Die am Körper eines Polizisten befestigte Bodycam soll in Streitfällen Aufschluss über die Geschehnisse geben, wer eventuell provoziert oder wer wie reagiert hat. Bodycams, die im Ausland bereits Verwendung finden, werden unterschiedlich bewertet. Es stellt sich aber öfters die Frage, inwieweit solche Aufzeichnungen wirklich objektiv sind oder nur Objektivität vortäuschen.
Die SNPGL („Syndicat national de la Police grand-ducale“) hatte die Kameras gefordert, nachdem ein Polizist im Sommer 2021 in Ettelbrück einen Menschen erschossen hatte. Dieser war mit einem Messer auf den Polizisten losgegangen. Besonders in den sozialen Netzwerken kamen Diskussionen darüber auf, ob der Polizist nicht überreagiert oder gar falsch reagiert habe. Eine Bodycam hätte zeigen können, was wirklich passiert ist, so die Gewerkschaft damals.
Arbeit der Polizei eingeschränkt
Bei der Generalversammlung der Gewerkschaft am Montagabend schien es dann nicht mehr ganz so dringend mit dem Anschaffen der teuren Technik. Die nach den Gutachten des Staatsrats sowie der Menschenrechts- und Datenschutzkommission vorgenommenen Änderungen am Gesetzentwurf scheinen jetzt nicht mehr im Sinne der SNPGL.
Kritisiert wird vor allem die rechtlich unterschiedliche Anwendungsmöglichkeit der Bodycams. In der Öffentlichkeit einerseits und im privaten Raum andererseits. Die Polizeigewerkschaft sieht offensichtlich Probleme und Verzögerungen, der Nutzen der Kameras gestalte sich anders als anfangs gedacht, die alltägliche Arbeit der Polizisten werde vielmehr eingeschränkt. Der Umgang mit Bodyams müsse trainiert werden, hieß es, damit Polizisten sie auch in Stresssituationen sicher handhaben könnten. Mit dem neuen Gesetzestext sei das nicht mehr möglich. Es bestünde Angst, einen Fehler zu begehen. Es sei auch nicht klar, wer die Aufzeichnungen auswerten dürfe. Die Botschaft der SNPGL an Polizeiminister Henri Kox scheint klar: Unter solchen Bedingungen brauche man keine Bodycams.
Kurz vor dem 1. Mai und kurz vor den Gemeinde- sowie Parlamentswahlen stellte die Gewerkschaft der Regierung vor allem im Bereich der Digitalisierung die Note „ungenügend“ aus. Neu ist diese Kritik nicht, genauso wenig wie das oft leicht mitklingende Lob für die ADR.
Unzufrieden ist die Polizeigewerkschaft offensichtlich auch mit der Beschäftigungs- und Rekrutierungspolitik der Regierung. Polizisten würden sich krankmelden, weil das Arbeitspensum zulasten ihrer Gesundheit ginge. Rund 400 Polizeibeamte würden nächstes Jahr in Rente gehen, darunter auch viele in leitender Position. Für das SNPGL sei unklar, wie auf dieser Herausforderung, die in der Öffentlichkeit schöngeredet werde, reagiert werden soll. Die Gewerkschaft spricht von „Gepiddels“, eine Reform der Polizeiarbeit, eine Neuaufstellung, dränge sich mehr denn je auf.
Aufarbeitung von „Lausdorn“
Zur Sprache kam am Montag auch der tragische Zwischenfall im April 2018 in Lausdorn. Bei einer Verfolgungsjagd kam damals ein Polizist ums Leben, eine Polizistin wurde schwer verletzt. Die Aufarbeitung dieser Sache sei schwierig für Polizistinnen und Polizisten. Doch was habe man daraus gelernt, fragt das SNPGL. Neue Dienstvorschriften, wie man sich in einem solchen Falle zu verhalten habe und wie eine solche Tragödie zu verhindern sei, gebe es nicht. Dafür müsse man sich fast schämen, hieß es am Montag.
Die Polizeigewerkschaft beschäftigte sich am Montagabend noch mit einem anderen ihrer Lieblingsthemen, nämlich der B1-Karriere bei der Polizei. Wären mehr Leute in diese Gruppe aufgenommen worden, wären viele Probleme erspart geblieben, so die Auffassung. Nun werde man das Urteil des Verwaltungsgerichtes abwarten. Besser scheint es im Korps der Unteroffiziere der Polizei jedenfalls so schnell nicht zu werden.
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