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EU-Innenminister beraten über die Abschottung Europas

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Erstmals unter dem Vorsitz eines rechtspopulistischen Politikers diskutierten die EU-Innenminister am Donnerstag in Innsbruck über die Migrationspolitik. Es ging vor allem um die Optimierung des Außengrenzschutzes und die bislang erfolglose Suche nach außereuropäischen Anlande- oder Ausschiffungszentren.

Von unserem Korrespondenten Manfred Maurer

Damit nur ja keine Zweifel an der österreichischen Prioritätensetzung aufkommen, traten schon vor den Beratungen der 28 drei migrationspolitische Hardliner vor die Presse: Österreichs gegenwärtig vorsitzführender Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), Italiens Innenminister Matteo Salvini (Lega) und ihr deutscher Kollege Horst Seehofer (CSU) vermeiden zwar die historisch belastete Formel «Achse der Willigen», für die Kanzler Sebastian Kurz Ende Juni in Berlin viel Kritik geerntet hatte. Kickl spricht nun von einer «Kooperation der Willigen», die zu einer «Kooperation der Tätigen» werden solle.

Alle drei Minister wollten in einem Bereich, in dem, so Kickl, «viel zu lange eine gewisse Unordnung geherrscht hat, Ordnung machen». In Zukunft solle es nicht mehr möglich sein, europäischen Boden zu betreten, «wenn man kein Recht auf Schutz hat». Der seit seiner zynischen Kommentierung einer Abschiebung von 69 Migranten an seinem 69. Geburtstag und dem Selbstmord eines Abgeschobenen in Kabul daheim massiv in der Kritik stehende CSU-Chef gibt sich heute etwas schaumgebremst: Er ist optimistisch, dass es gelingen kann, das Problem der Binnenmigration zu lösen und die sogenannten Ausschiffungszentren zu schaffen. Seehofer unterstützt die entsprechenden Beschlüsse des EU-Gipfels im Juni. Salvini fordert einmal mehr, Migranten bereits in Libyen an der Überfahrt nach Italien zu hindern.

Um all das geht es danach auch hinter verschlossenen Türen im von Sicherheitskräften streng abgeschirmten Innsbrucker Kongresszentrum. Hinterher wird wieder Horst Seehofer das ungewöhnliche Privileg zuteil, gemeinsam mit Gastgeber Kickl und EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos die Beratungen zu reportieren.

Grenzschutzagentur Frontex wird ausgebaut

Sowohl der Bayer als auch der Grieche resümieren geradezu euphorisch. Für den schon optimistisch angereisten Avramopoulos sind «die Ergebnisse der Sitzung besser als erwartet» und Seehofer bekundet, er «fahre heute mit einem frohen Herzen zurück in meine Heimat». Auslöser der Zuversicht ist der von Kickl verkündete «breite Konsens für den Fokus auf den Schutz der EU-Außengrenzen».

Wer den Schengenraum retten wolle, müsse zu einem krisenfesten Außengrenzschutz kommen, doziert der österreichische Innenminister in der Tiroler Landeshauptstadt, wo die Staatsanwaltschaft gerade gegen einen – inzwischen ehemaligen – Parteifreund ermittelt, der mit seinem Handy Hitler-Bilder und Hetze gegen Flüchtlinge verbreitet haben soll.
Avramopoulos kündigt einen baldigen Vorschlag der EU-Kommission zum Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex an. Deren Kapazitäten und Mandat werden verstärkt, bis 2020 soll es eine echte Grenzschutzpolizei mit 10.000 Beamten geben. Seehofer betont einmal mehr, dass man sich nur an den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates orientiere und in der Prioritätensetzung einig sei: Schutz der EU-Außengrenzen, mit Herkunfts- und Transitländern zu Vereinbarungen kommen und die Rückführung illegaler Migranten gewährleisten.

