Bis zum frühen Freitagmorgen dauerte es, um alle Gipfelteilnehmer zufriedenzustellen. Allerdings entwickelten sich im Laufe der Nacht die Passagen zur Migrationspolitik in der Schlusserklärung des Gipfels in vielen Bereichen zu vagen Absichtserklärungen. Und das gerade dort, wo Klarheit benötigt wird.
Immerhin aber zeigten sich manche EU-Staats- und Regierungschefs erleichtert darüber, dass «europäische Lösungen» gefunden wurden. «Nationale Lösungen sind keine Lösungen», meinte Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel. «Das ist für mich ein Sieg», meinte gar Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. «Wir sind noch weit davon entfernt, von einem Erfolg zu sprechen», warnte hingegen der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk. Erst müssten die Beschlüsse noch in die Praxis umgesetzt werden. Doch daran könnte es wieder scheitern.
So haben die 28 vereinbart, dass in den EU-Staaten sogenannte «kontrollierte Zentren» errichtet werden, in denen im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Die Einrichtung dieser Zentren sollte jedoch auf «freiwilliger Basis» erfolgen. In den Zentren soll mit «vollständiger Unterstützung durch die EU» geprüft werden, welche Flüchtlinge als irregulär und welche als Schutzsuchende eingestuft werden. Die Zusage der EU-Unterstützung dürfte vor allem der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte gefordert haben.
Denn diese Zentren werden wohl vorerst nur in Italien und Griechenland entstehen. Es ist kaum vorstellbar, dass andere EU-Staaten solche Einrichtungen schaffen. Emmanuel Macron meinte, dass das Auffanglager auf der griechischen Insel Lesbos ein solches Zentrum sein könnte, das von der EU übernommen wird.
Allerdings: die Umsiedlung oder Neuansiedlung der Flüchtlinge in diesen Zentren, die den Asylstatus erhalten, soll ebenfalls «auf freiwilliger Basis» erfolgen, wie es weiter in der Schlusserklärung des Gipfels heißt. Das bedeutet, dass die im September 2015 beschlossene Lösung, die Flüchtlinge per Quotensystem auf alle EU-Länder zu verteilen, hinfällig wird. Damals sollten über diesen Weg Italien und Griechenland entlastet werden, die die Hauptlast des massiven Zustroms von Menschen aus Krisengebieten zu tragen hatten.
Freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen
Das System der automatischen Verteilung nach Quoten sollte ebenfalls Teil der Reform der Dublin-Regelung sein. In diplomatischen Kreisen werden die Schlussfolgerungen nun so interpretiert, dass dies nicht mehr durchgesetzt werden kann. Xavier Bettel hingegen meinte, dass man dann auch gleich auf eine Reform der Dublin-Regelung verzichten könnte. Und er warnte, es sei «ein gefährliches Spiel, von Flexibilität bei der Solidarität zu reden». Es waren die Visegradstaaten (Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei), die eine flexible Handhabung des Verteilungsmechanismus von Flüchtlingen verlangten, da sie eigentlich keine aufnehmen wollen.
An der Dublin-Reform soll dennoch weitergearbeitet werden. Sie ist Bestandteil eines sieben Gesetzeswerke umfassenden Paketes, mit dem das Asylsystem in der EU reformiert werden soll. Der Rat fordert zwar eine rasche Lösung, doch die Reform der Dublin-Regelung ist umstritten. Italien will nicht mehr, dass das Erstaufnahmeland allein für die Flüchtlinge verantwortlich sein soll.
Und die Osteuropäer wollen keine automatische Verteilung. Mit einem Mehrheitsbeschluss, wie im September 2015 geschehen, werden die osteuropäischen Staaten in den kommenden sechs Monaten im Ministerrat nicht in die Enge getrieben. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hat qualifizierte Mehrheitsentscheidungen während seiner EURatspräsidentschaft , die am morgigen Sonntag beginnt, nach Angaben aus Diplomatenkreisen abgelehnt. Demnach dürfte in Sachen Asylpolitik noch vieles im Unklaren bleiben. Die Verteilung oder Aufnahme von Flüchtlingen dürfte auch in einem anderen Fall zum Problem werden. Denn die 28 haben ebenfalls beschlossen, in Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und Drittstaaten in Nordafrika sogenannte «Ausschiffungsplattformen» zu schaffen. Dies geht auf eine von dem UNHCR vorgebrachte Idee zurück. In diesen Plattformen, die an sich das außereuropäische Pendant zu den «kontrollierten Zentren» sein dürften, sollen wohl jene Flüchtlinge untergebracht werden, die in dem Teil des Mittelmeeres aufgegriffen werden, für den die Europäer völkerrechtlichen nicht verantwortlich sind.
Geschäft der Schleuser zerstören
Zumindest ist in den Schlusserklärungen nicht präzisiert, welche Flüchtlinge in welche Zentren gebracht werden sollen. Ob unter diesen Umständen jedoch sowohl das UNHCR als auch die IOM mitmachen werden, ist eher fraglich. Diese werden wohl kaum mit den Asylsuchenden alleingelassen werden.
Donald Tusk aber ist davon überzeugt, dass diese Plattformen «der effektivste Weg» sind, das Geschäft der Schleuser zu zerstören. Hier sollen unter sicheren Bedingungen, wie Tusk weiter meinte, die Fälle der Flüchtlinge behandelt werden. Durch die Beteiligung der IOM soll die Rückführung von jenen Menschen in ihre Heimat abgewickelt werden, die keine Chance auf Asyl in der EU haben. Wer allerdings die Menschen aufnehmen soll, die Asyl benötigen, darüber schweigt sich die Schlusserklärung der 28 aus.
Daneben sollen, wie in der Vergangenheit auch immer wiederholt, die EU-Außengrenzen besser geschützt werden, weshalb Frontex mehr Mittel erhalten soll; die Kommission wird «Gesetzgebungsvorschläge für eine effizientere und kohärentere europäische Rückkehrpolitik vorlegen» und die libysche Küstenwache soll noch mehr unterstützt werden. Jene Organisationen, die sich in der Türkei um die Flüchtlinge kümmern, sollen, wie bereits versprochen, weitere drei Milliarden Euro von der EU erhalten und der Treuhandfonds für Afrika, über den Projekte in den Transit- und Herkunftsländern der Flüchtlinge unterstützt werden, erhält zusätzliche 500 Millionen Euro.
Auch wenn die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits selbst Rücknahmeabkommen mit verschiedenen Staaten vereinbart hat – auch mit Luxemburg wird es ein solches geben, erklärte Xavier Bettel –, hat sie Unterstützung von den anderen EU-Staaten erhalten. So wurde festgelegt, dass die Mitgliedstaaten «eng zusammenarbeiten» sollen, um Sekundärmigration zu verhindern, wenn Asylbewerber in ein anderes EU-Land ziehen. Damit dürfte Angel Merkel wohl ihren Widersacher in der Regierung, Innenminister Horst Seehofer, beschäftigen.
Müssen solche Schnappschüsse sein? Sie sieht aus wie ein Karpfen, der nach Luft schnappt! Von Trump gibt's fast nur Fotos, auf denen er einem vor Qual schreienden Labor- Javaner-Affen gleicht.
So lange das Migrationsproblem nicht gelöst ist, so lange wird es kein vereintes Europa geben!