Tourismus Eine Branche steht wegen der Coronakrise unter Druck

Tourismus  / Eine Branche steht wegen der Coronakrise unter Druck
 Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Nach dem vielen Regen hätte es ein richtig gutes Jahr werden können. Frühling, Umgebungswechsel und Sonnenschein. Das Virus hat Erwartungen wie diese zerstört. Betten bleiben leer, Restaurants sind geschlossen. Eine Branche schwankt zwischen Fatalismus und Kreativität. 

Im Vier-Sterne-Hotel Seven auf dem Escher „Gaalgebierg“ herrscht Fatalismus. Dass es im Hotel mit den 15 Zimmern still geworden ist, ist nicht das Schlimmste. Viel schlimmer ist das geschlossene Restaurant. Dort kocht der Ehemann von Geschäftsführerin Violant Tarrach (41), der, das kommt noch dazu, jetzt die Hotelküche gegen die Kinderzimmer getauscht hat. Alle Kinderbetreuungseinrichtungen sind geschlossen, das Ehepaar fährt auch hier „Notdienst“, wechselt sich ab.

Rund 5.000 Übernachtungen gibt die gebürtige Spanierin als Durchschnitt pro Jahr an. Das ist ein Mittelwert aus den letzten zehn Jahren, in denen das Hotel existiert. Viele der Gäste sind Restaurantbesucher, die den Abend genießen und danach nicht mehr weit fahren wollen – vor allem am Wochenende. An Werktagen kommen eher Geschäftsleute.

Die meisten Mitarbeiter machen Kurzarbeit

Rund 70.000 Euro Umsatz vor Steuern hat das Paar im März 2019 erwirtschaftet. Momentan sind gerade mal zwei der Zimmer gebucht. Dieses Jahr haben sie in der ersten Hälfte des gleichen Monats nach eigenen Angaben gerade einmal 19.000 Euro umgesetzt. Von neun sind fünf Mitarbeiter in einem „außerordentlichen“ Urlaub, sie haben Kinder. „Ich habe gestern Kurzarbeit angefragt“, sagt Tarrach mit dem Wissen, dass es so schnell nicht vorbei sein wird.

Gerade hat die uni.lu mitgeteilt, dass eine sechstägige Konferenz im Mai abgesagt ist. „Von Veranstaltungen wie diesen profitieren wir normalerweise“, sagt Tarrach. In dem Fall wären sie für die Zeit ausgebucht gewesen. „Wir wissen gar nicht, wie es mit unseren Leuten weitergeht“, sagt sie. Mit Zahlungen von 80 Prozent des letzten Gehaltes, aber höchstens 250 Prozent vom Mindestlohn, der aktuell bei 2.141,99 Euro liegt, will das Arbeitsministerium Entlassungen in der aktuellen Krise verhindern.

Das gilt für die Mitarbeiter der Betriebe, die das Kurzarbeitergeld beantragen müssen, und ergibt den Höchstsatz von 5.355,00 Euro im Monat. Begrenzt ist das Kurzarbeitergeld auf 1.022 Stunden, was bei acht Stunden reiner Arbeitszeit rund 127 Tage ergibt, also etwas über sechs Monate.

Lieferservice soll Umsatzausfälle ausgleichen

Rund 80 Kilometer weiter an der Mosel versucht der Hotelier Alex Despiegelaere (53) mit der aktuellen Situation umzugehen. Der gebürtige Belgier aus Brüssel ist in der gleichen Situation, hat aber eine andere Strategie. Bei ihm ist ebenfalls das Restaurant geschlossen, er hat Umsatzeinbußen, aber im Hotel gibt es noch Gäste. Es sind Vorarbeiter von Firmen aus der Großregion, die in der luxemburgischen Baubranche arbeiten. „Wie lange diese Gäste noch bleiben und ob sie nächste Woche wiederkommen, weiß ich nicht“, sagt er.

Zwar hat Despiegelaere am Dienstag Kurzarbeitergeld für seine drei Vollzeit- und eine Teilzeitkraft in Deutschland beantragt, aufgeben will er aber nicht. „Wir fangen ab Ende dieser Woche an, Essen auszuliefern“, sagt er. „Ich möchte Väterchen Staat so wenig wie möglich in Anspruch nehmen.“ Palzem und Trier sollen mit Essen beliefert werden. „Wenn das läuft, brauchen wir die staatliche Unterstützung nicht.“

Damit will Despiegelaere die aktuellen Ausfälle, soweit es geht, auffangen. 7 bis 8 der insgesamt 13 Zimmer des Landhotels sind nach eigenen Angaben durchschnittlich pro Tag belegt. Aktuell sind es fünf mit ungewissem Verlauf. Vor einem Jahr hat er im Monat März 30.000 Euro Umsatz gemacht. 2020 werden es Corona-bedingt nur 20.000 Euro werden, schätzt der Hotelier. „Wir müssen andere Lösungen finden“, sagt er.

Bürgschaften in Rekordzeit

Das haben sich die Verantwortlichen bei der „Chambre de commerce“ (CCL) ebenfalls gedacht. Dort wurden die Bearbeitungszeiten für Bürgschaften, die die Hausbanken betroffener Betriebe für Kredite anfragen, erheblich verkürzt. „Wir hatten am Montag so viele telefonische Anfragen wie sonst in einem Monat“, sagt Tom Baumert (34). Er ist Geschäftsführer der Abteilung Entrepreneurship und hilft gerade in der Hotline mit. „Wir können die 24-Stundenfrist einhalten“, sagt er.

Zehn der 30 Anfragen, die in eineinhalb Tagen eingetroffen sind, sind positiv entschieden. Das bedeute bis Dienstagnachmittag etwas mehr als eine Million Euro an Garantien. Die meisten Anfragen kommen bis jetzt – wie nicht anders zu erwarten – aus der Tourismusbranche, dem Horeca-Bereich. „Das sind die, die schon länger von der Pandemie betroffen sind“, sagt Baumert. Firmen aus dem Eventbereich kommen hinzu und immer mehr Start-ups.

Staatliche Hilfen

In Luxemburg gibt es nach Angaben des Tourismusministeriums aktuell 219 Hotels und insgesamt 7.400 Hotelzimmer. Vonseiten des Wirtschaftsministeriums ist ein Gesetzentwurf auf dem Weg, der Beihilfen für Unternehmen regeln soll, die wegen außergewöhnlicher und unvorhersehbarer Ereignisse nationalen oder internationalen Ausmaßes in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. „Es handelt sich hierbei um einen rückzahlbaren Vorschuss, den alle Betriebe, also nicht nur kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), beantragen können“, antwortet das Ministerium auf Anfrage des Tageblatt. Die finanzielle Unterstützung ist auf 500.000 Euro pro Betrieb gedeckelt, heißt es von dort weiter.
mteess.gouvernement.lu/
guichet.public.lu
CCL-Hotline Tel: 423939-445