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EditorialFreiheit oder Gesundheit: Belastungsprobe für die Demokratie 

Editorial / Freiheit oder Gesundheit: Belastungsprobe für die Demokratie 
Proteste in Barcelona gegen Corona-bedingte Einschränkungen Foto: dpa/AP/Emilio Morenatti

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Luxemburg bereitet sich auf eine Impfkampagne gegen Corona vor, hieß es gestern in einigen Medien. Also alles wieder gut? Schön wär’s. Bevor der Impfstoff da ist, vergehen noch einige Monate. Aber es ist immerhin Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Doch damit hat es sich nicht.

„Corona: Die Armee als Charakterprobe“ war gestern auf Wort.lu zu lesen. Daran angelehnt muss man momentan auch leider feststellen: „Demokratie: Corona als Charakterprobe“. Das Virus setzt nicht nur das Gesundheitssystem einer Belastungsprobe aus, sondern auch das ganze System. Keine Frage: Eine Krise wie diese erfordert außergewöhnliche Maßnahmen. Es ist aber erstaunlich, wie schnell unsere demokratisch gewählten Politiker Grundwerte wie persönliche Freiheiten über Bord werfen. Galt bis dato etwa nicht die Annahme, dass es gerade diese demokratischen Werte sind, die in Krisenzeiten für institutionellen Halt sorgen?

Angesichts der täglichen Neuinfektionen ist die Frage, ob die aktuellen Covid-Regeln überhaupt etwas nutzen, berechtigt. Also noch radikalere Einschränkungen? Ein kompletter Lockdown würde vielleicht das Virus ausmerzen, jedoch nach dem Motto: Operation gelungen, Patient tot. Der Patient ist in diesem Fall unsere Wirtschaft, und was eine am Boden liegende Wirtschaft für Konsequenzen haben kann, weiß Europa aus seiner Geschichte. Die rechten Hetzer stehen bereit.

Nun gut, es geht um die Gesundheit, aber heiligt der Zweck wirklich alle Mittel? Eine so massive Beschneidung unserer Grundrechte wie eine nächtliche Ausgangssperre kennen die meisten bloß aus Filmen und verbinden das Wort eher mit Krieg oder Diktatur. Mit dem Verbot von Versammlungen von über 100 Personen und einer Mindestdistanz von zwei Metern ab zehn Personen wird nicht nur das Versammlungsrecht stark eingeschränkt, sondern auch ganz nebenbei das Recht der Arbeitnehmer, für ihre Rechte zu demonstrieren. Hinzu kommt, dass die fehlende Logik der Maßnahmen die Geduld der Bevölkerung zusätzlich strapaziert. Ein Beispiel: Maximal vier Personen sind an einem Tisch im Restaurant erlaubt, doch in Schulkantinen dürfen weiterhin zehn Personen zusammensitzen. Gut, jedes Kind hat ein Recht auf eine Mahlzeit, und trotzdem ist die Logik nicht nachzuvollziehen.

Die meisten Menschen sind bisher bereit gewesen, etwas Freiheit gegen Gesundheit einzutauschen. Sie haben begriffen, dass Einschränkungen notwendig sind, und nahmen sogar einen ersten Lockdown hin. Bei einem zweiten wäre das vielleicht anders. Viele, die den Anweisungen Folge leisten, sind sauer, weil offensichtlich nicht jeder über den viel gelobten gesunden Menschenverstand verfügt, weil einer Minderheit offensichtlich die Situation in den Krankenhäusern am Allerwertesten vorbeigeht. Es ist nur normal, dass Restaurant- und Ladenbesitzer, die viel Geld in die Sicherheit ihrer Gäste investierten, sich gegen weitere Einschränkungen wehren. Und trotzdem müssen alle jeden Tag bangen, ob nicht noch härtere Maßnahmen kommen.

