Esch2022Erste Einblicke in das Programm der Kulturhauptstadt

Esch2022 / Erste Einblicke in das Programm der Kulturhauptstadt
Die Lichtshow trägt die Handschrift der deutschen Eventmanagement-Firma „battleRoyal“, die das Team von „Esch2022“ bei der Konzeptentwicklung unterstützt hat Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die blau-roten Flaggen, auf die die Menschen im Süden so lange gewartet haben, hängen. „Esch2022“ ist sichtbar. Mitten am Boulevard Kennedy. Das Team lädt am Freitag und Samstag in die Escher „Muart-Hal“ ein. Die Presse hatte bereits am Donnerstag einen Einblick in die aufwendige Installation bekommen, mit der die Kulturhauptstadt sich der Bevölkerung nun offiziell vorstellt.

Beim Eintritt in die „Muart-Hal“ erstreckt sich der Blick nicht wie erwartet durch eine große, offene Halle. Stattdessen teilen weiße Trennwände den Raum in mehrere kleine Säle ein. Sie sind mit Motiven in den Farben von „Esch2022“ bedruckt: Tätowierte und untätowierte Hände, die nacheinander greifen, eine Frau, die Kopfhörer trägt und deren Gesicht von einem Bilderrahmen umrahmt ist.

Die Teilnehmer werden gebeten, Kopfhörer aufzusetzen und durch einen schwarzen Vorhang zu treten. Sie betreten einen schwarzen Tunnel, in dem eine Lichtshow die Aufmerksamkeit auf sich zieht – ein Thema, das am Ende der Führung wiederkehren wird. Im Hintergrund erklingt Musik. Die unverkennbare Stimme der luxemburgischen Synchronsprecherin Wencke Fiedler begrüßt die Teilnehmer und bittet darum, sich auf einen der Punkte zu stellen, die sich vor ihnen befinden. „Sie konnten sich ihren eigenen Remix erstellen“, wird Nancy Braun später dazu sagen.

In einem Ausstellungsraum werden per Video vier Projekte vorgestellt
In einem Ausstellungsraum werden per Video vier Projekte vorgestellt Foto: Editpress/Julien Garroy

Es gibt Punkte in jeweils vier verschiedenen Farben. Je nachdem auf welcher Farbe man steht, wird einem ein Teil des Remix-Konzeptes erklärt: remix nature, remix europe, remix yourself und remix art. Im nächsten dunklen Raum stehen nur vier große Bildschirme. Auf ihnen ist jeweils eine Person zu sehen, die zu einem bestimmten Remix etwas erzählt.

Was macht eigentlich der Riese?

Der Bettemburger Bürgermeister Laurent Zeimet erörtert zum Beispiel das Projekt der Gemeinde zum Thema remix yourself. Dabei geht es um den Riesen im „Parc merveilleux“, zu dem fast jeder Luxemburger einen persönlichen Bezug hat. Zusammen mit ihren Bewohnern will die Gemeinde Geschichten von Menschen verschiedener Generationen sammeln, die sich ausmalen, was der Riese tut, sobald der Park geschlossen hat. Die Fantasie der Bürger soll am Ende in Form eines Comics zu einer Geschichte zusammengefasst werden.

Weitere Projekte wie eine Ausstellung digitaler Kunst in der Möllerei auf Belval, einem „Bal Pop“, eine Veranstaltung, die Menschen durch Musik- und Tanzrichtungen aus verschiedenen Kulturen zusammenbringen will, und der „Minett-Trail“, der die elf Südgemeinden des Landes miteinander verbinden will, werden vorgestellt.

400 Personen haben sich eingeschrieben, um sich die Installation am Freitag und am Samstag anzusehen. Darüber, wie die Kommunikationskampagne gestartet werden könne, habe sich das Team viele Gedanken gemacht, sagte Nancy Braun bei der anschließenden Paneldiskussion. Am Ende sei der Weg über das Digitale gewählt worden, weil dieses im Kulturjahr eine große Rolle spielen soll. „Wir arbeiten aber nicht nur im digitalen Bereich“, betonte Nancy Braun.

