Und wenn man denkt, es geht nicht mehr, kommt bei der FLAM (dem nationalen Kampfsportverband) das nächste interne Desaster daher. Vor einer Woche wurden bei der Generalversammlung über 100 Mitgliedsvereine über die geplante Neustrukturierung informiert – zumindest theoretisch, denn nicht einmal die Hälfte der Klubs war bei der Präsentation der Pläne in Strassen vertreten. Konkret geht es darum, dass in Zukunft Judo, Karate und Taekwondo eigenständige Verbände werden und die 30 verbleibenden Kampfkünste unter dem aktuellen Dachverband vereint bleiben.
Rückblickend darf man sicherlich behaupten, dass es in den vergangenen Jahren niemanden gab, der es geschafft hat, Ruhe in diesen vielfältigen Verband zu bringen – weder der aktuelle Präsident Serge Schaul (im Amt seit 2018) noch dessen Vorgänger Fred Bertinelli (2014-2018). Das lag nicht unbedingt am Willen oder den Kompetenzen, sondern an Machtspielchen, die hinter verschlossenen Türen in den jeweiligen Sparten ausgetragen wurden. Im Karate, dessen Präsidentschaftswahlen 2019 erst vor Gericht endeten, hatten nicht nur Außenstehende das Gefühl, dass Eigeninteressen über den Entwicklungen des Sports standen.
In der FLAM wurde über gerechte Aufteilung von Trainerposten (die vom Sportministerium finanziert werden) gestritten, es wurden neue Vorstandsmannschaften aufgestellt, doch das Endergebnis war früher oder später das gleiche. Zufriedenheit allerseits bleibt auch heute noch eine Utopie. Dabei gäbe es besonders im Karate kaum Gründe, sich über die Außendarstellung zu sorgen. Sportlich läuft es selbst nach der Karrierepause von U21-Europameisterin Kimberly Nelting optimal. Erst am Sonntag wurde der 15-jährige Alexander Davies Karate-Vizeeuropameister bei den Cadets. Im Endeffekt werden Verbände an Resultaten gemessen – und die stimmen in der Kampfkunst.
Ungewisse Zeiten stehen trotzdem bevor. Nach der Ankündigung der Splitting-Pläne gibt es kein Zurück mehr. An dem „Gemeinsam sind wir stark“-Gedanken wird bei der FLAM schon lange nicht mehr festgehalten. Liegt es in der Natur der Einzelkämpfer, sich für die eigenen Interessen starkmachen zu wollen? Fakt ist, dass einige Sportarten organisatorisch besser aufgestellt sind als andere. Auch sind die Zeiten, in denen man beim Sportministerium, dem Olympischen Komitee oder der Presse mit einem Gesamtpaket an internationalen Medaillen auftreten konnten, passé.
Früher oder später wird man das aktuelle Vorhaben sicherlich mit kritischen Augen sehen. Möglicherweise trägt die bevorstehende Trennung aber dazu bei, Druck und Spannungen rauszunehmen. Jedenfalls ist das Gerangel um die Besetzungen des „Comité directeur“ damit vorbei – und jeder ist für seine eigene Zukunft verantwortlich. Das bedeutet auch, dass mehr Zeit und Konzentration in die Entwicklung und den Aufbau junger Nachwuchssportler und den Feinschliff bei Topathleten investiert werden kann.
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