EditorialHarmonie der Gewalten: Warum es im Luxemburger Rechtsstaat knirscht und knarzt

Editorial / Harmonie der Gewalten: Warum es im Luxemburger Rechtsstaat knirscht und knarzt
Die Rufe nach „Harmonie“ und Entschleunigung wirken  nicht wie Versuche, die Justiz zu reformieren und zu modernisieren Foto: dpa/Britta Pedersen

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Ein Hauch Asien weht durch Luxemburg. Duftkerze anzünden, ätherische Öle auf die Stirn tröpfeln und die innere Mitte suchen: Die Zeichen stehen auf „Harmonie“ – zumindest, wenn man den Gesängen der hohen Justizvertreter lauscht. Man habe sich nicht in die Geschicke der Chamber einmischen wollen. Es sei genug Öl ins Feuer gegossen worden, jetzt müsse die Rückkehr zur „Harmonie“ zwischen den drei rechtsstaatlichen Gewalten gelingen. Legislative und Exekutive sehnen sich nach ähnlich harmonischen Zuständen. Vom anfänglichen Widerstand ist wenig bis nichts mehr spürbar.

Was die gesamte Episode schmerzlich vor Augen führt: Die Institutionen mögen in Luxemburg gemäß der Gewaltenteilung organisiert sein. Im Alltag ist die praktische Auslegung der Teilung hingegen butterweich. Der Luxemburger Jurist und Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Georges Ravarani, beschrieb dies 2013 mit analytischer Finesse: „Les trois pouvoirs constitutionnels interagissent à telle enseigne qu’on a préféré parler de la collaboration des pouvoirs plutôt que de leur séparation. Ceci ne veut pas dire que chacun des trois pouvoirs ne jouisse pas de compétences propres, mais elles sont assez diffuses pour qu’il soit impossible de tirer une ligne de séparation nette entre les compétences de chacun d’entre eux.“ Genau diese mangelnde Trennschärfe ist das eigentliche Problem.

Gewaltenteilung „à la luxembourgeoise“

Das Verhältnis zwischen den Staatsgewalten ist nicht sauber geregelt. Vieles bewegt sich im Ungefähren, eine klare Zuordnung zentraler Kontrollfunktionen fehlt. Die Datenschutzaffäre hat dies mit jedem neuen Aspekt deutlich gemacht. Die Justizvertreter reagieren dünnhäutig, weil sie offenbar nicht daran gewöhnt sind, mit internen Missständen konfrontiert zu werden: Weder berechtigte noch unberechtigte Vorwürfe sind ein Freifahrtschein für die Aufweichung der ohnehin wackelpuddingähnlichen Gewaltenteilung „à la luxembourgeoise“. Im Gegenteil: Eine striktere Gewaltentrennung ist nicht ohne Grund eines der Hauptanliegen der Verfassungsreform.

Gerade deshalb wirken die Rufe nach „Harmonie“ und Entschleunigung nicht wie Versuche, die Justiz zu reformieren und zu modernisieren, sondern vielmehr wie ein geordneter Rückzug. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, Jean-Claude Wiwinius, hat dies gegenüber RTL auf den Punkt gebracht: „De Moment wär awer elo komm, fir aus dem Ganzen d’Loft erauszehuelen (…). Wat denken d’Leit dobausse vun eis, wann déi héchste Vertrieder vun den Institutiounen sou matenee streiden? Dat mécht kee serieuxen Androck.“ Eigentlich kann Wiwinius beruhigt sein. Was die Leute denken, wenn sich die Gewalten kritisch miteinander auseinandersetzen, lässt sich vermutlich leicht beantworten: Dass sie in einem echten Rechtsstaat mit strikter Gewaltentrennung leben. Einem Staat, dessen zentrales Anliegen nicht Harmonie, sondern das optimale Funktionieren rechtsstaatlicher Institutionen ist.

KTG
3. November 2019 - 19.24

De léiwe Maître ass och e bëssen eng Diva. Net alles ëmmer direkt fir boer Mënz huelen...