Nancy Braun kündigte bis Juni ein Match-Making-Event an, bei dem Projektträger und potenzielle Sponsoren zusammengebracht werden sollen
Nancy Braun kündigte bis Juni ein Match-Making-Event an, bei dem Projektträger und potenzielle Sponsoren zusammengebracht werden sollen Foto: Editpress/Julien Garroy

Mit dem Empfang in der „Markthalle“ beginnt die erste Phase der Kommunikationsstrategie von „Esch2022“. Die Flaggen, die am Boulevard Kennedy aufgehängt wurden, sollen in den kommenden Tagen und Wochen in der gesamten Region auftauchen. Auch die neue Internetseite www.esch2022.lu ist seit Donnerstagmorgen online. Die Kulturhauptstadt soll nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören sein. Eigens dafür wurde eine sonore Identität entwickelt – ein Jingle, der in Zusammenhang mit „Esch2022“ einen Wiedererkennungswert haben soll.

Ab April will das Team dann regelmäßig mit der Presse kommunizieren und so Schritt für Schritt Projekte und Programmbausteine vorstellen. Hierfür ist alle zwei Monate eine Presseveranstaltung geplant.

Neben den Gemeinden seien der Fonds Belval, verschiedene Ministerien sowie das Nation-branding-Team wichtige Partner, so Nancy Braun. Daneben sind es zudem die Botschaften – sowohl die luxemburgischen im Ausland, die die Message des Kulturjahres international verbreiten sollen, als auch die ausländischen Botschaften in Luxemburg, die maßgeblich am Thema Integration mitarbeiten sollen. Die Zusammenarbeit mit kleinen Strukturen wie zum Beispiel der „HörgeschädigtenBeratung“ würden ebenfalls eine Win-win-Situation darstellen. „Während wir von ihren Kompetenzen profitieren können, helfen wir ihnen, weiterzukommen – auch nach 2022“, sagte Braun. Eine Gebärdensprachdolmetscherin, die die gesamte Diskussion live begleitete, machte den Anfang.

„Espace Esch2022“

Braun betonte, dass Belval für das Kulturjahr nicht wichtiger ist als das Escher Stadtzentrum. Der Ort biete nun einmal mehr Platz und ermögliche dadurch eine diversifizierte Programmgestaltung. Sie äußerte den Wunsch, die Orte nicht mehr namentlich voneinander zu trennen, sondern stattdessen von einem „Espace Esch2022“ zu sprechen.

Das Team beschäftige sich derzeit intensiv mit der Gestaltung der Eröffnungszeremonie am 22.02.2022. Einen ersten Eindruck davon, wie diese aussehen könnte, erhielten die Teilnehmer nach Ende der Paneldiskussion mit Blick durch eine Virtual-Reality-Brille. Angefangen auf dem Rathausplatz, wo eine Lichtshow auf das Rathaus projiziert wird, wird der Träger der Brille nach Belval teleportiert. Er steht dort auf dem großen Parkplatz und beobachtet ein großes Feuerwerk mit Lichtshow auf einem der Hochhäuser. Dann geht es weiter zwischen den Hochöfen, wo symmetrische Lichtinstallationen aufgebaut sind.

400 Menschen haben sich eingeschrieben, um das Konzept von „Esch2022“ am Freitag und am Samstag in der „Muart-Hal“ näher kennenzulernen
400 Menschen haben sich eingeschrieben, um das Konzept von „Esch2022“ am Freitag und am Samstag in der „Muart-Hal“ näher kennenzulernen Foto: Editpress/Julien Garroy

Das Konzept für die Eröffnungszeremonie entwickelt das Team von „Esch2022“ in Zusammenarbeit mit der Eventmanagement-Firma „battleROYAL“, die ihren Sitz in Berlin hat. „battleROYAL“ hat bereits Erfahrung, was Eröffnungsfeiern von Kulturhauptstädten anbelangt. 2017 haben sie in Aarhus, Dänemark, bei der Konzeptentwicklung der Eröffnung geholfen. Die Firma sei vor allem wegen Erfahrungen wie dieser ausgewählt worden, bei der die Partizipation eine große Rolle gespielt hat. In Aarhus haben knapp 6.000 Menschen an der Gestaltung der Feier mitgearbeitet. Als Testlauf hat die deutsche Firma auch das Event in der „Muart-Hal“ organisiert. „Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut“, meinte Nancy Braun. Die Handschrift des Unternehmens war jedenfalls nicht zu übersehen, zeichnet sie sich doch durch aufwendige Lichtspiele aus.

Die Kritik an der 50-Prozent-Finanzierung der Projekte habe sich das Team zu Herzen genommen. Braun kündigte an, dass noch bis Juni ein Match-Making-Event organisiert werde. Dabei soll es darum gehen, Projektträger mit Unternehmen zusammenzubringen. Dadurch erhoffe das Team sich, dass Partnerschaften geknüpft werden, die auch nach 2022 weiterbestehen.

