Eine Großstadt ohne Aufregerthemen kann man sich schwerlich vorstellen, und die Hauptstadt macht da keine Ausnahme. In den letzten sechs Jahren stechen zwei Themen besonders hervor, über die im Gemeinderat mehrmals heftig gestritten wurde. Da wäre zum einen die Sache um die privaten Sicherheitsbeamten und zum anderen das rezente „Heescheverbuet“.
Seit Dezember 2020 patrouillierten in der Stadt Luxemburg private Sicherheitsdienste im öffentlichen Raum. Der Einsatz wurde von Anfang an von der Opposition heftig kritisiert. Ihrer Meinung nach gehört die Aufgabe der öffentlichen Sicherheit ausschließlich in die Hände der Polizei. Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) hielt jedoch am Einsatz fest, mit dem Argument, es gebe eben nicht genug Polizisten vor Ort, und in ihrer Eigenschaft als Bürgermeisterin sei sie für die Sicherheit der Stadt und ihrer Bewohner verantwortlich. Die Opposition hatte nicht nur grundsätzliche Einwände gegen private Polizisten im öffentlichen Raum, sondern auch juristische Bedenken. Nach monatelangem Streit entschloss sich „déi Lénk“ im April 2021, die Sache vor Gericht zu bringen, nachdem sich Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) geweigert hatte, in der Sache zu intervenieren.
Im September 2021 kam es zu einem Zwischenfall im Bahnhofsviertel, der die Emotionen erneut hochkochen ließ. Auf einem Video war zu sehen, wie der Hund eines privaten Sicherheitsbeamten einen Mann am Bein zerrt. Der Vertrag mit der damaligen Sicherheitsfirma lief im November 2021 aus. Seit dem 15. März dieses Jahres patrouillieren allerdings wieder private Sicherheitsleute; allerdings nicht nur im Bahnhofsviertel, sondern auch im Stadtzentrum und in Bonneweg.
Betteln verboten
Eine nicht minder heftige Kontroverse löste das sogenannte „Heescheverbuet“ vor wenigen Wochen aus. Das Verbot soll sich vor allem gegen kriminell organisierte Bettelei richten, sagt die Mehrheit; die Opposition hingegen sieht darin lediglich Wahlkampf auf Kosten der Ärmsten. In der Gemeinderatssitzung vom 27. März dieses Jahres beschloss die DP-CSV-Mehrheit eine entsprechende Änderung der Polizeiverordnung. Mehrheit und Opposition warfen sich während der fast dreistündigen Diskussionen immer wieder gegenseitig Populismus vor. Wenig später, schon am 15. Mai, hat sich das Innenministerium allerdings gegen die Abänderung des Polizeireglements ausgesprochen: Das Verbot sei nicht konform mit national und international geltendem Recht. Derweil die Entscheidung von der Opposition begrüßt wurde, kündigte der Schöffenrat an, die Entscheidung anzufechten.
Dass die beiden Themen auch außerhalb des Gemeinderats diskutiert wurden und werden, steht außer Zweifel; inwiefern sie jedoch die Entscheidung der Wähler am kommenden 11. Juni beeinflussen werden, steht auf einem anderen Blatt.
Der Kampf um das Sandweiler Rathaus
Über Monate stritten sich Mehrheit und Opposition in Sandweiler über das vom Schöffenrat vorgebrachte Projekt eines neuen Rathauses. Für die DP-LSAP-Opposition ergab das ganze Projekt keinen Sinn: Es sei zu groß und zu teuer. Bürgermeisterin Simone Massard (CSV) wies die Kritik mit Blick auf das Wachstum der Gemeinde zurück. „Wir wollen ein Gebäude für die Zukunft bauen. Sandweiler wird weiter wachsen und zudem werden den Gemeinden vom Gesetzgeber immer mehr Aufgaben übertragen. Dem müssen wir Rechnung tragen.“
Ihre Argumente konnten die Gegner des Projektes nicht überzeugen, und sie organisierten eine Unterschriftensammlung, mit der ein Referendum zu der Frage gefordert wurde. Rund 500 Bürger sprachen sich bei der Petition gegen die Pläne des Schöffenrats aus und erzwangen damit eine Volksbefragung, die dann im April 2021 auch stattfand.
Bürgermeisterin Simone Massard-Stitz (CSV) hatte sich anfangs gegen die Volksabstimmung gesträubt, mit dem Argument, die Prozeduren seien anscheinend nicht eingehalten worden. Rund 1.800 stimmberechtigte Bürger waren schließlich aufgefordert, über verschiedene Vorhaben im Ort abzustimmen – der Neubau war der größte und umstrittenste Posten. 1.016 Menschen stimmten gegen ein neues Rathaus, nur 358 dafür.
