Radsport„Froh, das so früh erleben zu können“ – Marie Schreiber über ihren Cyclocross-WM-Start

Radsport / „Froh, das so früh erleben zu können“ – Marie Schreiber über ihren Cyclocross-WM-Start
Marie Schreiber bringt nicht nur Talent, sondern auch die nötige Leidenschaft für die Querfeldein-Disziplin mit Foto: Gerry Schmit

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Marie Schreiber gilt als eines der größten Nachwuchstalente im luxemburgischen Radsport. Anders als die meisten ambitionierten Fahrer, die eine Karriere als Straßenfahrer anstreben, will sich die 16-Jährige auf Cyclocross spezialisieren. In der Altersklasse der U18 braucht die Sportlerin des CT Atertdaul den Vergleich mit der internationalen Konkurrenz nicht zu scheuen. Bei der Weltmeisterschaft am Samstag in Dübendorf (CH) kann die Landesmeisterin der Juniorinnen und Gewinnerin des Skoda Cross Cup wertvolle Erfahrung sammeln. Das Tageblatt hat sich im Vorfeld des Saisonhöhepunkts mit der ambitionierten Fahrerin unterhalten.

Sie haben in dieser Saison im Cyclocross einen großen Schritt nach vorne gemacht. Worauf ist dieser Leistungssprung zurückzuführen?

Seit letztem Sommer werde ich von Nationaltrainer Misch Wolter trainiert. Seine Trainingsprogramme habe ich konsequent ausgeführt, da ich wusste, dass ich nur so weiterkommen würde. Auch beim spezifischen Cyclocross-Training habe ich mich voll reingehängt.

Bei sämtlichen Wertungsläufen des Skoda Cross Cup, bei denen Sie am Start waren, konnten Sie sich durchsetzen und haben die Rennserie souverän gewonnen. Hatten Sie vor der Saison damit gerechnet?

Der Skoda Cross Cup war schon ein Ziel für mich. Vor dem ersten Rennen in Brouch wusste ich nicht, wo ich im Vergleich zu Vorjahressiegerin Elise Maes stehen würde. Nach den ersten Siegen wurde ich immer zuversichtlicher und konnte mich am Ende auch durchsetzen.

Bei der Preisvergabe wussten die Verantwortlichen von Skoda nicht, dass ich noch keinen Führerschein besitze. Sie waren ganz kulant und sagten, ich könnte den Wagen auch erst in ein paar Monaten aussuchen.

Marie Schreiber, Radsportlerin

Den während einem Jahr vom Sponsor zur Verfügung gestellten Wagen dürfen Sie noch nicht selbst fahren, da Sie erst 16 Jahre alt sind. Wer ist der Glückliche, der den Schlüssel bekommen hat?

Es war witzig, denn bei der Preisvergabe wussten die Verantwortlichen von Skoda nicht, dass ich noch keinen Führerschein besitze. Sie waren ganz kulant und sagten, ich könnte den Wagen auch erst in ein paar Monaten aussuchen. Im Sommer hatte ich sowieso vor, das Autofahren als „conductrice accompagnée“ zu lernen. Somit werde ich also doch von meinem Preis profitieren können.

Bei der Meisterschaft, wo die Juniorinnen mit den Elite-Fahrerinnen gestartet sind, haben Sie das Ziel hinter Christine Majerus als Zweite erreicht und holten sich den Titel in Ihrer Kategorie unangefochten. Nach der tollen Saison war dies eigentlich schon von Ihnen erwartet worden. Sind Sie demnach mehr als zufrieden?

Nach meinen zwei Titeln bei den Débutantes gewann ich in Mersch erstmals in der Altersklasse der Juniorinnen. Es war sicherlich nicht mein bestes Rennen der Saison, dennoch bin ich froh, Landesmeisterin geworden zu sein. Mein Hauptziel waren jedoch ganz klar die Weltcuprennen und die Weltmeisterschaft.

Sie sind mehrere Weltcups gefahren. Als eine der Jüngsten im Feld konnten Sie mit Platzierungen im Mittelfeld überzeugen. Welches Gefühl ist es, mit den Weltbesten vor einer großen Kulisse zu fahren?

Es ist etwas Besonderes. Zuvor hat man diese Fahrerinnen nur im Fernsehen verfolgt. Zudem ist es beeindruckend, das Rennen in einem Pulk von 90 Konkurrentinnen aufzunehmen, dies kurz vor dem Rennen der Herren, wenn sich schon sehr viele Zuschauer eingefunden haben. Ich bin froh, das so früh erleben zu können.

Letzten Sonntag in Hoogerheide (NL) hatten Sie das Ziel unter 82 Konkurrentinnen als 51. erreicht und waren dabei siebtschnellste Juniorin. Mit welcher Zielsetzung gehen Sie bei der WM an den Start?