Was die Ausschiffungszentren beziehungsweise Anlandeplattformen angeht, gibt es weiter wenig Konkretes, aber sehr viel Optimismus. Kickl kündigt einen «Modellversuch» in einem nordafrikanischen Staat an, kann aber natürlich nicht sagen, wo genau. Denn es hat sich bislang kein Land bereit erklärt, Derartiges auf seinem Territorium zuzulassen. Kickl versteht gar nicht, warum da «alle immer so pessimistisch» sind. Er sei froh, dass das jetzt überhaupt auf die Agenda genommen wurde. Zur Untermauerung der Zuversicht muss jetzt ausgerechnet jenes Abkommen herhalten, dass Seehofer 2016 als «bedeutungslos» und die FPÖ als «faulen Deal» gebrandmarkt hatte: Der Flüchtlingsdeal mit der Türkei soll nun Vorbild sein für ein ähnliches Abkommen mit einem nordafrikanischen Land. Horst Seehofer bescheinigt diesem früher geschmähten Vertrag nun nicht nur, dass er funktioniert. Nein, das ist, so der Innenminister, «eines der erfolgreichsten Projekte der EU, obwohl es anfangs große Vorbehalte gab». Seehofer an den zuständigen EU-Kommissar: «Lieber Dimitris, da hast du eine große Aufgabe und wir trauen dir einiges zu.»

Jean Asselborn bangt um Europa

Der von Kickl beschworene breite Konsens bedeutet freilich auch, dass nicht alle auf dieser Linie sind. Luxemburgs auch für Migration zuständiger Außenminister Jean Asselborn ließ schon vor Beginn der Sitzung öffentlich deutliche Kritik an der österreichischen Schwerpunktsetzung anklingen. Er wisse, «dass der Tenor auf Außengrenzschutz steht, das ist ein gepflegtes Wort für Abschottung».

Dem Minister ist «bange um ein Europa, das nur auf Außengrenzschutz setzt». Auch in der Sitzung lässt es Asselborn nicht an klaren Worten fehlen. Es sei zwar «richtig und wichtig, dass wir uns mit den Außengrenzen beschäftigen», räumt er in der Ministerrunde ein, «aber wir dürfen dies in unseren Köpfen und in unseren politischen Aussagen nicht mit Abschottung assoziieren». Ein krisenfestes europäisches Asylsystem erfordere «parallel zum Außengrenzschutz eine faire Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union». Asselborn ist durchaus einverstanden mit verstärkten Bemühungen um eine Rückführung abgelehnter oder aussichtloser Asylwerber, aber: «Es gibt keine Ursache dies aus dem Vorhof der Europäischen Union in Rückführungszentren zu tun.»
Kernstück der Genfer Konvention sei das Prinzip der Nichtzurückweisung, «das wir nicht einfach zur Seite schieben können», sagte Asselborn und formulierte eine Spitze gegen den Vorsitzenden Kickl: «Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, möchte ich hinzufügen, dass es nicht sein kann, dass es einerseits Mitgliedsstaaten gibt, die die Genfer Konvention hochhalten und … andere, die sich kategorisch dagegenstellen.»

Der Rechtspopulist hatte sich vor zwei Tagen dafür ausgesprochen, dass nicht aus einem unmittelbaren EU-Nachbarland kommende Menschen überhaupt keinen Asylantrag in der EU stellen können sollten. Nach massiver Kritik wollte Kickl das nur als langfristige «Vision» verstanden wissen. Gestern versicherte er in Innsbruck, dass die Ausschiffungsplattformen, «so aufgesetzt werden müssen, dass alles rechtlich korrekt passiert». Aber Herbert Kickl denkt langfristig. So wie Matteo Salvini, der schon von 30 Jahre Lega-Regierung träumt. Nur der dritte im Bunde der «Tätigen» hat mit seinen 69 Jahren eine wohl – nicht nur altersbedingt – kürzere Perspektive.

Laird Glenmore
17. Juli 2018 - 10.26

Genfer Konvention für Menschenrechte ich könnte lachen wenn diesen Satz höre, gerade die Türkei die Menschenrechte mit Füßen tritt, in die EU will und auch noch von anderen Staaten Gelder erhält.
Jeder der nicht politisch verfolgt oder aus einem Kriegsgebiet kommt sollte in seinem Heimatland bleiben, wenn wir versuchen in diese Länder einzureisen und um Asyl zu bitten würden wir wahrscheinlich im nächsten Transporter zur Abschiebung.
Macht die Grenzen Europas wieder zu, laßt nur den Schengen Vertrag innerhalb Europas, wenn man in die USA, Australien oder Neuseeland einreisen will muß man sich auch sehr strengen Kontrollen unterziehen, warum also nicht auch für den Europäischen Raum, es ist doch unser gutes Recht sich zu schützen. Politisch oder andere aus Kriegsgebieten sollten nach einer Eingewöhnungsphase arbeiten um ihrem Unterhalt zu verdienen und wer das nicht will sollte dann wieder nach Hause geschickt werden.
Grenzkontrollen sind gut und wer nichts zu verbergen hat der akzeptiert dieses.