Die Mamer Schneekanone
Für einen echten Aufreger im Corona-Winter 2021 sorgte derweil der Schöffenrat in Mamer, u.a. mit einer Langlaufloipe im Park Brill. Im Rahmen des Weihnachtsmarkts „Winter Moments 2021“ fand im Dezember das Event „Schnéi am Park“ statt. Mit einer Schneekanone sollten eine Langlaufloipe und ein Schneehügel für Schlittenfahrten aufgebaut werden. Folge: Empörung bei den lokalen „déi gréng“: Der Energieverbrauch der Schneekanone war ihrer Meinung nach zu hoch; ergo sei das Projekt inkonsequent für eine Gemeinde, die sich im Klimapakt engagiere. Der enorme Strom- und Wasserverbrauch seien unvertretbar.
Das Tageblatt hatte eine Blitzumfrage in Mamer durchgeführt: Die befragten Bewohner sagten sich zwar fast alle einerseits zufrieden damit, dass die Gemeinde ihnen etwas biete, doch fanden sie andererseits, dass energieaufwendige Projekte in einer Zeit, in der viel über Energiesparen geredet wird, fehl am Platz seien. Die Aussage eines Bürgers stand exemplarisch für viele: „Das ist total unangebracht in dieser Zeit, vor allem, wo die Klimakonferenz stattgefunden hat. Jeder will Energie sparen, und wir machen genau das Gegenteil.“
„Metal ass keng Musek“
Für die einen war es ein Aufreger, für die anderen gehört die Sache in die Kategorie „Kurioses“. Im September vorigen Jahres untersagte der Strassener Bürgermeister ein Metal-Festival in der Gemeinde. Später wurde sogar behauptet, er habe gesagt, Metal sei keine Musik.
Es sollte die 13. Auflage des Events sein. Da das Kopstaler Centre Wirtspesch, die Halle, in der das Metal-Festival seit rund zehn Jahren stattfindet, infolge der Überschwemmungen vom Vorjahr beschädigt worden war, mussten die Organisatoren eine andere Location suchen. In Strassen waren sie – vorerst – fündig geworden. Austragungsort sollte beim „Fräiheetsbam“ sein.
Wenige Tage vor dem Event jedoch veröffentlichten die Organisatoren auf Facebook einen Post, in dem sie bekannt gaben, dass sie dringend einen anderen Austragungsort suchen. Grund: Die Verantwortlichen bei der Gemeinde hätten die Bedingungen so gestellt, dass die Organisatoren gezwungen waren, sich erneut nach einem anderen Spielort umzusehen, erklärte Jeff Buchette, Mitorganisator und Gitarrist der luxemburgischen Bands Scarlet Anger und Ed Hunters, damals gegenüber dem Tageblatt. „Uns sollte bestimmtes Material zur Verfügung gestellt werden, u.a. Zelte. Das wollen die Verantwortlichen aber nicht mehr tun. Uns blieb nichts anderes übrig, als einen anderen Veranstaltungsort zu suchen.“
Der Bürgermeister der Gemeinde Strassen, Nico Pundel (CSV), wurde später mit den Worten zitiert, er sei „angelogen worden“. Das Veranstaltungsteam habe das Festival als Musik-Event angemeldet, der Bürgermeister habe anscheinend behauptet, „Metal sei keine Musik“. Die Strassener Gemeinde wollte allerdings nicht als Metal-Feind dargestellt werden und reagierte per Pressemitteilung. Die eigentliche Art des Festivals sei erst spät klar geworden und es habe an den notwendigen Voraussetzungen gemangelt, etwa in puncto Sicherheitskonzept. Die Organisatoren hätten dem Schöffenrat kein Konzept vorgestellt: weder für die Sicherheit noch für die Parkregelung oder die Lautstärke – die „bei dieser Art von Musik ein wichtiger Faktor ist“. Die Gemeinde habe zwar die Bewilligung des Metal-Festivals nie entzogen, lediglich „das angeforderte Material“ werde „nicht zur Verfügung gestellt“, hieß es damals. Und: „Metal ass keng Musek“ – das habe Nico Pundel nie so gesagt …
Nutznießer der ganzen Sache waren die Metal-Freunde im Süden: Das Festival konnte schließlich in Petingen stattfinden.
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