Kränkung und Zurückweisung sind laut Adolf Gallwitz das häufigste Mordmotiv bei Ex-Partnern. «Meistens ist es in diesen Fällen so, dass Männer die Trennung nicht verarbeiten und akzeptieren können», sagt der international renommierte Polizeipsychologe.
Konkret könne er sich zwar nicht zu dem Mordversuch äußern, den es im vergangenen Sommer auf der Zewener Kirmes gegeben haben soll. Aber die Eckpunkte, die die Trierer Staatsanwaltschaft vor Beginn der Gerichtsverhandlung am kommenden Donnerstag auf Nachfrage des Trierischen Volksfreunds erläutert, passen ins Schema: In einer größeren Gruppe war der Angeklagte am Abend des Kirmessonntags, 2. Juli 2017, auf dem Zewener Festplatz unterwegs. Auch die Ex-Freundin gehörte zu der geselligen Runde. «Im Verlauf des Abends soll Alkohol geflossen sein», erläutert der Trierer Staatsanwalt Eric Samel. Später habe sich der mutmaßliche Täter dann seiner Ex-Freundin genähert – was diese allerdings abgelehnt habe. Der 34-Jährige sei daraufhin «verärgert» gewesen, formuliert die Staatsanwaltschaft.
Kränkte die Zurückweisung den Täter?
«Diese Zurückweisung seiner ehemaligen Lebensgefährtin könnte den Mann sehr stark gekränkt haben und der Auslöser für die Tat sein», schätzt Mordexperte Gallwitz.
Als die Frau sich später auf den Weg zu den nahe gelegenen Toiletten machte, folgte ihr Ex-Partner ihr. Der Angriff soll dann «überraschend von hinten» passiert sein. Der Angeklagte habe sein Opfer laut Staatsanwaltschaft mit den Händen am Hals gepackt und gewürgt. Und zwar so lange, bis die Frau das Bewusstsein verlor. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer «Tötungsabsicht» und von «Heimtücke», einem der Tatmerkmale, die einen Mord – und damit auch einen versuchten Mord – kennzeichnen.
Auch das Würgen sei typisch für eine Tat unter ehemaligen Intimpartnern, sagt Profiler Gallwitz. «Das macht in der Regel nur ein Täter, der sein Opfer sehr gut kennt und dessen Wut und Kränkung immens ist.» Schließlich habe der Angeklagte nicht mit einem Gegenstand kurz und heftig auf sein Opfer eingeschlagen, sondern wohl mehrere Minuten zugepackt. «Würgen ist eine sehr intime Art des Tötens, ohne Distanz. Der Täter muss gespürt haben, wie das Leben aus seinem Opfer weicht – das steht nur jemand durch, der sich extrem zurückgewiesen und verletzt fühlt», sagt Gallwitz.
Kein Totschlag, sondern Mord
Auch nach seiner Einschätzung ist die Tat kein versuchter Totschlag, sondern ein versuchter Mord. «Es gab zwar mit der Zurückweisung einen akuten Auslöser. Die eigentliche Tat ist dann aber nicht im Affekt passiert, sondern offenbar erst später, als die Frau zur Toilette musste und der mutmaßliche Täter das als Chance für seine Tat begriffen hat. Damit ist er planvoll vorgegangen.»
Dass die Frau nicht gestorben ist, verdankt sie wohl dem Zufall. Ein Mann, der zuvor zwar auch zu der geselligen Gruppe gehört habe, am Tatort aber zufällig vorbeigekommen sei, habe eingegriffen, berichtet Staatsanwalt Samel.
Keine Fluchtgefahr
Nach der Festnahme hatte das Trierer Landgericht den Verdächtigen zunächst in Untersuchungshaft festgesetzt. Das Oberlandesgericht hob den Haftbefehl allerdings auf: Der Angeklagte sei zwar dringend verdächtig, die Tat begangen zu haben. Fluchtgefahr – einer der zulässigen Gründe für Untersuchungshaft – bestehe bei dem Trierer, der zuvor noch nie straffällig geworden ist, allerdings nicht.
Die Hauptverhandlung beginnt am Donnerstag, 18. Januar, 9 Uhr, vor der Schwurgerichtskammer des Trierer Landgerichts. Den Vorsitz hat Richterin Petra Schmitz. Angesetzt sind bislang drei weitere Verhandlungstermine: am Dienstag, 6. Februar, am Dienstag, 20. Februar, und am Donnerstag, 22. Februar.
Vor Gericht wird der Angeklagte von den Trierer Rechtsanwälten Karin Adrian und Michael Küppers vertreten. Auf TV-Nachfrage wollten sich die Verteidiger vor Prozessbeginn nicht zu dem Fall äußern.
Quelle: Volksfreund.de
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