Tageblatt: Frau Caillet, was können Sie uns über die Geschichte des Sponsorings erzählen?
Marie Caillet: Die Geschichte des Sponsorings ist ja schon sehr alt und hat demnach eine große Tradition. Früher waren es die Fürstenhäuser, die Könige, die Kirche, welche die Komponisten, Orchester, Musiker und ihre Auftragswerke finanziert haben. Heute sind es zum großen Teil Banken oder Firmen, die diese Aufgabe im Laufe der Jahrhunderte übernommen haben. Die Philharmonie hat ja 2005 ihre Pforten geöffnet und somit haben wir schon 2004 damit begonnen, Ausschau nach potenziellen Interessenten zu halten. Wichtig war und ist es, Partner zu finden, die langfristig bereit sind, sich finanziell zu engagieren und bei denen man auch wirklich ehrliches Interesse für die Sache findet. Damals gehörte das OPL noch nicht zum Haus und wir suchten ausschließlich Sponsoren für die Philharmonie selbst.
Wie kann man sich denn so ein Sponsoring praktisch vorstellen?
Nun, es gibt natürlich verschiedene Arten von Sponsoring. Ein großes Autohaus beispielsweise unterstützt uns als Institution und stellt uns auch umweltfreundliches Fuhrwerk zur Verfügung. Andere engagieren sich, verschiedene Zyklen zu unterstützen. Das beginnt bei kleineren Zyklen wie den „Rising Stars“ bis hin zu größeren Konzertreihen. Dann gibt es Sponsoren, die sich für ein bestimmtes Event engagieren. Natürlich ist es meistens so, dass der Sponsor um dieses Konzert selbst dann ein privates Event, etwa einen Empfang, organisiert und Teilnehmer und Mitarbeiter dann abends zu dem Konzert einlädt. Dann gibt es noch eine andere Art des Sponsorings, die sich eher durch praktische Dienstleistungen definiert, wie wir es beispielsweise mit einer Fluggesellschaft haben, die sich bei Auslandstourneen unseres Orchesters um den Transport der Instrumente kümmert. Natürlich werden auf unseren Autos bzw. auf den Instrumentenkasten immer die Logos des Sponsors gezeigt. Auch bei den Konzerten findet man den Namen im Programmheft.
Ist es denn für einen Sponsor heute, also in einer Zeit, in der quasi alle Banken und Firmen überall und oft überlebensgroß präsent sind, immer noch wichtig, auch bei Konzerten oder Events sichtbar zu sein?
Ja, doch. Es ist sehr wichtig für diese Sponsoren, dass sie öffentlich zeigen, dass ihnen die Kultur am Herzen liegt und dass sie sie unterstützen wollen. Es geht ihnen an erster Stelle nicht unbedingt darum, neue Kunden anzuwerben, sondern vielmehr denen, die sie haben, etwas zurückzugeben. Etwas zurückzugeben, ist sehr wichtig. Ich muss aber auch sagen, dass es im Ausland eine quasi natürliche Selbstverständlichkeit in Sachen Kultursponsoring gibt. Vor allem sehr reiche Familien investieren unwahrscheinlich hohe Beträge in die Kunst.
Wie wird denn ein Sponsoring nun konkret festgelegt?
Die Arbeit beginnt konkret im Januar, wenn das Programm der kommenden Spielzeit so gut wie fertig ist. Bei großen Orchestern und Solisten ist das ziemlich einfach, da sie ja meistens im Rahmen einer festgelegten Tournee bei uns aufkommen. Konkret wird jedes einzelne Konzert dann von uns berechnet, das Orchester kostet so viel, der Dirigent so viel, gibt es einen oder mehrere Solisten? Es wird sozusagen ein Gesamtwert errechnet, der dem Sponsor vorgeschlagen wird. Das machen wir für alle Konzerte und gehen mit diesen Listen zu unseren Sponsoren, die sich dann für dieses oder jenes Konzert entscheiden. Es gibt immer nur einen Sponsor pro Konzert. Das muss dann alles relativ fix gehen, denn wenn die Broschüre im Mai erscheint, müssen wir genau wissen, welcher Sponsor welches Konzert übernimmt.
Der Sponsor hat wenig Einfluss auf das Programm, da dieses ja schon im Vorfeld feststeht, ehe er sich engagiert. Es gibt natürlich Banken und Firmen, die einen direkten Kontakt zu den Musikern suchen und sie zum Essen einladen.
Hat der Sponsor einen direkten Einfluss auf das Programm und kommt er direkt mit seinen Künstlern in Kontakt?
Der Sponsor hat wenig Einfluss auf das Programm, da dieses ja schon im Vorfeld feststeht, ehe er sich engagiert. Es gibt natürlich Banken und Firmen, die einen direkten Kontakt zu den Musikern suchen und sie zum Essen einladen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn es bereits eine lange Zusammenarbeit gibt. Und wir versuchen diesen Kontakt zwischen Sponsoren und Künstlern zu ermöglichen, wenn die Umstände es zulassen.
Ich kann mich persönlich an einen Fall erinnern, bei dem der Dirigent des New York Philharmonic Orchestra bei seinem langjährigen Sponsor dann auch mal Kurse über Führungsstil hielt.
Genau, das ist auch eine Möglichkeit, als Künstler etwas an den Sponsor zurückzugeben. Aber das ist nicht die Regel und solche Arten von Beziehungen entwickeln sich erst im Laufe der Zeit. Wichtig ist es, immer im Trialog zu bleiben, wir als Organisatoren, der Sponsor und die Künstler. Da kann man sich keine Fehltritte leisten.
Wie steht es denn mit unserem „Orchestre philharmonique du Luxembourg“?
Es gibt keinen offiziellen Sponsor für das OPL, aber es gibt viele Sponsoren, die einzelne Konzerte unterstützen. Und das müssen nicht unbedingt immer rein klassische Konzerte sein. Eine luxemburgische Bank beispielsweise ist im Besitz eines originalen Cellos von Matteo Goffriller, das die Bank dem Orchester leihweise zur Verfügung stellt und das von unserem Solo-Cellisten gespielt wird.
Ich gehe davon aus, dass es sich in den anderen Musikbereichen dann genauso verhält.
Ja, wir haben Sponsoren für alle Genres, sei es für Kinderkonzerte, für World Music oder Jazz. Wir wissen ja nach so vielen Jahren auch, welcher Sponsor sich für welches Genre interessiert, sodass wir trotzdem schnell die Konzerte abdecken können.
Neben den Sponsoren gibt es ja auch noch die Mäzene.
Genau, wir haben einen Mäzenenclub, der sich PhilaPhil nennt und in dem es auch drei verschiedene Preis-Kategorien, nämlich Silber, Gold und Platin, gibt. Der Mäzen engagiert sich jeweils für ein Jahr. Sein Beitrag ist aufgeteilt in einen Mitgliedsbeitrag und in eine Spende. Es geht aber auch darum, dass sich hier echte Melomanen treffen und einfach etwas näher am Geschehen dran sein können. Sie haben eine eigene Lounge, wo sie sich vor dem Konzert oder während der Pause treffen können; wir organisieren, wenn möglich, kurze Begegnungen mit Solisten und Dirigenten. Wir organisieren auch private Veranstaltungen und Konzertreisen. PhilaPhil sind für die Philharmonie zuständig, während „Les Amis de l’OPL“ ausschließlich für das Orchester zuständig sind. Manchmal arbeiten beide auch zusammen, es gibt Mäzene, die sowohl PhilaPhil als auch die Amis unterstützen. Das funktioniert alles sehr kollegial.
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