Die USA erheben neue Zölle auf chinesische Produkte mit einem Wert von 50 Milliarden Dollar. China hat bereits im Vorfeld der Bekanntgabe Gegenmaßnahmen angekündigt. Die Sorge wächst, dass Präsident Trump mit seiner Handelspolitik den wirtschaftlichen Aufschwung beendet.
Von unserem Korrespondenten John Dyer, Boston
US-Präsident Donald Trump hat am Freitag Importzölle auf chinesische Waren mit einem Umfang von 50 Milliarden Dollar (42,7 Milliarden Euro) eingeführt. Dieser Schritt stellt eine Eskalation der angespannten wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder dar.
Trump hatte die Zölle schon vor Monaten angekündigt. Sie sollen als Ausgleich für die Übernahme amerikanischer Firmen durch chinesische Unternehmen dienen. Und als Vergeltung dafür, dass amerikanische Firmen, die in China tätig sein wollen, dort ihr geistiges Eigentum teilen müssen. Auf der Liste der Produkte, die nun mit den neuen Zöllen belegt werden, standen ursprünglich 1.300 Positionen, die Liste ist aber schon im Vorfeld der Bekanntgabe deutlich reduziert worden.
Chinas Reaktion lässt nicht lange auf sich warten
Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, hatte für den Fall der neuen Zölle bereits Gegenmaßnahmen angekündigt. «Unsere Position ist immer noch dieselbe», so Shuang gestern in Peking. «Wenn die USA einseitige und protektionistische Maßnahmen ergreifen, die den chinesischen Interessen schaden, werden wir unverzüglich die notwendigen Entscheidungen treffen, um unsere legitimen Rechte und Interessen zu schützen.»
So kam es gestern denn auch, wie es kommen musste. Unmittelbar nach der Mitteilung von Trump zu Strafzöllen auf chinesische Waren hat Peking Gegenmaßnahmen angekündigt. China werde Zölle im gleichen Umfang auf US-Importe verhängen, teilte das Handelsministerium gestern mit. Gleichzeitig rief die chinesische Regierung andere Länder zu einer «gemeinsamen Aktion» gegen die US-Handelspolitik auf.
Nachdem Trump erstmalig öffentlich die neuen Zölle angesprochen hatte, kündigte die chinesische Führung an, den Zwang zur Zusammenarbeit mit chinesischen Firmen für ausländische Elektroauto-, Schiffs- und Flugzeughersteller aufzuheben. China hatte zudem angeboten, Energie-, Landwirtschafts- und Industrieprodukte für 70 Milliarden Dollar aus den USA einzukaufen. Geholfen haben diese Angebote aber nicht. Die neuen Zölle sind nicht die ersten, die Trump China auferlegt hat. Er hat bereits 25 Prozent Zölle auf chinesischen Stahl und 10 Prozent Zölle auf Aluminium erhoben. Dieselben Zölle gelten auch für Kanada, Mexiko und die Europäische Union, was diese engsten Verbündeten der USA verärgert hat.
Bei den Stahl- und Aluminiumzöllen hat sich Trump auf die nationale Sicherheit berufen. Kritiker sind der Meinung, dass er damit seine Autorität missbraucht. Das Weiße Haus behauptet hingegen, dass China und andere Länder die Fähigkeit der USA untergraben, sich zu verteidigen oder Schlüsseltechnologien zu schützen. Die neuen Zölle gegen China werden möglicherweise auch nicht die letzten sein. Trump hat bereits öffentlich über weitere Zölle auf chinesische Waren mit einem Wert von 100 Milliarden Dollar nachgedacht.
Immer mehr Sorgen um wirtschaftliche Entwicklung in den USA
Zwischenzeitlich sah es hingegen so aus, als wolle Trump auf China zugehen. Der US-Präsident bot an, dem chinesischen Elektronikhersteller ZTE zu erlauben, weiterhin amerikanische Technologie zu kaufen, wenn das in Shenzhen ansässige Unternehmen eine Geldbuße von einer Milliarde Dollar bezahlt. US-Beamte hatten ZTE von den amerikanischen Märkten ausgeschlossen, weil es unter Verletzung von Sanktionen Technologie an den Iran und Nordkorea verkauft hat. Kongressabgeordnete der Republikaner und der Demokraten überdenken jedoch gerade, ZTE eine noch höhere Strafe aufzuerlegen.
Viele Ökonomen glauben, dass Trump mit seiner Handelspolitik die wirtschaftliche Erholung der USA nach der Finanzkrise von 2008 gefährdet. Derzeit ist die Arbeitslosigkeit in den USA niedrig, der Aktienmarkt floriert, das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen ist hoch und die Löhne steigen sogar leicht an. Die konservative Denkfabrik Tax Foundation glaubt, dass durch Zölle auf chinesische Produkte 45.000 Arbeitsplätze verloren gehen können. Der liberale Marktforscher The Trade Partnership sieht hingegen durch die Stahl- und Aluminiumzölle sogar 400.000 Arbeitsplätze in Gefahr.
Derweil in Europa
Die EU-Staaten brachten am Donnerstag Vergeltungszölle im Umfang von 2,8 Milliarden Euro auf US-Waren auf den Weg. Zugleich gerät das Freihandelsabkommen CETA zwischen Europa und Kanada in Gefahr: Italiens Agrarminister Gian Marco Centinaio kündigte an, sein Land werde das Vorhaben nicht ratifizieren. In diesem Fall würde die gesamte Vereinbarung kippen.
Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland äußerte indes die Hoffnung, dass es nicht dazu kommt. Sie kündigte zudem an, dass Kanada seine Verhandlungen mit den USA über die Freihandelszone Nafta fortsetze. Die Chefs von EZB und IWF warnten indes vor den Folgen des Handelsstreits für die Weltwirtschaft. Das Startsignal für den weltweiten Handelsstreit, der bei Politikern, Wirtschaftsvertretern und Experten die Furcht vor einem Handelskrieg schürt, hatte Trump mit seiner Entscheidung im März gegeben, gegen die EU-Länder und anderen Partnerstaaten Importzölle auf Stahl und Aluminium zu verhängen.
Diese Entscheidungen sind nach Darstellung von des Vize-Chefs der Welthandelsorganisation (WTO), Karl Brauner, rechtswidrig. «Ich sehe für die von den USA verhängten Zölle keine Grundlage nach WTO-Recht», sagte er der WirtschaftsWoche. Ähnliches würde für etwaige höheren US-Importzölle auf Autos gelten.
Die Europäer wollen nun im Gegenzug Zölle auf Jeans, Erdnussbutter, Bourbon-Whiskey und andere US-Produkte verhängen. Vertreter der 28 EU-Staaten votierten am Donnerstag einstimmig für die von der EU-Kommission ausgearbeitete Liste von Zöllen. Damit wurde eine wichtige Hürde genommen, damit die Maßnahmen ab Anfang Juli greifen können. Darüber hinaus bereitete die Kommission eine zweite Stufe von Strafzöllen gegen die USA vor. Die könnten ab 2021 bei weiteren US-Produkten im Wert von 3,6 Milliarden Euro fällig werden. Damit nimmt Brüssel insgesamt US-Waren im Wert von 6,4 Milliarden Euro ins Visier – genau der Wert der Zölle, mit denen Washington nun Stahl und Aluminium belegt.
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