Dass viele sich bei dem Tausch „Freiheit gegen Gesundheit“ über den Tisch gezogen fühlen, ist nur allzu verständlich.

grenzgegner
14. November 2020 - 18.32

Tom@ Etwas ohne gegenteilige Argumente in Frage zu stellen mag zwar zuweilen populär (oder populistisch) sein, hilft aber nicht weiter.
Der Verweis auf eine angeblich höhere Zahl Grippetote in irgendeinem der vergangenen Jahre ist so alt, wie er falsch und längst wiederlegt ist. Trotzdem wird dieser ständig von Corona-Verharmlosern als angeblicher Beweis für was auch immer angeführt.
Was Ihre Frage angeht: Sie finden entsprechende Verweise auf der WHO-Seite selbst. Wenn Sie die übliche Suchmaschine benutzen, und sich auf entsprechenden seriösen Seiten informieren, werden Sie feststellen, dass man mittlerweile die Lethalität des Corona-Virus als drei- bis viermal so hoch wie bei der Grippe ansieht.
Noch eine Kleinigkeit, sozusagen nebenbei: Gegen Grippe kann man sich impfen lassen.
Selbstverständlich haben die Massnahmen Einfluss auf Verbreitung des Virus, und damit auch auf Krankheits- und Sterbezahlen. Was sich nicht ausbreitet, kann auch keine Folgen haben. Ziemich simpel, sollte man annehmen.
Das zu bezweifeln ist ziemlich abenteuerlich. Oder wollen Sie ernsthaft behaupten, Corona sei ungefährlich? Dann braucht man in der Tat nicht weiterzudiskutieren.
Eine Wahl zwischen "Pandemiebekämpfung" ODER "keinerlei Beschränkungen" existiert nicht, und kann es auch nicht geben.

tom
14. November 2020 - 9.23

@grenzgegner Natürlich ist es umstritten, aber welche etlichen Studien meinen Sie?
Wie schon gesagt sind die Zahlen der Infektionen und Mortalität ebenfalls sehr fragwürdig. Behandlungsfehler kommen noch dazu... Wieviele Menschen sterben jährlich an Influenza? Ich bin der festen Überzeugung, dass es keine Kausalität zwischen den Maßnahmen gegen das Virus und der Mortalität aber auch Infektionsrate gibt.
Grundrechte und Grundfreiheiten mal einfach so vom Tisch zu kehren sollte nicht sein.

grenzgegner
13. November 2020 - 10.03

@Tom: Sie sagen es: EINER der Wissenschaftler. Es gibt etliche Studien, die zu anderen Ergebnissen kommen.
Tägliche Todessopfer, in Luxemburg noch (?) im einstelligen Bereich, aber in anderen Staaten bereits dreistellig, sprechen eine eindeutige Sprache.
Im Übrigen gab es zwischenzeitlich von der WHO selbst eine eindeutige Aussage.
Sie stellte inzwischen klar, sie sei zwar Herausgeber der Studie. Die Ergebnisse würden aber nur die Ansicht der Forscher widerspiegeln, nicht die der WHO.
Die WHO bestätigte vielmehr, dass sich mehrere Studien zur Covid-19-Mortalität einer Infektionssterblichkeit von 0,6 Prozent näherten- was viel höher sei, als bei der saisonalen Grippe.
Ich wiederhole: Viel höher als bei der saisonalen Grippe.

tom
12. November 2020 - 23.09

Mir gefällt der Artikel gut, es ist der erste seit Monaten der es auch wagt die Maßnahmen wenigstens ein bisschen in Frage zu stellen. Natürlich gibt es Coronaviren aber die massive Gefährlichkeit dieser Viren ist bislang noch nicht wissenschaftlich bewiesen.
Ich finde es nur seltsam, dass man sich am Anfang auf die Position der WHO berufen hat nun aber nicht mehr obwohl einer der meist zitierten Wissenschaftler (Ioannidis) der ebenfalls für die WHO arbeitet eine Meta-studie zum Virus herausgebracht hat und dieses bei weitem anders einstuft als bislang von der Politik verkauft.
Zu den Zahlen wurde ja z.b. in Deutschland öffentlich zugegeben, dass Menschen die an Unfällen sterben aber infiziert waren sofort als Coronatote chiffriert werden...usw.
Es gibt so viele Sachen die sehr fragwürdig sind und eine sehr lange öffentliche Debatte zu diesem Thema wäre mit Sicherheit angebracht..