Grober J-P.
14. Juli 2018 - 10.21

Wer hat kein Recht auf Schutz?
Krisenfester Außengrenzschutz: Schicken den Horst mal rüber nach USA, wenn er denn einreisen darf, the Donald fragen, der weiß wie man Mauern baut.
Der Flüchtlingsdeal mit der Türkei: Wieviel Milliarden zahlt denn die EU in Erdogans Kassen und hat es etwas gebracht? Nicht zu vergessen die „Militärbeihilfen“!

Humpenjang
13. Juli 2018 - 14.10

Das größte Problem ist ja daß die Politik von Flüchtlingen redet, und es zum allergrößten Teil um Wirtschaftsmigranten handelt, die nebenbei gesagt null Interesse an Integration haben.
Ich kann also gar nicht die Aufregung, über sogenannte Lager verstehen, immerhin wären die Menschen versorgt. Immerhin würde das die Steuerzahler einen Bruchteil kosten, was uns die gegenwärtige Politik kostet.
Oder kann man wirklich erwarten aus der Lehmhütte aus Afrika in ein Eigenheim in Luxemburg einzuziehen, Sozialleistungen zu beziehen, wobei größer die Familie desto mehr Geld. Bigamie, scheint ja mittlerweile geduldet. Während die Einheimischen ins Ausland ziehen weil sie sich Wohnraum nicht mehr leisten können, Lehenshaltungskosten sowieso durch die Decke gehen, wir haben ja noch 0-Zinsen, wir mußten ja Banken retten die heute wieder munter drauf los zocken.
Sollte die Politik nicht schleunigst reagieren, wird Europa wieder so rechts wie vor 100 Jahren, und wir wissen wozu es geführt hat.

CESHA
13. Juli 2018 - 11.23

Wenn die Genfer Konvention in ihrem ursprünglichen Geist erhalten geblieben wäre, gäbe es heute kein "Flüchtlingsproblem".
Die Abschottung ist erst notwendig geworden, seit so viele Menschen das Asylangebot missbrauchen, um finanzielle Vorteile bzw. ein "besseres Leben" anzustreben.
Das ist per se nicht zu verurteilen, allerdings wird hier ein System missbraucht, das ursprünglich nur dem Schutz politisch verfolgter Einzelpersonen dienen sollte.
Und wie immer, wenn ein Angebot von allzuvielen in Anspruch genommen wird, erfolgen irgendwann Einschränkungen, weil das Ganze nicht mehr finanzierbar ist.

GuyT
13. Juli 2018 - 10.57

Asselborn Lösungsansätze sind diffus ("zwar richtig " .."aber"). Zudem kann er nicht leugnen, dass die bisherige Verfahrensweise auch nicht funktionieren, weil z.B. Rückführungen nur marginal durchgesetzt werden(können).
Zudem ist der Verweis auf die Genfer Konvention irreführend , bezieht sich diese doch auf Kriegsflüchtlingen für deren Aufnahme ein breiter Konsens herrscht.
Der inflationäre und bevormundende textliche Zusatzqualifikation für jeden Politiker aus dem Konservativen Lager sowie die Art der Formulierung mindern die Objektivität des Korrespondentenberichtes.

Le Républicain
13. Juli 2018 - 9.27

Frage: ist den Herr Asselborn jetzt auch noch Luxemburgs Innenminister geworden...? Die Tagung war doch eine EU Innenminister Tagung oder...?Migration ist kein Ressort für einen Außenminister meiner Ansicht nach...auch wenn dem so ist in der Gambia Regierung, so ist dem nicht so in den anderen EU Ländern....