Wie nicht anders zu erwarten, wurden die jüngsten Vorfälle im CIGR Syrdall von Patronatsvertretern dazu genutzt, um wieder Stimmung gegen die Beschäftigungsinitiativen zu machen und das gesamte Prinzip der Solidarwirtschaft infrage zu stellen. Seit ihrer Gründung wurden die öffentlich geförderten Sozialinitiativen von den Unternehmerverbänden als unlautere Konkurrenz betrachtet. Der Staat und die Gemeinden wollten im Rahmen der Solidarwirtschaft «Unternehmer spielen», lautet ein immer wiederkehrender Vorwurf.
Begründen kann das Patronat seine Unterstellungen freilich nicht. Schließlich geht es den Unternehmern vor allem darum, billige Polemik zu machen, um auf dieser Grundlage wirtschaftsliberale Forderungen bei der Regierung durchsetzen zu können.
Die Hauptaufgabe von Initiativen wie CIGL/CIGR, «ProActif» oder «Forum pour l’emploi» besteht heute darin, Menschen ohne Bildungsabschluss und Langzeitarbeitslosen eine Lebensperspektive zu bieten. Ihre Zielgruppe sind nicht etwa Menschen, die nicht arbeiten wollen, sondern solche, die auf dem freien Markt keine Chance haben. Die Ursachen für deren berufliches Scheitern können sehr unterschiedlich sein. Häufig sind es Menschen, die seit frühester Kindheit von schweren Schicksalsschlägen gezeichnet sind oder sich aus anderen persönlichen und sozialisatorischen Gründen der kapitalistischen Marktlogik nicht unterordnen können oder wollen. Anstatt dass sie vom Revis leben und untätig zu Hause oder auf der Straße sitzen, bieten ihnen die Beschäftigungsinitiativen eine Arbeit, die sie nicht nur von ihren Problemen ablenkt, sondern auch ihr Selbstwertgefühl steigert.
Die Beschäftigungsinitiativen agieren dabei keineswegs als Konkurrenz zu sogenannten «freien» Unternehmen (wobei der Begriff «frei» hier erst zu definieren wäre), sondern verrichten kleine Arbeiten, für die sich viele profitorientierte Betriebe zu schade sind. Immer mehr an Fachkräftemangel leidende Handwerksbetriebe nehmen kleinere Aufträge nicht mehr an. Viele Bürger suchen oder warten monatelang, bis sie endlich eine Firma gefunden haben, die bereit ist, eine Reparatur oder Renovierung durchzuführen.
Diese Entwicklung führt dazu, dass viele Handwerker nach Feierabend oder am Wochenende ihr geringes Gehalt mit Schwarzarbeit aufbessern.
Vor 30, 40 Jahren hätte man einen Verwandten oder Bekannten gefragt, der einem zur Hand geht, doch wegen einer veränderten Gesellschaftsstruktur haben heute viele Menschen keine Handwerker mehr in ihrem Bekanntenkreis. Das Prinzip der gegenseitigen Hilfe gerät dadurch immer weiter in den Hintergrund.
Hier kommen die Beschäftigungsinitiativen ins Spiel. Sie sind vornehmlich im Bereich der Nachbarschaftshilfe aktiv. Sie gehen älteren Mitbürgern gegen geringes Entgelt beim Schneeschaufeln oder bei Gartenarbeiten zur Hand und verrichten kleine Reparaturen. Im Süden betreiben sie das Fahrradverleihsystem Vël’ok, verschönern Parks mit selbst gefertigten Bänken und Holzskulpturen, renovieren gebrauchte Möbel und Fahrräder, die ansonsten auf dem Müll landen würden, oder bauen Bio-Gemüse und -Obst an, das sie zu sozialen Preisen auf dem lokalen Markt verkaufen. Sowohl im sozialen als auch im ökologischen Bereich übernehmen sie Vorreiterrollen, denen sich rein profitorientierte Betriebe allzu häufig noch verschließen.
Umso bedauerlicher ist es, wenn Beschäftigungsinitiativen von politischen Verantwortungsträgern zu privaten Zwecken missbraucht werden oder Mitarbeiter mutmaßlich Geld unterschlagen. Deshalb die ganze Solidarwirtschaft zu hinterfragen, ist aber Unsinn. Denn auch in der «freien» Wirtschaft gibt es Direktoren, die Firmengelder in die eigene Tasche abzweigen. Und Unternehmensleiter, die gefügige Mitarbeiter begünstigen oder ihre Angestellten nicht anständig bezahlen und sie dann auch noch einschüchtern, wenn sie sich dagegen wehren. Doch solche Vorfälle scheinen die breite Öffentlichkeit weit weniger zu interessieren als Unregelmäßigkeiten beim CIGL Differdingen und CIGR Syrdall. Vielleicht liegt es einfach nur daran, dass in der «freien» Marktwirtschaft moralisch verwerfliche Praktiken bereits inhärenter Teil des Systems sind.
Sie treffen den Nagel auf den Kopf, Herr Laboulle. Und dort wo es diese Beschäftigungsinitiativen gibt, deren Hilfe besonders ältere Menschen in Anspruch nehmen würden, arbeiten diese oft prioritär für die Gemeinden. Und es ist ja nicht so, dass letztere nicht über genügend ausgebildetes technisches Personal und Gerätschaften verfügen würden. Wenn kleinere Handwerksarbeiten anstehen, findet sich kaum ein Betrieb, der bereit ist diese auszuführen, für solche Kleinigkeiten auszurücken. Nicht umsonst steigt die Zahl der Schwarzarbeiter auf dem Markt, die ihre Dienste anbieten. So ist allmählich eine Marktlücke entstanden, von der nicht nur ehrliche Freizeithandwerker resp. Tüftler profitieren. Das alles entspricht leider dem Zeitgeist. Hilfsbereitschaft, sogar nicht unentgeltliche, steht nicht mehr auf der Tagesordnung, ist so nicht vorgesehen.
Denken dem brauch een naischt dozou ze soen, hei steet alles an gut resuméiert beschriwwen.
Ennersicht emol, wien déi Leit sin, déi esou 'Skandaler' bei de Beschäftigungsinitiativen 'opdecken'