Die Arbeit des Hufschmieds ist seit Jahrhunderten unverändert. Claude Saeul, einer der wenigen, der diesen Beruf in Luxemburg noch ausübt, gibt uns Einblicke in ein seltenes Handwerk und erklärt, warum es für ihn nicht nur ein Job, sondern eine Berufung ist.
Von Misch Pautsch
Zwei Poitou-Esel werden von ihren Pflegern, Jean Morettoni und und Nadège Fischer, gemütlich aus dem Stall auf die Wiese geführt. Sie wirken entspannt, fast bewusst müßig. Wohl auch, weil beide Claude Saeuls Pflegeprogramm bereits Dutzende Male genossen haben. Vom sturen Esel keine Spur. Hufeisen tragen sie zwar nicht, dennoch ist das Zurechtschneiden der ständig nachwachsenden Hufe für die Gesundheit der Tiere wichtig.
Dass Poitou-Esel mit ihrem zotteligen Fell die schwerste Eselrasse der Welt sind, können die neugierigen Besucher des Escher Tierparks, die den Hufschmied dabei beobachten, wie er die Hufe der Tiere reinigt, nicht erahnen. Routine in jedem Handgriff: «Hufschmied ist ein Beruf, den man entweder aus Leidenschaft macht oder gar nicht. Früher bin ich selbst geritten und genau diese Liebe zu den Tieren hat mich auf den Beruf gebracht. Ich mache ihn nun seit 30 Jahren und die Zeit vergeht immer noch jeden Tag wie im Flug.»
Vom sturen Esel keine Spur
Mit einer Zange schneidet Saeul die Hufe der Esel zurecht. «Der Winkel muss genau angepasst werden, je nachdem welche Arbeit das Tier verrichtet, ob es springt, zieht oder geritten wird. Das tut natürlich nicht weh, es ist genau so, als ob wir Menschen uns die Nägel schneiden. Richtig machen muss man es trotzdem.» Während der dreijährigen spezialisierten Ausbildung zum Hufschmied ist die Anatomie von Pferden, Eseln und Maultieren eines der wichtigsten Themen, um nachher eine artgerechte Pflege zu garantieren.
Nachdem er mit dem Winkel der Hufe zufrieden ist, hängt Claude Saeul die Zange an einen Magneten, der am Hufbock befestigt ist, einem Gerüst, auf dem die Tiere ihre Hufe abstellen können: «Wenn ich den nicht hätte, würde mein Rücken schon am Nachmittag streiken. Rückenschmerzen haben wir im Beruf sowieso alle, da kann man jede Hilfe gut gebrauchen», lacht er, während er mit einer Raspel die Hufe bearbeitet. Der neunjährige Esel, der älteste der vier im Escher «Déierepark», gibt unterdessen keinen Mucks von sich.
Während der Prozedur, die alle acht bis zwölf Wochen wiederholt werden muss, offenbart sich nicht nur der Charakter der Tiere, sondern auch viel über ihre Pflege und Erziehung. «Dompteur bin ich nämlich keiner. Wie kooperativ die Tiere sind, ist vor allem die Verantwortung der Besitzer. Ein Huf ins Gesicht oder den Brustkorb endet meist damit, dass man auf dem Boden liegend auf die Ambulanz wartet.» Er klopft dem Esel sanft auf den Bauch, während er das Hinterbein auf den Hufbock legt. «Da spreche ich aus Erfahrung. Aber das hier sind ganz gute Tiere.»
Nachdem er die einzelnen Arbeitsschritte an jedem Bein wiederholt hat, wendet er sich dem zweiten Esel zu, der in Zwischenzeit von den Pflegern gekämmt wurde. Ein Unterfangen, das angesichts der schieren Masse an Haaren am Esel und auf dem Boden fast absurd erscheint. Nadège Fischer erklärt, dass das Kämmen Teil des sozialen Verhaltens der Tiere ist: «Poitou-Esel pflegen sich gerne gegenseitig. Sie stellen sich dazu nebeneinander und kratzen einander an den Stellen, die sie selbst nicht erreichen können. Hier übernehmen wir das. Wenn die Haare den Tieren zu sehr in die Augen fallen oder verfilzen, schneiden wir sie auch.»
1977 gab es weltweit nur noch 44 der gutmütigen Zotteltiere. 2005 gab es dank koordinierter Zucht- und Erhaltungsinitiativen immerhin wieder offiziell 450 Poitou-Esel.
Luxusberuf für Passionierte
Der Hufschmied ist also nicht die einzige seltene Art, die sich die Zuschauer, die sich mittlerweile vor dem Gitter gesammelt haben, bestaunen können. Leute, die selbst Interesse am Beruf haben, sollten sich in Deutschland, Frankreich oder Belgien nach Ausbildungsplätzen an Schulen umschauen. In Luxemburg wird diese nämlich nicht angeboten. Dennoch seien potenziellen Hufschmieden einige Worte der Warnung mit auf den Weg gegeben: «Während es für mich ein absoluter Traumberuf ist, habe ich dennoch die Erfahrung gemacht, dass viele junge Leute, die Interesse am Beruf haben, dieses schnell wieder verloren haben. Im Moment habe ich tatsächlich sehr viel Arbeit, insbesondere weil es eine Menge junge Reiterinnen gibt. Dennoch sollte man im Hinterkopf behalten, dass ich in vielerlei Hinsicht einen Luxusberuf habe. Wenn es mit der Ökonomie bergab geht, sind wir die Ersten, die plötzlich weniger gebraucht werden. Es ist, wie viele Handwerke, eine Arbeit, die nicht einfach von einer Maschine erledigt werden kann. Solange die Leute Pferde haben, werden auch Hufschmiede gebraucht. Das ist seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden so und ich denke, so wird es auch bleiben.»
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