Unseren Politikern fehlt es nicht an Argumenten, um auch bei uns die emporschnellenden Rüstungsausgaben zu rechtfertigen. In einem Interview im Tageblatt verteidigte Außenminister Jean Asselborn die Erhöhung der Rüstungsausgaben bis zu einer Milliarde Euro mit dem Argument, dass die Menschen Angst haben und sehen, dass die NATO das einzige Mittel gegen die Angst ist. Und wenn die Europäer mehr Gewicht innerhalb der NATO wollen, müssen sie mehr investieren. Ohne etwas zu bezahlen, können wir nicht mitentscheiden. Nicht vorbereitet sein, wenn militärisch etwas geschieht, ist keine Option.
Ökonomische Rüstungspolitik
Das Argument, dass die Leute Angst hätten, erinnert mich an die Ruhrfestspiele von 1970 in Recklinghausen, wo wir mit den Kolleginnen und Kollegen vom DGB 25 Jahre Sieg über den Hitlerfaschismus feierten. Wir beschäftigten uns, aus Anlass an dieses Ereignis, mit sozialökonomischen Grundlagen kritischer Friedensforschung. Damals befanden wir uns mitten im Kalten Krieg und in Asien wütete der Vietnamkrieg. Wir gelangten aufgrund vieler Diskussionen u.a. zur Schlussfolgerung, würde der Buhmann Kommunismus nicht existieren, müsste man ihn erfinden, um die Herrschaft der Eliten zu sichern und um die Rüstungsausgaben zu legitimieren.
In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Angst der Menschen begründet ist und wo sie herrührt. Ist es nicht so, dass unsere Regierungen und die traditionellen Medien Angst und Kriegshysterie schüren? Immerhin investieren die NATO-Staaten 18-mal mehr in militärische Aufrüstung als die Russische Föderation. Hier muss man anmerken, dass die USA seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre, nach Auffassung von vielen Wirtschaftsexperten, über keine Friedenskonjunktur verfügen. Es scheint deshalb normal, dass die USA innerhalb der NATO die andern Länder dazu drängen, ihre Rüstungsausgaben zu erhöhen, da dies vor allem der amerikanischen Rüstungsindustrie lukrative Aufträge beschert.
Zensur und Feindbilder
Für alle fortschrittlichen und friedliebenden Organisationen und Menschen muss der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine mit allen Mitteln gebrandmarkt werden. In der aktuellen Situation stellt sich natürlich die Frage, mit welchen Mitteln der Krieg beendet und der Frieden dauerhaft wiederhergestellt werden kann. Nach meiner Auffassung sollte dies über den Weg von Verhandlungen geschehen.
Ganz generell sollten Konflikte durch Diplomatie und nicht durch Waffen verhindert beziehungsweise beendet werden. In einem kürzlich im Luxemburger Wort erschienenen Interview äußerte sich der Publizist Michael Lüders in ähnlicher Weise. Er vertrat die Ansicht, dass der aktuelle Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland, auf ukrainischem Boden, schnellstmöglich durch Verhandlungen beendet werden soll.
Was auch stört ist, dass von unseren Regierungen nicht nur Putin und das russische Regime an den Pranger gestellt werden, sondern das gesamte russische Volk. In dieser Hinsicht wurden Kultur- und Sportveranstaltungen mit russischer Beteiligung abgesagt oder Mannschaften von den Wettbewerben ausgeschlossen. Auch russische Medien wurden in unseren Breitengraden verboten. In dieser Hinsicht hatte ich die Illusion gehegt, dass mündige Bürger selbst entscheiden könnten, was sie lesen und was sie sich anschauen wollen. Diese Zensur erinnert an vergangene Zeiten, wo die katholische Kirche beziehungsweise das Bistum vorschrieb, was ihre Schäflein lesen durften.
Immerhin hätte man annehmen können, dass aufgrund der Ablehnung des Maulkorbgesetzes im Jahre 1937 eine staatliche Zensur von Medien nie mehr an der Tagesordnung sein würde. Ebenso müsste das Propagieren von Hass und Furcht gegenüber einem anderen Volk der Vergangenheit angehören, da dies mit Werten, die unsere Politiker vorgeben, zu verteidigen, unvereinbar ist und einer dauerhaften Friedensordnung auf unserem Kontinent nicht dienlich sein kann.
Willkommene Flüchtlinge
Es ist begrüßenswert, dass die europäischen Länder ohne administrative Hürden die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen haben. Allerdings wurde schon in Polen, wo die meisten Flüchtlinge ankamen, eine Selektion vorgenommen, zwischen jenen mit ukrainischer Nationalität und anderen. Diejenigen mit schwarzer Hautfarbe wurden umgehend in die verschiedenen afrikanischen Länder abgeschoben. Es wäre wirklich wünschenswert, wenn alle Flüchtlinge, auch jene aus dem globalen Süden, die trotz NATO-Stacheldraht zu uns kommen oder im Mittelmeer ertrinken, ähnlich behandelt würden.
Denn Hunger und Elend u.a. auf dem afrikanischen Kontinent existieren nicht erst seit dem Ukrainekrieg. Bereits vor Jahren bezeichnete Jean Ziegler den Hunger, dem jährlich zig Millionen zum Opfer fallen, als Massenvernichtungswaffe. Diese Art von Völkermord wird von unseren Politikern und in den Medien kaum thematisiert. Wie weiter oben bemerkt sollten unsere Politiker, soweit sie guten Willens sind, eher in die Entwicklungshilfe anstatt in die militärische Aufrüstung investieren.
* Nico Wennmacher ist ehemaliger Präsident des FNCTTFEL-Landesverbandes.
Zu den erhöhten Rüstungsausgaben ein Zitat von Friedrich Schiller:
"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt."
Und Afrika ist ein Fass ohne Boden, jede Hilfe ein Tropfen auf den heißen Stein. Solange es dort keine verantwortungsvollen Regierungen gibt, werden auch Tausende Milliarden nichts am Elend der Menschen ändern.
Putins demonstratives Starker-Mann-Gehabe zeigt deutlich, welchen Stellenwert der Sport in Russland hat. Sport gehört in Russland zur Politik. Jeder sportliche Sieg wäre ein politischer Triumph über den "verweichlichten" Rest der Welt.
Was die Flüchtlinge anbelangt, haben Sie recht. Was für die einen gilt, muss auch für die andern gelten.
Endlich jemand der sie wahren Schuldigen benennt.