keine Option. Viele Organisationen und sogar politische Parteien hätten inzwischen ihre Meinung geändert. „Der Staat muss seine Rolle spielen und den Menschen unter die Arme greifen“, sagt der Gewerkschaftler.
Yves Cruchten (LSAP)
„Ich glaube an die Tripartite“, betont der LSAP-Fraktionsvorsitzende Yves Cruchten gegenüber dem Tageblatt. Das Treffen zwischen der Regierung und den Sozialpartnern sei der richtige Weg, um die aktuellen Probleme anzugehen. „Das wird für viele Menschen nicht einfach“, sagt der Politiker. Darum müssten die Maßnahmen so breit wie nur möglich ausfallen, um auch so vielen Menschen wie nur möglich unter die Arme zu greifen.
Die Vorbereitungen für die Tripartite liefen derzeit auf Hochtouren, es habe auch bereits erste Gespräche zwischen der Regierung und dem Patronat gegeben. Darin sei eine ganze Menge an Zahlenmaterial und Daten angefragt worden, die Statec nun liefern soll. „Aufgrund von diesem Material, von diesen Zahlen, die objektiv sind, die verifizierbar und belastbar sind, sollen nachher Entscheidungen getroffen werden. Alles andere finde ich zu diesem Zeitpunkt nicht hilfreich“, sagt Cruchten.
Man dürfe jetzt nicht unüberlegt vorgehen und aus der Hüfte schießen – besser, sich etwas Zeit lassen, um die Lage genau zu analysieren, und dann gezielt vorgehen. Cruchten ist zuversichtlich, dass die Tripartite gemeinsam eine Lösung finden wird, denn alle Partner würden den Ernst der Lage erkennen und auch teilen.
Max Hahn und André Bauler (DP)
Der DP-Abgeordnete Max Hahn meint gegenüber dem Tageblatt, dass man die Tripartite abwarten müsse. Der Tripartite-Verhandlungstisch sei zu diesem Zeitpunkt der richtige Platz, um derartige Gespräche zu führen, denn es gehe darum, im Konsens die besten Lösungen für das Großherzogtum zu finden.
Demnach ist es „nicht hilfreich, jetzt als einzelne Partei oder als einzelner Akteur“ individuell Vorschläge auf den Tisch zu legen, um nachher als Gewinner dazustehen. „Das ist nicht unser Stil“, sagt Hahn. Man müsse lösungsorientiert an das Problem herangehen – es sei jedoch nicht der richtige Zeitpunkt, um Wahlkampf zu betreiben.
Die Tripartite habe sich bereits in der Vergangenheit bewährt. Darum ist der Politiker zuversichtlich, dass sie auch dieses Mal die bestmöglichen Lösungen finden wird. Hahn begrüße zudem, dass auf der Pressekonferenz Hilfen angekündigt wurden, die sogar weit in die Mittelschicht greifen würden.
André Bauler (DP) schließt sich den Aussagen von Hahn und Cruchten an, auch er ist der Meinung, dass man jetzt nicht vorgreifen und erst die Ergebnisse der Tripartite abwarten sollte. Zudem müsse man die Statec-Daten abwarten, um guten Gewissens Entscheidungen treffen zu können. Die Gaspreise seien jedoch recht volatil und deren Entwicklung von daher nur schwer vorhersehbar. Auch das Wetter würde da mitspielen. (WiR/sen)
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