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Gefährdete Bonobos im Kongo machen „Liebe statt Krieg“

Gefährdete Bonobos im Kongo machen „Liebe statt Krieg“

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Der zweijährige Kwango klammert sich an seine Ersatzmama S’Arrive. Sie wiegt ihn schützend in ihren Armen. S’Arrive ist ein Mensch, Kwango ein Bonobo. Die Primaten gelten neben den Schimpansen als nächste Verwandte des Menschen. Kwangos leibliche Mutter wurde getötet – so wie viele Bonobos in der Demokratischen Republik Kongo im zentralen Afrika. Die Menschenaffen sterben unter anderem für den illegalen Handel mit Buschfleisch, wie Suzy Kwetuenda erklärt. Die Ökologin arbeitet und forscht im weltweit einzigen Bonobo-Waisenhaus.

Das Schutzzentrum Lola Ya Bonobo liegt südlich von Kongos Hauptstadt Kinshasa. Dort bekommen Affenwaisen wie Kwango eine neue Chance. Geschützt vor Gefahren haben sie 75 Hektar Wald zur Verfügung und werden liebevoll aufgepäppelt. Ziel ist, die Tiere wieder in die freie Wildbahn zu entlassen.

Jäger verkauften Kwango als Haustier. Auf dem Schwarzmarkt bringen Baby-Bonobos umgerechnet bis zu 160 Euro – viel Geld in dem armen Land. Kwango hatte Glück und wurde gerettet. «Findest du ein Baby wie ihn, heißt das, dass seine Mutter und die ganze Gruppe getötet wurden», sagt Kwetuenda. Solche Bonobos seien traumatisiert – wie Kinder, die Krieg erlebt hätten.

Bonobos (Pan paniscus), auch Zwergschimpansen genannt, sind eine bedrohte Art und nur im Kongo zu finden. Je nach Schätzung leben nur noch wenige Tausend bis Zehntausend der Tiere in freier Wildbahn. Gefährdet sind sie durch Jäger, die hinter ihrem Fleisch her sind, und durch die Abholzung in ihrem Lebensraum.

Liebe für alle

Ausgewachsene Bonobos sind in aufrechter Haltung rund 1,20 Meter groß, haben lange Arme und – im Vergleich zu Schimpansen – kleinere Ohren. Vor allem die eher ungewöhnliche Form ihres Zusammenlebens interessiert Forscher seit langem. Bonobo-Gemeinschaften leben friedlich und sind matriarchalisch organisiert. Das heißt, Weibchen stehen an der Spitze und führen die Gruppe, nicht Männchen.

Ein wichtiger Faktor für den Zusammenhalt ist Sex. «Sie machen Liebe, keinen Krieg», sagt Kwetuenda in Anspielung auf den Hippie-Slogan «Make love, not war». Bonobos nutzten Sex nicht nur zur Fortpflanzung, sondern auch zur Konfliktlösung und Entspannung. Anders als Schimpansen seien sie nicht aggressiv. Bonobos machten auch keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Männchen hätten manchmal Sex mit anderen Männchen, Weibchen mit anderen Weibchen.

Ersatzmama S’Arrive hat drei Kinder. Im Tierheim kümmert sie sich um vier kleine Bonobos. Beim Baden, Füttern und Spielen baut sie eine enge emotionale Bindung auf. «Für mich fühlt es sich an, als seien sie meine zweite Familie», sagt sie. Wenn die Waisen alt genug sind, kommen sie in eine größere Bonobo-Familie. Zuletzt werden sie, wenn möglich, in die Freiheit entlassen.

Anreize zum Umdenken 

Ihre Pflegemütter, die sich oft mehr als vier Jahre um sie kümmern, vergessen die Bonobos nicht. «Sie vertrauen ihrer menschlichen Mama wie ihrer richtigen Mama. Sogar, wenn sie in eine größere Gruppe gehen, erinnern sie sich an sie», sagt Tierarzt Paulin Mungongo. Wie Menschen könnten die Primaten an Depressionen und Stress leiden, sagt Kwetuenda. Auch essen sie nichts, wenn sie unglücklich sind.

Es ist insofern wohl ein gutes Zeichen, dass die 60 Affen im Tierheim Heißhunger zeigen, als Mitarbeiter in einem kleinen Holzboot frische Papayas über den See bringen. Frühstückszeit. Eine große Gruppe Affen rennt, manche auf allen vieren, manche auf zwei Beinen, aus dem dichten Tropengehölz ans Ufer, um sich Futter zu schnappen. Obwohl sie eigentlich nicht schwimmen, trauen sich einige ins seichte Wasser und greifen sich eine Frucht. Die geschützte Insel scheint weit weg von der mitunter grausamen Realität draußen.

«Normalerweise retten wir Waisen von Märkten oder von Leuten, die sie als Haustiere halten», erklärt Kwetuenda. Im Kongo ist es illegal, Bonobos zu besitzen, zu verkaufen, zu töten oder zu essen. Warum aber isst jemand Affenfleisch? Die Menschen haben schlicht Hunger, wie Kwetuenda sagt. «Sie essen jedes Fleisch, das sie finden.» Früher hätten sie auch gedacht, dass Bonobo-Fleisch das Fleisch der Könige sei.

Tierschützer versuchten, die Anwohner durch finanzielle Anreize zum Umdenken zu bewegen, erklärt Pierrot Mbonzo, der Direktor des durch Spenden finanzierten Zentrums. «Wenn Menschen arm sind, und du ihnen sagst, dass sie nicht mehr jagen können, musst du ihnen eine andere Lösung anbieten.» Örtliche Farmer profitierten davon, dass die Einrichtung das Futter bei ihnen kaufe. Mbonzo hofft, dass die freundlichen Menschenaffen Touristen in den Kongo locken. Jahrelange gewalttätige Konflikte und die vielen Milizen schrecken ausländische Besucher allerdings bisher vielfach ab.