Am Donnerstag, 17. Dezember 2020 fand im Parlament eine Abstimmung zur Verlängerung der Übergangsregelung für Gemeinderatssitzungen per Videokonferenz statt. Bei dieser Sitzung ging es offensichtlich hoch her, nachdem sich einige Redner darüber aufregten, dass offensichtlich in Videokonferenzen der Gemeinderäte gekocht werde …
Ein Abgeordneter mochte solche als schwarze Schafe bezeichnen, doch es muss bedacht werden, dass schwarze Schafe schon immer zur Veränderung beigetragen haben. Und so haben die zwei Abgeordneten möglicherweise unabsichtlich auf ein wichtiges Thema aufmerksam gemacht, dem wir alle mehr Bedeutung zumessen sollten, der Frage nämlich, wie Gleichberechtigung auch bei der Ausübung eines politischen Mandats möglich ist.
Zunächst aber noch einmal die Fakten: Während einer Debatte in der Sitzung des Gemeinderats (April 2020, wegen totalem Lockdown war die Beteiligung erstmals per Videokonferenz genehmigt) hat eine Gemeinderätin ihrem Kind, das wegen Schulschließung zu Hause blieb, das Mittagessen zubereitet (Salat gewaschen).
Schwieriger Spagat
Dies war ein einmaliger Vorgang, der allerdings beispielhaft demonstriert, wo das eigentliche Problem liegt: Die aktuellen Regeln sehen nicht vor, dass eine Ratssitzung zwecks Mittagspause unterbrochen wird, sodass alle Mandatsträger ihren elterlichen Pflichten nachkommen können. Da die Sitzung weit über die Mittagsstunde immer noch nicht abgeschlossen war, sah sich die alleinerziehende Mutter und Gemeinderätin gezwungen, ihrem Kind ein Essen zuzubereiten.
Diese und ähnliche Situationen erleben Alleinerziehende leider immer wieder, und sie müssen immer wieder den Spagat zwischen familiärer Verantwortung, Beruf und politischem Mandat bewältigen. Dabei könnten derartige Probleme einfach vermieden werden, wenn der Gemeinderat im Falle der zeitlichen Überziehung einfach eine Mittagspause einlegen würde. Eine solche Regelung könnte ohne Umstände in die Geschäftsordnung der Gemeinden aufgenommen werden.
Keine Verbesserung durch Corona
Und es würde verhindern, dass sich Alleinerziehende in einem permanenten Gewissenskonflikt zwischen politischem Mandat und familiärer Verantwortung befinden. Wenn wir tatsächlich Chancengleichheit wollen und wenn wir jedem Mandatsträger die gleichen Möglichkeiten zur Ausübung eines Amtes zugestehen, dann muss es möglich sein, dass auch Alleinerziehende aktiv am politischen Entscheidungsprozess teilnehmen können. In unserer Gesellschaft ist die Zahl der Alleinerziehenden eine der am schnellsten wachsenden Gruppen, und alle Alleinerziehenden können ein Lied davon singen, wie schwierig es ist, den Alltag ohne Unterstützung zu meistern.
Der Lockdown wegen Corona hat die Situation nicht verbessert. Lebt nur ein Erwachsener im Haushalt, gestaltet sich die Organisation des Alltags besonders schwierig, da er neben seinen beruflichen/politischen Verpflichtungen die Betreuung der Kinder allein realisieren muss. Alleinerziehende haben nicht die Möglichkeit, die Betreuungszeit mit einem anderen Elternteil gerecht aufzuteilen. Auch die beliebte Option der Großeltern als Unterstützung bei der Betreuung fällt auf unbestimmte Zeit weg. Statistisch betrachtet, betrifft das Phänomen vorwiegend Frauen, und in den allermeisten Fällen sind diese Frauen darauf angewiesen, in Vollzeit zu arbeiten, um die Familie zu ernähren.
Basis einer gesunden Demokratie
Anstatt in alten Rollenklischees zu verharren, wo alleine den Frauen Verantwortung für das Wohl der Kinder zufällt, müssen wir endlich die Basis dafür schaffen, dass Gleichberechtigung auch im politischen Alltag funktioniert! Es kann nicht sein, dass Frauen zwischen Karriere und Familie oder politischem Amt und Familie wählen müssen, während sich Männer grundsätzlich derartige Fragen gar nicht stellen! Es scheint durchaus ein gesellschaftlicher Konsens zu bestehen, dass Männer gleichzeitig ein politisches Amt ausüben und Familienväter sein können.
Und Frauen sollte dieses Recht nicht zustehen? Die aktive Beteiligung an Politik ist die Basis für eine gesunde Demokratie, und diese Beteiligung muss allen Vertretern der Bevölkerung möglich sein, auch der stetig wachsenden Gruppe der Alleinerziehenden! Vielleicht sollten wir unverkrampfter an die Dinge herangehen und einfache Regeln schaffen, die derartige Probleme vermeiden helfen. Ein bisschen mehr Menschlichkeit und weniger Wichtigtuerei würde unserer Politik sicher guttun.
* Die Autorin ist DP-Mitglied und Gemeinderätin in Esch/Alzette
Präferenzen setzen , ob politisches Mandat oder Kindererziehung , beides zusammen bringen keine hundertprozentige Leistung im Interesse des Kindes oder Wähler. Wer sich in der Politik betätigt , möchte auch ist er gewählt von allen Vorteilen dieser Beschäftigung profitieren. Aus heutiger Sicht wollen Politiker ihre Mandate nicht als Freizeitbeschäftigung abgestempelt haben , fordern die Anerkennung als Beruf. Jeder Arbeitnehmer muss eine hundertprozentige Arbeit leisten, sonst riskiert er entlassen zu werden, seine Privatinteressen, Familie muss er hintenanstellen. Dank unsere Politik müssen viele Mütter als Verkäuferin , Kassiererin am Sonntag, verkaufsoffenen Sonntagen, bis spät am Abend arbeiten und die liberale Politik fordert die Liberalisierung der Öffnungszeiten. Kinder , Familie ins Abseits gestellt , der Beruf im Vordergrund. Liebe Politik über den Tellerrand schauen , nicht nur auf eigene Vorteile , derer ihrer Lobby bedacht sein.