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EditorialEine sichere Geldanlage

Editorial / Eine sichere Geldanlage
2018 gaben rund 18.000 vor allem ärmere Haushalte in Luxemburg mehr als 40 Prozent ihres sowieso schon geringen Einkommens für Miete aus Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Vergangene Woche hat der grüne Wohnungsbauminister Henri Kox das überarbeitete Mietgesetz vorgestellt, mit dem die Mietpreisentwicklung besser kontrolliert werden soll. Tatsächlich enthält das Gesetz einige Verbesserungen gegenüber dem Text von Fernand Boden (CSV), der 2006 in Kraft trat. Zur Berechnung der Mietobergrenze war bereits 1955 die Regelung eingeführt worden, dass die Jahresmiete 5 Prozent des investierten Kapitals nicht überschreiten darf. Diese Regelung gilt noch immer, wird aber häufig missachtet.

Das Gesetz von 2006 enthielt einen Artikel, demzufolge ein „vergleichbarer Marktwert“ („valeur marchande comparable“) zur Berechnung der Miete herangezogen werden kann, falls das investierte Kapital nicht ermittelt werden kann. In einem rezenten Urteil berief sich das Friedensgericht Luxemburg auf diesen Artikel, um einem klagenden Mieter eine Mietminderung zu verweigern. Dabei hatte der Staatsrat schon 2005 in einem Gutachten geraten, den Begriff „valeur marchande comparable“ aus dem Gesetz zu streichen, weil er unklare Verhältnisse schaffe. Der Gesetzgeber war dem Ratschlag nicht gefolgt. Allein durch diese Klausel wurde aus einem vermeintlich gut gemeinten Gesetz ein schlechtes Gesetz, das Wohnungsbesitzer förmlich dazu einlädt, die Einhaltung der Mietobergrenze zu missachten, und es Mietern quasi unmöglich macht, gerichtlich gegen Verstöße vorzugehen. Im neuen Gesetzesentwurf wird der Begriff „valeur marchande comparable“ nun gestrichen. In dieser Hinsicht schafft der neue Text sicherlich mehr Rechtssicherheit für Mieter und holt nach, was 2006 – versehentlich oder mit Absicht – versäumt wurde.

Doch in den vergangenen Jahren hat sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt zugespitzt. 2018 gaben rund 18.000 vor allem ärmere Haushalte mehr als 40 Prozent ihres ohnehin schon geringen Einkommens für Miete aus. Auch in den mittleren Einkommensklassen liegt der Anteil der Miete am Einkommen inzwischen bei über 30 Prozent. Gleichzeitig profitieren die Besitzer seit Jahren von steigenden Immobilienpreisen. Zwischen 2006 und 2016 sind die Mietpreise um 40 Prozent gestiegen. Bei der Diskussion über das Gesetz von 2006 im Parlament sagte Berichterstatter Norbert Haupert (CSV): „(…) den Invest an eng Wunneng fir ze verlounen ass net esou interessant, wéi wann ee säi Geld an e Finanzprodukt uleet“. Wenn das zu ändern das Ziel des damaligen Mietgesetzes war, dürfte es inzwischen mehr als erreicht sein. Eine (gesetzlich garantierte) jährliche Rendite von 5 Prozent ist auf den Finanzmärkten heute kaum noch zu erreichen. Doch genau hier liegt das Problem. Solange Immobilien als sichere Anlage gelten, werden die Preise weiter steigen. Das von Henri Kox überarbeitete Mietgesetz trägt in keiner Weise zu einem Paradigmenwechsel bei.

Gleiches gilt für den „Pacte logement 2.0“. Verglichen mit der ersten Version stellt er zwar einen Fortschritt dar, indem nur noch Gemeinden, die tatsächlich in erschwinglichen Wohnraum investieren, staatliche Unterstützung erhalten. Doch zusätzliche Rechte für die Gemeinden schafft er nicht. Das stärkste Recht, das die Gemeinden haben, ist das Vorkaufsrecht aus dem ersten „Pacte logement“. Ob sie es nutzen, steht auf einem anderen Blatt.