KTG
3. November 2019 - 19.22

Wat genee ass gemengt? Datt an dee Prison politesch Prisonéier solle kommen? Oder wéi muss ech deen doten Internet-Kommentar verstoen?

KTG
3. November 2019 - 19.21

Also, dann wollen wir mal wieder: Die luxemburgische Politik ist, was die Nationalpolitik betrifft. ziemlich sauber. Fälle persönlicher Korruption gibt es, allerdings eher auf der Ebene der Bürgermeister und bis auf den Fall eines ehemaligen Bürgermeisters der Stadt Luxemburg wurden auch alle vor Gericht ordentlich kleingehackt. Details zur "unsauberen Machenschaft" (sic!!) der "Oberschicht" (cit.) wären angebracht. Alles andere ist nur Verbreitung von falschen Gerüchten ohne Substanz. Und jetzt kommen Sie mir bitte nicht damit, dass Sie Angst hätten. Wenn Sie Beweise haben, dann her damit. Ich bin mir sicher, dass die freie Presse in unserem freien Land sicher für Hinweise dankbar wäre, denn bisher scheint sie ja keine Anhaltspunkte für ihre Theorie einer Verschwörung der "Oberschicht" (cit.) gefunden zu haben. Wenn's so wäre, müsste da ja regelmäßig was davon zu lesen sein, denn in diesem kleinen Land kann niemand ewig dichthalten. Auch die Bommeleeër sind bald dran. Also, raus mit der Sprache. "Zur Zeit aber werden die kritischen Denker gerne mit einen Nazistempel markiert." Blödsinn. Wenn es Ihnen nicht passt, dass Ihre Partei (die 5/6-Truppe, wenn Ihren Namen und die letzten Kommunalwahlen mal als Anhaltspunkten nehmen darf) als "rechtsnational" oder dergleichen mehr bezeichnet wird, dann ist das nun wirklich Ihr Problem. "300 Advokaten" Blödsinn. Siehe oben. "brauchen eine auf Streit und Ungerechtigkeiten aufgebaute Gesellschaft" Blödsinn. "um mit ihrem Beruf ihren opulenten Lebensunterhalt zu verdienen" Unsinn. Die meisten Anwälte arbeiten für Finanzunternehmen, große Anwaltsfirmen, usw. und sehen nie oder kaum ein Gericht von innen, schon gar nicht um Kleinkriminelle, streitsüchtige Familienväter oder angeklagte "Oberschicht"mitglieder zu vertreten, und können trotzdem gutes Geld verdienen.

Jean-Pierre
3. November 2019 - 11.38

exakt

Dita TISCH
3. November 2019 - 9.02

leider, leider ass dat eng Wouerecht, göt et ee Probleem, göt Sand driwer gestreet an önnert den Dech gekiirt. Ech hun op RTL de Lieserbréif vum Maître Gaston Vogel geliess, deen éichte Saatz vum sengem Bréif seet ALLES aus " Je Vous ai entendu hier, quand Vous avez expliqué aux petites lucarnes Votre approche du délicat problème de la séparation des pouvoirs. Je restais bouche bée en Vous écoutant." Merci dem Gaston Vogel fiir séi Lieserbréif a Merci dem Dhiraj Sabharwal fiir dösen Artikel

Jemp
3. November 2019 - 7.37

Es gibt insgesamt 2.450 Rechtsanwälte in Luxembourg! (www.bareau.lu)

Wester Gust
31. Oktober 2019 - 12.41

Während Jahrzehnten war bekannt welche Anarchie in unserm Justizwesen herrscht. Aber die es bemerkten schauten weg und schwiegen. In einem Ländchen wo Ungerechtigkeiten derart ignoriert werden, wird dies einmal in eine grausame Diktatur münden, damit die Oberschicht ihre unsauberen Machenschaft weiter betreiben kann. Zur Zeit aber werden die kritischen Denker gerne mit einen Nazistempel markiert. 300 Advokaten brauchen eine auf Streit und Ungerechtigkeiten aufgebaute Gesellschaft um mit ihrem Beruf ihren opulenten Lebensunterhalt zu verdienen,