Seit seinem Ausscheiden aus dem Nationalrat im Dezember 2021 ist Sebastian Kurz weg vom Fenster. Ohne politische Funktion werkelt er mit seiner SK Managment Gmbh international als Berater, hat in mehrere Unternehmen investiert und mit Partnern in Israel eine Firma für Cybersicherheit gegründet. Mit der Politik will er nichts mehr am Hut haben, wie der 37-Jährige stets beteuert.
Und doch wirkt er wie ein politischer Untoter. Am Rande der Salzburger Festspiele lud er heuer zu einem großen Empfang ins Promi-Café Bazar, so, als wäre noch er der Kanzler und nicht Karl Nehammer, der nebst 400 Granden aus Politik und Wirtschaft zu dem Kurz-Event angetanzt war.
Im August tauchte der Privatier plötzlich bei Viktor Orban in Budapest auf, das der Gastgeber als „österreichisch-ungarischen Gipfel“ zwecks „Fortsetzung der bilateralen Zusammenarbeit“ bezeichnete. Das von dem Treffen veröffentlichte Bild wirkt wie das offizielle Dokument eines Staatsbesuches: Orban und Kurz beim Shakehands vor den jeweiligen Nationalflaggen.
Comeback-Gerüchte
Seither brodelt in Wien die Gerüchteküche. Plant Kurz sein politisches Comeback nach dem erhofften Freispruch vom Falschaussageverdacht beim Prozess am 18. Oktober? Vielleicht gar mit einer eigenen Partei? Während die ÖVP und er selbst entschieden dementierten, tauchte vor ein paar Tagen auf der Wiener Südosttangente die nächste Zutat fürs Gerüchtesüppchen auf: An der meistbefahrenen Straße der Bundeshauptstadt prangt auf einem Werbeturm ein 20 Meter hohes Megaporträt der Ex-Kanzler. Einzige Wortbotschaft: KURZ.
Inzwischen weiß man: Es geht (noch?) nicht um die Auferstehung des Polit-Messias, sondern um einen Versuch, „Barbie“ Konkurrenz zu machen. Am Freitag startet in österreichischen Kinos „Kurz – der Film“. Das von langer Hand vorbereitete Projekt wurde erst wenige Tage vor dem Start öffentlich. Da hat die Messagecontrol, für die Kurz berühmt war, wieder funktioniert. Natürlich geht es nicht wirklich darum, den auch in der Alpenrepublik höchst erfolgreichen Film mit dem fleischgewordenen Spielzeugpüppchen zu toppen. „Kurz – der Film“ hat einen anderes cineastisches Epos im Visier: die am 21. September in die Kinos kommende Doku „Projekt Ballhausplatz“.
Vergleich mit Mozart
Auch in diesem Werk ist Kurz Hauptdarsteller. Es ist jedoch nicht unter messagekontrollierten Bedingungen entstanden. Das schon vor Längerem angekündigte Projekt des nicht gerade für ÖVP-Nähe bekannten Regisseurs Kurt Langbein bietet eine kritische Abrechnung mit der Ära Kurz. Um Interviews bei Kurz und seinen Weggefährten hatte sich Langbein vergeblich bemüht. Die treten dafür umso zahlreicher in „Kurz – der Film“ in Erscheinung: Neben Kurz selbst kommen sein „Erfinder“ Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger, seine enge Vertraute Ex-Agrarministerin Elisabeth Köstinger oder sein Berater Stefan Steiner zu Wort. „Terminator“ Arnold Schwarzenegger soll laut Ankündigung mit seiner Wortspende „einen Hauch von Hollywood auf die Leinwand“ bringen. Doch Hollywood genügt nicht. Im offiziellen Trailer wird Kurz in eine noch höhere Liga gehievt: „Mit 31 Kanzler – das ist vergleichbar mit Mozart“, heißt es da. Quasi als kritische Feigenblätter kommen ein paar Protagonisten der gegnerischen Lager zu Wort: Ex-SPÖ-Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper fühlen sich allerdings nun ebenso wie der Investigativjournalist Michael Nikbakhsh (profil) hintergangen, weil sie vor der Aufzeichnung der Interviews nicht über die wahren Absichten der Produktion aufgeklärt wurden. Vielmehr seien sie informiert worden, dass es um eine „internationale Koproduktion im Auftrag eines Streamers“ gehe. Regisseur Sascha Köllnreitner weist die Vorwürfe zurück und beteuert, dass ursprünglich tatsächlich kein Kino-, sondern ein Streaming-Projekt geplant gewesen sei.
Unterschiede gibt es auch bei der Finanzierung: Während Langbeins Film mit fast einer halben Million Euro vom Österreichischen Filminstitut (ÖFI) und der SPÖ-geführten Stadt Wien subventioniert wurden, was in der Kurz-Community Verschwörungstheorien befeuert, kommt das Konkurrenzprojekt ohne jegliche öffentliche Gelder aus.
Deutsche Financiers
Allerdings ist die Finanzierung nicht ganz transparent. Die Co-Produktion der deutschen Opus-R und der österreichischen Pongo Film wurde zur Gänze vom rheinland-pfälzischen Partner vorfinanziert. Um welche Summen es dabei geht, wird derzeit noch nicht kommuniziert. Es sollen aber weniger als 500.000 Euro sein.
Regisseur Langbein fühlte sich jedenfalls „geehrt, dass unser Film von der Gruppe um Sebastian Kurz so ernst genommen wird, dass diese mit enormem Aufwand und im Expresstempo einen zweiten Film auf den Kinomarkt bringt“. Kurz und seine Getreuen hätten ihre Sichtweise auch im „Projekt Ballhausplatz“ darlegen können, „aber ausnahmslos abgelehnt“.
Für Ex-Kanzler Kern steht fest, worum es in „Kurz – der Film“ eigentlich geht: „Da plant gerade jemand mit viel Ehrgeiz sein Comeback.“ Dass der Höhepunkt des Films die Verkündung eines solchen sein könnte, wird aber aus dem Umfeld des Ex-Kanzlers dementiert. Das Gerücht, die Verkündung eines solchen könnte den Höhepunkt des Films bilden, hat sich jedoch nicht bewahrheitet.
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