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EditorialGegenreaktion ist nötig – Zur Diskussion über die Russland-Sanktionen

Editorial / Gegenreaktion ist nötig – Zur Diskussion über die Russland-Sanktionen
Eine durch russische Angriffe gezeichnete Häuserzeile in der ukrainischen Stadt Sewersk in der Region Donezk Foto: AFP/Anatolii Stepanov

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Derzeit wird angesichts der hohen Energiepreise viel darüber diskutiert, ob die EU-Staaten und andere Länder der Welt, die mit ihren Sanktionen gegen Russland ein Zeichen gegen den Vernichtungskrieg der Kremlführung in der Ukraine setzen wollen, sich nicht selbst ins Knie geschossen haben. Es wird sich wohl kaum jemand finden, der eine nachweislich endgültige Antwort auf diese Frage liefern kann. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle, um derzeit eine Nutzen-Schaden-Abwägung vorzunehmen. Die Frage ist auch: Wann wird Bilanz gezogen? Jetzt schon, in einem Jahr, am Ende des Krieges? Immerhin treten einige EU-Sanktionen wie jene gegen russische Kohle- und Ölimporte erst noch in Kraft.

Sanktionen sind in erster Linie ein politisches Instrument. Von Beginn des Krieges an dämmerte vielen, dass mit wirtschaftlichen Strafmaßnahmen Putins Krieg nicht zu stoppen ist. Zu brutal und rücksichtslos gingen – und gehen auch weiterhin – die Invasionstruppen in der Ukraine vor. Relativ früh setzte sich daher die Erkenntnis durch, dass humanitäre und militärische Hilfe für die Ukraine in dieser Zeit wohl mehr bewirken würden.

Im autoritär geführten Russland ist allerdings kaum mit größeren Reaktionen der Bevölkerung auf negative wirtschaftliche Auswirkungen der Sanktionen zu rechnen. In westlichen Ländern wird gerne darauf verwiesen, dass die Menschen in Russland an Mangelwirtschaft gewohnt sind. Zudem hat die Staatsführung nicht nur propagandistisch, sondern auch mit rechtlichen Mitteln vorgesorgt und den Repressionsapparat ausgebaut. Gummiparagrafen, die es den Sicherheitskräften erlauben, hinter jedem Protest eine Gefährdung der nationalen Sicherheit zu vermuten, sorgen für genügend Abschreckung. Wer dennoch aufmuckst, wird einfach weggesperrt.

Die Wirtschaftssanktionen sind dennoch nötig, nicht nur als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine, sondern vor allem als Ausdruck dafür, dass hier Grenzen überschritten wurden, wodurch ein weiteres Miteinander wie bisher unmöglich ist. Der endgültige Bruch des Friedens in Europa bedarf einer klaren Gegenreaktion. Zumal Befürchtungen, dass eventuell etwa baltische Staaten in Kriegshandlungen mit Russland hineingezogen werden könnten, nicht ausgeschlossen sind. Es ist ein Wirtschaftskrieg, den die EU-Europäer und andere Staaten auf der Welt mit Moskau hier ausfechten. Der Kreml dürfte damit gerechnet haben, möglicherweise aber nicht mit dessen Ausmaß. Denn während die EU-Kommission Mitte Juli den Mitgliedstaaten für dieses Jahr noch ein Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent prognostiziert hat, wird allseits davon ausgegangen, dass die russische Wirtschaft bis zum Ende des Jahres um immerhin 10 Prozent schrumpfen wird.

Dass der weitgehende Stillstand des wirtschaftlichen Austauschs nicht nur auf der Gegenseite Schaden anrichtet, ist nicht auszuschließen. Es kommt nun darauf an, wie sich die EU-Staaten an die gegenwärtige Situation anpassen. Immerhin waren wir bereits vor dem Ukraine-Krieg mit stark gestiegenen Energiepreisen konfrontiert. Als Gegenmaßnahmen wurde den EU-Staaten freigestellt, unter anderem die vulnerabelsten Haushalte zu unterstützen und sie vor Energiearmut zu schützen. Anderweitige Rückwirkungen der Sanktionen gegen Russland auf die Schwächsten in der Gesellschaft sollten auf die gleiche Weise kompensiert werden.

Privatnachdenker
23. Juli 2022 - 11.17

Die EU sollte sich von der Konsum und Wegwerfgesellschaft verabschieden und auf Mangelwirtschaft einstellen.Verzichten können kann gelernt werden bevor es zum Muß wird! Wäre auch gut für die Umwelt und das Klima.