Frankreich hat als erstes Land des Schengen-Raums die Verlängerung seiner Grenzkontrollen bis zum Herbst angekündigt. Die Kontrollen sollen wegen Terrorgefahr für weitere sechs Monate bis Ende Oktober fortgesetzt werden, wie die EU-Kommission gestern unter Berufung auf ein Schreiben aus Paris mitteilte. Auch Österreich bereitet eine Verlängerung vor.
Frankreich hatte die Kontrollen nach den Pariser Anschlägen vom November 2015 eingeführt. Seither wurde das Land immer wieder von Attentaten erschüttert. Erst Ende März hatte ein islamistischer Attentäter in einem Supermarkt im südfranzösischen Trèbes mehrere Geiseln genommen. Vier Menschen wurden getötet. Im Schengen-Raum aus 26 Staaten sind normalerweise Reisen und Gütertransport ohne Grenzkontrollen möglich. Die bisherigen französischen Kontrollen an allen Grenzabschnitten laufen noch bis Ende April.
Die EU-Kommission hat immer wieder vor einer Fortsetzung der Kontrollen im für den europäischen Binnenmarkt wichtigen Schengen-Raum gewarnt, konnte sich bei den Mitgliedstaaten aber nicht durchsetzen. Anders als bei der Begründung mit der Flüchtlingskrise kann sie Kontrollen wegen Terrorgefahr nicht untersagen.
Neben Frankreich haben fünf weitere Schengen-Länder Grenzkontrollen: Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden und Norwegen. Diese Staaten hatten die Kontrollen zunächst mit der Flüchtlingskrise begründet, was den Schengen-Regeln zufolge nach zwei Jahren aber nicht mehr möglich war. Sie nennen seit Herbst deshalb auch die Terrorgefahr als Grund.
Auch Deutschland lässt nicht locker
Der neue deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte Mitte März gesagt, die deutschen Kontrollen müssten fortgesetzt werden, «solange die EU es nicht schafft, die Außengrenzen wirksam zu schützen» (siehe auch: «Der langsame Tod von Schengen?«). Bisher finden die deutschen Kontrollen nur an der Grenze zu Österreich statt. Seehofer schließt aber nicht aus, diese auch auf andere Grenzbereiche auszuweiten. Laut einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums hat Deutschland die EU-Kommission noch nicht über eine Verlängerung informiert. Sie verwies darauf, dass die bisherigen Kontrollen in Deutschland wie bei den anderen Ländern noch bis zum 12. Mai laufen.
In Österreich ist die Verlängerungsankündigung um weitere sechs Monate in Vorbereitung. Dies berichtete die Nachrichtenagentur APA unter Berufung auf ein Schreiben von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) an die EU-Kommission, das in den kommenden Tagen verschickt werden soll. Dabei geht es um die Fortführung der Kontrollen an den Übergängen zu Slowenien und Ungarn. Zwar habe es in den vergangenen Monaten weniger Asylanträge und «Aufgriffe illegal aufhältiger Personen» gegeben, heißt es laut APA in Kickls Brief. Dennoch sei die Lage derzeit nicht ausreichend stabil. «Insbesondere Schlepperorganisationen würden den Verzicht auf Binnengrenzkontrollen als falsches Signal verstehen und ihre Aktivitäten intensivieren.»
Österreich übernimmt zum 1. Juli für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. APA zufolge schließt Kickl nicht aus, dass während dieser Zeit auch Kontrollen zu anderen Nachbarstaaten erfolgen. Für das zweite Halbjahr behält sich der FPÖ-Minister demnach vor, dass «Binnengrenzkontrollen anlassbezogen, temporär, punktuell und selektiv zu allen Nachbarstaaten Österreichs durchgeführt werden».
Von Martin Trauth
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