Die Vision ist es, dass die ganze Region durch das Kulturjahr zusammenwächst. Es soll etwas sein, an dem jeder teilnimmt.

Nancy Braun, Generaldirektorin „Esch2022“

Auch das „Moien“-Projekt, bei dem Teammitglieder von Gemeinde zu Gemeinde gehen, um sich vor Ort mit den Bewohnern zu unterhalten, soll schon bald starten. In diesem Kontext sei es vorgesehen, den Gemeinden einen Masterplan an die Hand zu geben, der ihnen dabei helfen soll, so viele Bürger wie möglich zu erreichen. „Die Vision ist es, dass die ganze Region durch das Kulturjahr zusammenwächst. Es soll etwas sein, an dem jeder teilnimmt“, sagte Braun.

Im Anschluss an den multimedialen Informationsparcours folgte eine Paneldiskussion mit den Verantwortlichen von „Esch2022“
Im Anschluss an den multimedialen Informationsparcours folgte eine Paneldiskussion mit den Verantwortlichen von „Esch2022“ Foto: Editpress/Julien Garroy

Sylvain Mengel, Generalkoordinator des CCPHVA („Communauté de communes du Pays Haut Val d’Alzette“), ging darauf ein, dass die Bevölkerung der Gemeinden des „Pays Haut Val d’Alzette“ sich bis 2030 mindestens verdoppeln würde. Die Teilnahme an „Esch2022“ falle genau in die Zeit des Umbruchs. „Ein perfektes Timing, um die neue Bevölkerung zu integrieren“, sagte er. Was konkrete Projekte anbelangt, sprach er von einer Zusammenarbeit mit großen Städte wie Paris, Metz, Nanzig und Saarbrücken. Auf dem Gelände des Aérodromes in Micheville sei ein Drive-in-Kino geplant.

Françoise Poos ist die Direktorin des kulturellen Programms von „Esch2022“. Bei der Paneldiskussion sagte sie, dass es ihr wichtig sei, keine Ansammlung von Festen und Aktionen auf die Beine zu stellen. „Die kleinen Teile sollen in einem großen Bild zusammen funktionieren.“ Die vier Remix-Komponenten würden Themen aufgreifen, mit denen die Gesellschaft sich beschäftigt. So würde remix nature den Klimawandel ansprechen, remix europe die Menschen in Europa und unserer Region, remix yourself die Identitäten im digitalen Zeitalter und remix art zeige Kunst als Diskussions- und Partizipationsplattform.

Eröffnungsausstellung 

Poos kündigte auch die erste Ausstellung des Kulturjahres an, die zusammen mit der Eröffnungszeremonie am 22.02.2022 ihre Türen auf Belval öffnen soll. Der Arbeitstitel lautet remix yourself, Thema soll Medienkunst sein. Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe. Wie das Kulturjahr enden soll, wird auch schon geplant. „Esch2022“ soll mit einer historischen Ausstellung in der Möllerei zu Ende gehen. Diese soll in Zusammenarbeit mit dem luxemburgischen Historiker Pit Péporté entstehen und Fragen über Europa thematisieren.

Thierry Kruchten, Verantwortlicher für Tourismus und Mobilität bei „Esch2022“, betonte, dass sanfte Mobilität und Multimodalität im Rahmen des Kulturjahres gefördert würden. Hierfür arbeite das Team mit dem Tourismus- sowie dem Verkehrsministerium zusammen, aber auch mit der Straßenbauverwaltung, der CFL, dem „Verkéiersverbond“ und diversen anderen mobilen Dienstleistern.

Mit 606 Projekteinreichungen zeigt sich das Team von „Esch2022“ sehr zufrieden. Bis Mai werde das zuständige „Comité de lecture“ den Evaluierungsprozess abgeschlossen haben. Die Einladung in die Escher „Muart-Hal“ sei als Vorgeschmack auf Projekte und Programm gedacht. Ein blau-rotes Häppchen also, um den kulturellen Appetit anzuregen.

jonas
21. Februar 2020 - 12.31

' Mitten am Boulevard Kennedy. Das Team lädt am Freitag und Samstag in die Escher „Muart-Hal“ ein.' Sehr sinnig. Das wird sicher genau so erfolgreich wie die Escher „Muart-Hal“.