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Husarenstück in Caracas: Guaidó will Maduro die Macht entreißen

Husarenstück in Caracas: Guaidó will Maduro die Macht entreißen

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Der Aufstand schien schon im Sande zu verlaufen, da gelingt dem jungen Abgeordneten Guaidó ein neuer Coup. Er zieht Soldaten auf seine Seite und befreit Oppositionsführer López aus dem Arrest. Doch die regierenden Sozialisten geben sich nicht geschlagen..

Über den Hügeln von Caracas geht gerade die Sonne auf, als Juan Guaidó dem venezolanischen Staatschef Nicolás Maduro offen den Kampf ansagt. «Als Interimspräsident von Venezuela, als rechtmäßiger Oberkommandierender der Streitkräfte, rufe ich alle Soldaten dazu auf, sich uns anzuschließen», sagt der Oppositionsführer auf einer Schnellstraße nahe dem Luftwaffenstützpunkt La Carlota. Es ist ein Aufruf zur offenen Rebellion.

Guaidó ist der Chef des entmachteten Parlaments. Er wirft Maduro Wahlfälschung vor und hatte sich deshalb Ende Januar zum Interimspräsidenten erklärt.

Neben Guidó steht an diesem Morgen der vor Jahren inhaftierte Oppositionsführer Leopoldo López, den aufständische Soldaten gerade aus dem Hausarrest befreit haben. «Alle Venezolaner, die sich Freiheit wünschen, sollen kommen», sagt der Gründer von Guaidós Oppositionspartei Voluntad Popular. «In diesem Moment sollen alle Venezolaner, mit Uniform und ohne, auf die Straße.»

Regierungsgegner strömen zur Militärbasis

Zahlreiche Regierungsgegner strömen am Dienstag zur Militärbasis La Carlota. Sie schwenken venezolanische Flaggen und fordern den Rücktritt Maduros. «Das Volk will das nicht mehr», sagt ein vermummter Demonstrant im Fernsehsender VPI. «Wir bleiben auf der Straße, bis Maduro geht.»

Regierungstreue Sicherheitskräfte feuern Tränengas in die Menge, es sind auch Schüsse zu hören. Übergelaufene Soldaten mit blauen Armbinden schließen sich den Demonstranten an. Wie viele Militärs sich aber tatsächlich auf die Seite der Opposition geschlagen haben, bleibt zunächst unklar.

«Mutige Soldaten, Patrioten, verfassungstreue Männer haben heute unseren Ruf erhört», sagt Guaidó. «Das Ende der unrechtmäßigen Machtübernahme beginnt heute.»

Bewegung im Machtkampf

Mit dem Husarenstück im Morgengrauen hat der junge Abgeordnete nach wochenlangem Stillstand wieder Bewegung in den Machtkampf gebracht. Mit seiner «Operation Freiheit» will er Präsident Maduro nun aus dem Amt drängen.

Allerdings ist der Vorstoß auch brandgefährlich: Bislang ließ Maduro seinen Herausforderer Guaidó weitgehend gewähren. Nach dem Putschversuch könnte die sozialistische Regierung nun andere Saiten aufziehen. «In diesem Moment sammelt die Generalstaatsanwaltschaft Beweise, gegen jene, die in diese illegale Verschwörung verwickelt sind», sagt Generalstaatsanwalt Tarek William Saab.

Zunächast tut die Regierung den Aufstand allerdings als kläglichen Putschversuch einiger Weniger ab. «In diesem Moment schalten wir eine kleine Gruppe verräterischer Soldaten aus», schreibt Kommunikationsminister Jorge Rodríguez auf Twitter. «Wir rufen das Volk dazu auf, in maximaler Alarmbereitschaft zu bleiben und gemeinsam mit den glorreichen Streitkräften den Putschversuch abzuwehren und den Frieden zu erhalten.»

Das Militär ist das Zünglein an der Waage

Das Militär gilt als der entscheidende Faktor im Machtkampf in Venezuela. Guaidó hat die Streitkräfte immer wieder dazu aufgerufen, die Seiten zu wechseln – bislang allerdings mit nur geringem Erfolg. Die Generäle profitieren ohnehin vom System Maduro und haben daher wenig Interesse an einem Machtwechsel. Kleinere Aufstände einfacher Soldaten gegen Maduros Regierung wurden bereits mehrfach niedergeschlagen.

Agenten des militärischen Geheimdienstes Kubas sollen die einfachen Soldaten der venezolanischen Streitkräfte kontrollieren und Aufstände und Verschwörungen bereits im Keim ersticken. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Control Ciudadano sitzen in dem südamerikanischen Land 193 Militärs wegen politischer Vergehen in Haft.

Verteidigungsminister Vladimir Padrino gelobte der Regierung von Maduro erneut die Treue. «Die Streitkräfte verteidigen die Verfassung und die legitimen Autoritäten», schrieb er auf Twitter. «Alle militärischen Einheiten melden Normalität in ihren Kasernen und Stützpunkten und befinden sich unter der Befehlsgewalt ihrer Kommandeure.»

Soziale Netzwerke nicht erreichbar

Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Plattformen zum Upload von Videos waren vorübergehend nicht mehr erreichbar, wie die Nichtregierungsorganisation Netblocks berichtete. Die Störungen führte Netblocks auf den staatlich betriebenen Internetprovider zurück, welcher den Zugang zu den Diensten eingeschränkt habe.

Während auf den Straßen von Caracas noch um die Macht gerungen wurde, brachten sich die internationalen Verbündeten der verfeindeten Lager in Stellung. Die USA, viele EU-Staaten und zahlreiche lateinamerikanische Länder haben Guaidó bereits als rechtmäßigen Übergangsstaatschef anerkannt, dagegen halten Russland, China, die Türkei sowie die linken Regierungen in Kuba, Nicaragua und Bolivien Maduro weiterhin die Treue.

«Die US-Regierung unterstützt das venezolanische Volk vollkommen in seinem Verlangen nach Freiheit und Demokratie», schreibt US-Außenminister Mike Pompeo auf Twitter.

«Unsere Unterstützung für Juan Guaidó hat sich in keiner Weise geändert», sagt auch Bundesaußenminister Heiko Maas am Dienstag bei einem Besuch in Brasilien. Er hoffe, dass die Lage friedlich bleibe.

Verbündete stärken Maduro den Rücken

Maduros Verbündete hingegen stärken dem venezolanischen Präsidenten den Rücken. «Wir verurteilen diese putschistische Bewegung, die darauf abzielt, das Land mit Gewalt zu überziehen», schreibt Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel auf Twitter. Bolivien Staatschef Evo Morales sekundiert: «Wir verurteilen diesen versuchten Staatsstreich in Venezuela aufs Schärfste.»

Russland warnt angesichst der brenzligen Lage vor einem Eingreifen von außen. Es gebe Kräfte, die nur einen Vorwand für ein gewaltsames Einschreiten suchten, schreibt der Chef des Auswärtigen Ausschusses im russischen Föderationsrat, Konstantin Kossatschow, bei Facebook. Er nannte die USA nicht namentlich, forderte allerdings, den Machtkonflikt durch einen innenpolitischen Dialog und auf Grundlage der Mechanismen der Vereinten Nationen zu lösen.