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FR.A.RT (52)Frauen in der Kunstwelt: Lara Weiler, 1999, Saarbrücken

FR.A.RT (52) / Frauen in der Kunstwelt: Lara Weiler, 1999, Saarbrücken
Ein „Äschenbechä“ aus Fimo von Lara Weiler Foto: Editpress/Anouk Flesch

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Im Corona-bedingten Lockdown begann Lara Weiler, Aschenbecher aus Fimo herzustellen, die durch ihre frechen Gesichtsausdrücke und Zigarettenablagen in Form von Zungen leicht wiederzuerkennen sind. Mittlerweile hat sie davon eine ganze Serie geschaffen, die sie auf Instagram zeigt und verkauft. Die „Äschenbechä“ nehmen verschiedene Formen an, von Lungen über Obst und Pizza bis zur klassisch runden Version. Die 22-jährige Luxemburgerin studiert freie Kunst in Saarbrücken. Neben den Aschenbechern malt sie mit Öl- und Acrylfarben.

Tageblatt: Beschreiben Sie sich in drei Wörtern.

Lara Weiler: Kreativ, chaotisch und sentimental.

Wie kam Äschenbechä zustande?

Äschenbechä entstand in der Corona-Pandemie. Ich hatte meinem Freund einen kleinen Aschenbecher gebastelt, der ihm und seinen Freunden so gut gefiel, dass sie mir dazu rieten, mehr davon zu machen. Ich habe dann lange verschiedene Materialien ausprobiert. Jetzt modelliere ich sie aus Fimo. Nach dem Brennen glasiere ich sie mit mehreren Schichten Epoxidharz. Das gibt ihnen den dreidimensionalen Effekt, aber macht sie auch weniger wärmeresistent. Deshalb will ich demnächst versuchen, sie aus Keramik herzustellen, fürchte aber, dass ihr Charakter dadurch etwas verloren geht. Ich würde mir auch ein Studio wünschen, weil momentan stelle ich sie in meinem kleinen Loft her.

Was wünschen Sie sich, dass Ihre Arbeit im Betrachtenden auslöst?

Mein Ziel ist es, Kunst für den Alltag zu machen. Es sind Objekte, die für verschiedene Zwecke genutzt werden können. Ich bin froh, wenn sich die Menschen jeden Tag an ihnen erfreuen können. Insgesamt denke ich, dass Alltagsgegenstände mehr aufgeheitert werden sollten. Da habe ich einen Touch vom Pop Art, wo es auch um die Verbindung zwischen Kunst und Alltag ging. In meinen Malereien hingegen beschäftige ich mich meistens mit aktuellen oder gesellschaftskritischen Themen, wie zum Beispiel mit unserem Umgang mit Social Media oder der Umwelt.

Welcher Aspekt des Kunstschaffens gefällt Ihnen am wenigsten?

In puncto Preis muss ich als Künstlerin Kompromisse eingehen. Einerseits will ich, dass meine Äschenbechä für jeden zugänglich sind. Andererseits sehe ich es kritisch, dass der Preis von handgefertigten Unikaten sich an dem von maschinell hergestellten Objekten orientieren muss. Viele Menschen können nicht nachvollziehen, dass Handarbeit einen anderen Wert besitzt als ein seriell produziertes Produkt aus dem Supermarkt. Ich will meine Arbeit auch nicht umsonst machen. Zudem basiert ein großer Teil der Kunstwelt auf Kontakten und einem sozialen Netzwerk, in Luxemburg wie anderswo auch. Das kann schade sein, aber so funktioniert es halt – es geht um gegenseitige Unterstützung.

Lara Weiler
Lara Weiler Foto: Editpress/Anouk Flesch

Mit welchem/welcher Künstler*in würden Sie gerne einmal zusammenarbeiten?

Ich finde die Fallenbilder von Daniel Spoerri sehr interessant. Er veranstaltete Essen mit Freunden, um später die Teller und Essensreste am Tisch festzukleben und den Tisch an die Wand zu hängen. Diese Werke sind beeindruckend und konfrontieren einen mit der Frage, was Kunst ist und was nicht. Insgesamt finde ich Kunstgeschichte unendlich interessant und belege jedes Semester mindestens einen Kurs darin. Als Künstler*in muss man das kennen, was es schon gab, um sich selbst zu finden.

Wie erfahren Sie die Kunstszene als Frau?

Ich habe noch keine spezifischen Erfahrungen gemacht. Wenn man sich allerdings die Kunstgeschichte anschaut, stellt man schnell fest, dass es nur um Männer geht. Das liegt auch daran, dass die Kunstgeschichte lange von Männern geschrieben wurde, was sich endlich etwas
verändert. An der Uni studieren mehr Frauen als Männer, aber Letztere haben es oft leichter. Einer meiner Professoren bereitet uns Studentinnen explizit darauf vor, dem Sexismus in der Kunstwelt standzuhalten.

Was würden Sie sich für die luxemburgische Kunstszene wünschen?

Ich würde mir mehr Angebot und Unterstützung wünschen. Was auf jeden Fall fehlt, ist eine Kunstuniversität, an der man Kunst und Kunsthandwerk lernen kann. Das Gefühl für Herstellungsprozesse und handwerkliche Arbeit geht in unserer Gesellschaft verloren. Zudem fehlt es an Werkstätten, zu denen Künstler*innen freien Zugang haben. Ich wünsche mir auch mehr kleine Ausstellungen, an denen auch junge Künstler*innen einfacher teilnehmen können.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Wenn ich es schaffen würde, als freischaffende Künstlerin zu leben, wäre ich glücklich. In dem Fall würde ich auch sowohl malen als auch Objekte herstellen wollen. Ansonsten will ich Professorin für Kunst und Kunstgeschichte werden.

Welche luxemburgische Künstlerin empfehlen Sie?

Die Comiczeichnerin Valérie Minelli.

Zeehl
14. Februar 2022 - 22.49

Aschenbecher?
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