In Dübendorf wird zum ersten Mal überhaupt eine U18-Weltmeisterin gekürt. Bei den Weltcups waren die Juniorinnen immer zusammen mit der Elite unterwegs. Bei meinen Weltcup-Teilnahmen fuhr ich jeweils unter die ersten zehn. Allerdings waren nicht immer alle Konkurrentinnen am Start. Mein Ziel bei der WM ist ein Platz unter den besten 15.

Zwei Generationen nebeneinander: Marie Schreiber (r.) und Christine Majerus (l.)
Zwei Generationen nebeneinander: Marie Schreiber (r.) und Christine Majerus (l.) Foto: Gerry Schmit

Verspüren Sie aufgrund der guten Resultate einen gewissen Leistungsdruck?

Das Rennen kann ich locker angehen, da ich im ersten Jahr als Juniorin starte. Ich bin mir bewusst, dass ich vorne mitfahren kann. Vom Start weg werde ich alles aus mir rausholen, um vor allem mir selbst zu zeigen, was ich drauf habe.

Beim internationalen Cross in Leudelingen vor zwei Wochen hatten Sie mit Rückenproblemen zu kämpfen. Konnten Sie diese Beschwerden mittlerweile in den Griff bekommen?

Seit Beginn der Cyclocross-Saison spüre ich Rückenschmerzen. Ich habe ein leichtes Hohlkreuz und verspüre auch im Alltag Schmerzen. Seit kurzem bin ich bei einem Osteopathen in Behandlung. Letzten Sonntag, beim Weltcup in Hoogerheide, lief es schon besser.

Sie wollen kommende Saison im Trikot einer belgischen Crossmannschaft fahren und sich der Disziplin voll und ganz widmen. Wann werden wir Genaueres erfahren?

Ich bin mir ziemlich sicher, ein Team zu finden, da weniger starke Fahrerinnen schon einen Vertrag in der Tasche haben. Eric Leyder (Organisator der WM in Beles) und Misch Wolter sind in dieser Hinsicht aktiv. Nach der Weltmeisterschaft wird sich dies sicherlich konkretisieren.

Man fährt während 40 Minuten Vollgas, ist nur auf sich selbst konzentriert, und am Ende gewinnt der Beste

Marie Schreiber, Radsportlerin

Wie kamen Sie Cyclocross und was fasziniert Sie an der Disziplin?

Durch meine Familie bin ich zum Radsport gekommen. Im Alter von sechs Jahren habe ich die ersten Wettbewerbe bestritten und danach sämtliche Jugendkategorien durchlaufen. Da mein älterer Bruder Felix Cyclocross fährt, hab ich ein Rad von ihm bekommen. Das Crossfahren hat mir sofort viel Spaß gemacht, sodass ich gleich als Débutante bei den Quers gestartet bin. Die Disziplin ist sehr abwechslungsreich. Im Vergleich zu den Straßenrennen spielt die Taktik nur eine untergeordnete Rolle. Man fährt während 40 Minuten Vollgas, ist nur auf sich selbst konzentriert und am Ende gewinnt der Beste.

Wie bekommen Sie die Schule und den Leistungssport unter einen Hut?

Ich bin im Sportlycée, wo uns die nötige Zeit zum Training und zur Teilnahme an den Wettkämpfen gegeben wird. Seit einem Jahr bin ich im Internat, wodurch ich keine Zeit mehr mit der Anfahrt verliere. Dadurch kann ich morgens auch länger schlafen, was den Leistungen zugutekommt.

Welches sind Ihre mittelfristigen Ziele, sowohl sportlich als auch beruflich?

In gut zwei Jahren möchte ich auf jeden Fall das Abitur machen. Danach habe ich vor, ein Jahr voll und ganz dem Cyclocross zu widmen, um zu sehen, ob ich weiter in diese Richtung gehen kann. Anschließend bleibt mir immer noch die Möglichkeit, zu studieren.

Majerus: „Behutsam aufbauen“

Christine Majerus hatte das Talent bei Marie Schreiber bereits früh erkannt. Man müsse ihr allerdings noch die nötige Zeit lassen. „Marie bringt bereits viel mit, aber man sollte jetzt nicht zu viel Druck aufbauen. Sie soll in den kommenden drei jahren weiter konsequent an sich arbeiten und dann erst wird man sehen, wo der Weg hinführt.“ Majerus hat aber auch die Jahrgänge hinter Schreiber im Visier: „Da gibt es gleich mehrere talentierte Fahrerinnen. Mal sehen, ob sie lange dabei bleiben.“ Obwohl die Damenkategorien dem männlichen Nachwuchs zahlenmäßig unterlegen sind, sind sie es, die mit den Resultaten auf sich aufmerksam machen. cs

Die Weltmeisterschaft in Dübendorf wird eine lehrreiche Erfahrung für Marie Schreiber
Die Weltmeisterschaft in Dübendorf wird eine lehrreiche Erfahrung für Marie Schreiber Foto: Gerry Schmit