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GipfeltreffenEU will „Neuanfang“ mit Lateinamerika

Gipfeltreffen / EU will „Neuanfang“ mit Lateinamerika
Zumindest gut gelaunt: (v.l.) Spaniens Premierminister Pedro Sanchez, EU-Ratspräsident Charles Michel, der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim Auftakt des Gipfeltreffens in Brüssel Foto: AFP/Emmanuel Dunand

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Mit dem ersten Gipfeltreffen seit acht Jahren will die Europäische Union (EU) ihre Beziehungen zu den Staaten Lateinamerikas und der Karibik auf eine neue Stufe heben. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte am Montag in Brüssel die Hoffnung auf einen „Neuanfang“. Keinen Konsens gibt es allerdings bei der Haltung zu Russlands Angriffskrieg in der Ukraine.

Offizielles Thema des zweitägigen Gipfels war die „Stärkung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung“. Die Staats- und Regierungschefs oder Außenminister von insgesamt 60 Staaten kamen dafür nach Brüssel – 27 Teilnehmer der EU und 33 aus der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac). Zur Celac gehören langjährige EU-Wirtschaftspartner wie Argentinien, Brasilien, Chile und Mexiko, aber auch sozialistische Länder wie Kuba und Venezuela.

Die EU erhofft sich von dem Gipfel ein klares Bekenntnis zum Multilateralismus und zu Frieden und Sicherheit in der Welt, wie Ratspräsident Charles Michel sagte. Der Text der Abschlusserklärung war nach seinen Angaben aber bis zuletzt umstritten. Die EU will den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erwähnen. Die mit Moskau verbündeten Länder Kuba und Venezuela hatten in diesem Fall vor einem „Scheitern“ des Gipfels gewarnt.

Die Staaten Lateinamerikas und der Karibik dringen ihrerseits auf einen Passus zum „Völkermord an den Ureinwohnern und der Versklavung von Afrikanern“ durch die Europäer während der Kolonialzeit, wie Celac-Präsident Ralph Gonsalves in Brüssel sagte. Er setze auf „ausgleichende Gerechtigkeit“, betonte der Regierungschef des kleinen karibischen Inselstaats St. Vincent und die Grenadinen.

Ursprünglich wollte die EU bei dem Gipfel zusammen mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay die größte Freihandelszone der Welt feiern. Das bereits 2019 vereinbarte Mercosur-Abkommen ist jedoch bisher nicht ratifiziert. Vor allem Frankreich dringt zum Schutz der eigenen Landwirte auf strenge Umweltauflagen für südamerikanische Bauern; Argentinien und Brasilien nennen dies jedoch „inakzeptabel“.

Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva nannte das Mercosur-Abkommen auf dem Gipfel eine „Priorität“. Es müsse sich allerdings auf gegenseitiges Vertrauen stützen und nicht auf „Drohungen“, warnte er mit Blick auf mögliche EU-Wirtschaftssanktionen. Zuvor hatte er bei einem Wirtschaftsforum in Brüssel gesagt, wenn es gelänge, das Mercosur-Abkommen noch in diesem Jahr zu besiegeln, würde dies „neue Horizonte eröffnen“.

Investitionen von „mehr als 45 Milliarden Euro“

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz äußerte sich auf dem Gipfel zuversichtlich über einen raschen Abschluss des Mercosur-Abkommens sowie von Handelsverträgen mit Mexiko und Chile. Die EU könne „bald zu einem guten Ergebnis kommen“, betonte er, ohne sich auf einen Zeitplan festzulegen.

Lula erinnerte in Brüssel an die Zusage Brasiliens und Kolumbiens, die Abholzung des Regenwalds bis 2030 zu beenden. Die EU müsse jedoch begreifen, dass es für die 50 Millionen Einwohner des Amazonasbeckens um „würdige Überlebensbedingungen“ gehe.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, die Europäer wollten Investitionen von „mehr als 45 Milliarden Euro in Lateinamerika und der Karibik bis 2027“ ankurbeln. Sie seien allerdings „an die höchsten Umwelt- und Sozialstandards und an Transparenz“ geknüpft.

Mit den Mitteln soll der Ausbau grüner Energien oder von Verkehrswegen gefördert werden. Sie sollen im Rahmen der „Global Gateway“-Initiative der EU fließen, mit der die EU China Konkurrenz machen will. Für größere Unabhängigkeit von chinesischen Rohstoffen setzt die EU zudem auf ein Lithium-Abkommen mit Chile. Lithium ist ein wichtiger Bestandteil in Batterien von Handys oder Elektroautos. (AFP)