Miette
12. November 2020 - 22.02

Freiheit ist in unserem Ländchen immer noch genügend gegeben.
Durch ein wenig Verzicht und Ab/Anstand sollten wir das Virus in den Griff kriegen.
Es geht nun nicht um das recht stark ausgeprägtes Ego, welches bei vielen Mitmenschen beinahe krankhaft ist. Es geht darum sich gemeinsam durch die ganze Chose zu kämpfen.
Der Satz... Ich lasse mich nicht einsperren... mögen Egomanen ja cool finden. Jedoch zeigen sie dadurch nur ihre Unfähigkeit gemeinsam, mit ihren Mitmenschen in unserer Gesellschaft zu leben.
Was schmerzlicher ist als nicht Mega-Party bis um drei Uhr nachts zu machen, ist das sich sehnen danach, seine Kinder, Enkel, Familie und Freunde in die Arme zu schliessen.Gemeinsam an einem Tisch zu sitzen und sich austauschen.
Aber diese Familien-Freundestreffen können wir später nur realisieren, wenn wir nun verzichten.
Bleiben sie bitte alle gesund❣❣❣

D. W.
12. November 2020 - 17.38

Ich kann mich all meinen Vorrednern voll und ganz anschließen, so daß ich persönlich nur noch anzumerken habe, dass die Meinung des Kommentators hoffentlich nicht die repräsentative Meinung der veröffentlichenden Zeitung ist.

paulette
12. November 2020 - 16.31

Mäi Gott, zënter den 80er musse mer e Gummi undoe fir de Sex an elo ass et en Drama wann een eng Mask muss undoe fir an de Cactus?
Hunn déi se nach all?

Tom Lechart
12. November 2020 - 13.42

Die Demokratie wird nicht am temporären Maskenzwang zugrundegehen.

HTK
12. November 2020 - 12.17

So ein Schmarrn. Frei aber tot. Der Bürger muss seine Gewohnheiten etwas einschränken und das auch nur zeitweilig.Aber das scheint gleich mit dem Weltuntergang zu sein. Armageddon,nur weil ich nicht mehr in die Bar oder zum Fußballstadion darf.
Man sollte sich klarmachen,dass es uns nur gibt weil die Viren und Bakterien es zulassen. Seit 1918 war es relativ ruhig und wir waren es gewohnt mitleidig nach Afrika oder andere Tropengegenden zu schauen wie Malaria,Gelbfieber,Dengüe & Co Menschen dahinraffen.Wir waren ja immer weit vom Schuss. Jetzt wo wir mitmischen müssen bricht unsere kleine Welt zusammen und wir sind nicht imstande abzuwarten bis unsere Wissenschaftler ihre Arbeit getan haben. Jetzt stellt sich die Frage: Was kommt zuerst? Der Impfstoff oder die Revolution? Von beidem bringt nur der Impfstoff die Freiheit.

grenzgegner
12. November 2020 - 10.14

In demokratischen Staaten sind die Menschen meist nur noch bedingt bereit, ihre persönliche Freiheit einzuschränken. Irgendwann will jeder, verständlich, sein früheres Leben zurück, auch wenn er Corona durchaus fürchtet.
Corona ist nun mal eine unsichtbare und relativ abstrakte Gefährdung, solange man nicht betroffen ist.
Vielleicht sollte man Parkplätze bzw. Orte, an denen viele Menschen zusammenkommen, mit grossflächigen Fotos von Corona-zerstörten Lungen "schmücken".
Auch wenn Coronaleugner und -verharmloser sofort Panikmache und Alarmismus beklagen würden.

de Schmatt.
12. November 2020 - 10.01

Die absolute Freiheit ist eine Illusion. Diese Pandemie erfordert Einsicht, Disziplin und Solidarität und da ist eine Einschränkung der persönlichen Freiheit absolut vonnöten. In diesem Fall kann man die vermeintliche Freiheit ( die dort endet, wo die des Anderen anfängt ) mit dem Leben bezahlen. Es gibt ganz einfach keine Alternative.

Tomaz
12. November 2020 - 7.01

Ech fannen et witzech, datt graat Diktaturen, wei z. B. Brasilien keng oder nemmen weinech Aschränkungen hun. Möchtegerndiktatoren, wei den Trump wellen am leiwsten guer keng Aschränkungen.