Weiter ging das Mietgesetz von 1955. Es räumte den Bürgermeistern das Recht ein, ungenutzte Wohnungen zu beschlagnahmen und weiterzuvermieten. Dieser Artikel wurde 2006 gestrichen. Vielleicht sollte der Gesetzgeber über seine Wiedereinführung nachdenken. Und wieso nicht dieses Recht auf ungenutztes Bauland ausdehnen? Es wäre mit Sicherheit ein Instrument, das den Gemeinden bei der Bekämpfung der Wohnungsnot helfen könnte.

Daniel Munsch
27. August 2020 - 18.04

Besser wier et dei maximal Miete ob 3-4% ze setzen me dofier ob den altuellen Wert an net ob den investeierten Wert. Aktuell ass den System total onfair geigeniwwer privaten Vermieteren. Wohnungsgesellschaften dei hier Immobilien iwwer verschieden Gesellschaften hin an hier schieben dierfen 5% vum aktuellen Wert verlangen, an Privatleid dei hier Heiser firun joeren mat viel Eegenlestung gebaut hun sin ob 5% vum Wert beschrenkt deen sie vierun Eiwegkeeten dofier ausgin hun. Gleichzeiteg stin Mechanismen fier Mietpreller aus der Wunning ze kreien nemmen Firmen mat eegener Rechtabteilung zur Verfügung an kennen vun Privatleid praktech net an unsproch geholl hun.

Peter
10. August 2020 - 10.17

@ Paul Vielleicht 85% der wählenden Bevölkerung und die Zeche zahlen die Zugezogen.

Paul
8. August 2020 - 21.28

@Peter " Die Miete gehört in den Index, dass würde die Regierung ordentlich unter Druck setzen." Da 85% der Bevölkerung ihr Haus/Wohnung besitzen, spielt die Miete für den Großteil der Bevölkerung keine Rolle, deshalb ist sie ja auch nicht im Index, genau wie Kaviar.

Rosie
7. August 2020 - 23.18

@ Op de Staatsrot lauschteren "et wier besser eis Deputeierten geiwen vill mei op d’Avis vum Staatsrot lauschteren an iwerleeen ier se e Gesetz op de législativen Wee ginn." Dat maachen se ëmmer, soss geet et net duerch, genee dofir ass de Staatsrot jo geduecht.

Peter
7. August 2020 - 16.24

Es wären hier über 150.000 Haushalte betroffen die zwischen 40%-50% ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssten, wenn sie nicht eine Alternative in der Region finden würden. Es ist ein Totalversagen der luxemburgischen Regierung, dass sie den Wohnungsbau allein dem Markt überlassen haben. Die Miete gehört in den Index, dass würde die Regierung ordentlich unter Druck setzen.

Marco Puma
6. August 2020 - 19.12

A wéi wir et dann, wann d‘Politik hir verréckte Wuesstemspolitik mol géif opginn? Dat géif de Problem vum Wunnéngsmanktem, dee vum Waasserverbrauch, an nach vill anerer léisen! Wéi kann een esou naiv sinn, fir vum 1Mio.-Awunnerstaat, énger Joghourtsfabrék a Google ze schwätzen, wëssend, datt no 6 Wochen Dréchent am Land, net méi genuch Drénkwaasser do ass fir déi 626000 déi elo schon do sinn? Idem mam Bauland a mat de Wunnéngen!

Op de Staatsrot lauschteren
6. August 2020 - 15.35

et wier besser eis Deputeierten geiwen vill mei op d'Avis vum Staatsrot lauschteren an iwerleeen ier se e Gesetz op de législativen Wee ginn.

Valerie Velo
6. August 2020 - 14.19

„Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“ (G.Büchner)

MarcL
6. August 2020 - 12.21

"Solange Immobilien als sichere Anlage gelten, werden die Preise weiter steigen." Die Immobilienpreise sind in erster Linie dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage unterworfen. Die Nachfrage entsteht durch hohes Bevölkerungswachstum und zu wenig Wohnraum, der Investor nutzt die Entwicklung um sein Kapital zu vermehren. Welches Gesetz soll diesen Umstand abschaffen? Da gehört viel politischer Mut dazu, den man zumindest auf Landesebene vermisst.