Unwillige Busunternehmer, ausgefallene Linienbusse und ein schwächelndes Internet: Merkwürdige logistische Probleme machten Serbiens Opposition bei ihrer Demonstration gegen die Aushöhlung der Gewaltenteilung zu schaffen.
Von Thomas Roser
Zufrieden vermeldete Serbiens Innenminister Nebojsa Stefanovic Vollzug. Lediglich 7.500 Menschen hätten an der Großkundgebung der Opposition teilgenommen, verkündete der loyale Gefolgsmann des allgewaltigen Staatschefs Aleksandar Vucic am späten Samstagnachmittag in Belgrad. Eigentlich habe der Präsident zu den Demonstranten sprechen wollen: „Doch als er sah, wie wenig gekommen waren, verzichtete er darauf.“
Tatsächlich waren es am Ende zwar mehr als 20.000 Regierungsgegner, die aus Protest gegen Vetternwirtschaft, Presseknebelung und die Aushöhlung der Gewaltenteilung im klammen Nieselregen durch Belgrads Straßenschluchten zogen. Doch blieb die Zahl der Teilnehmer der Großdemonstration nach den fast fünfmonatigen Dauerprotesten im ganzen Land deutlich hinter den Erwartungen der Organisatoren zurück. „Der Protest der Opposition ist geplatzt“, titelte gestern hämisch das regierungsnahe Boulevardblatt Kurir.
Regierende Partei verhindert Protest
Doch es war weniger das widrige Wetter als erhebliche logistische Probleme, die Serbiens wenig heterogener Opposition zu schaffen machten: Beim scheinbaren Demonstrationsschlag ins Wasser hatten die findigen Protestverhinderer aus den Reihen der regierenden SNS kräftig nachgeholfen.
Im Parlament halten die gewitzten SNS-Strategen die Opposition selbst bei Haushaltsberatungen gerne mit Hunderten unsinniger Ergänzungsanträgen zu den eigenen Gesetzesvorschlägen von den Mikrofonen fern. Doch nicht nur Meinungs- und Pressefreiheit, sondern auch Versammlungsfreiheit wird von den Machthabern des EU-Anwärters eher eigenwillig interpretiert.
Wegen der Drohung intensivierter Inspektionen und Behördenschikanen hatten viele Busunternehmer in der Provinz schon im Vorfeld den Transport von Regierungsgegnern in die Hauptstadt dankend abgelehnt. Diejenigen Oppositionsanhänger, die dennoch nach Belgrad gelangten, reisten fast ausschließlich in Privatautos an.
Steine in den Weg gelegt
Am Demonstrationstag selbst wurden nicht nur die Linienbusverbindungen aus den weiter entfernt gelegenen Vororten ins Zentrum ausgesetzt. Wegen des angeblichen Mangels an Fahrern und Benzin fuhren am Samstag auch keine Busse aus der zwölf Kilometer entfernten Industriestadt Pancevo in die Hauptstadt: Auch Taxifahrer lehnten in der Provinzstadt die sonst so begehrte Fahrt nach Belgrad wegen der Ankündigung vermehrter Kontrollen ab. Vor dem Parlament machte den Organisatoren derweil nicht nur der Abtransport der von ihnen aufgestellten Dixi-Toiletten, sondern auch merkwürdige Internetstörungen auf dem Netz aller heimischen Telefonkonzerne zu schaffen.
Keinerlei Webprobleme und eine Armee mobiler Toiletten dürften hingegen am Donnerstag in Belgrad zu erwarten sein, wenn Präsident Vucic zum Demonstrationskräftemessen mit der Opposition in die Hauptstadt bläst. Ähnlich wie bei der Visite von Kremlchef Wladimir Putin im Januar will die SNS Zehntausende ihrer Anhänger mit rund tausend Bussen nach Belgrad karren lassen. Vucic gelobt stolz „die größte Kundgebung der letzten 40, 50 Jahre“: Es sei mit „12 bis 15 Mal“ so viel Teilnehmern zu rechnen als bei der Protestkundgebung der Opposition.
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