Wenn Vivek Ramaswamy spricht, klingt er wie eine rhetorisch feingeschliffene Mischung aus Donald Trump und Ron DeSantis. Er will die „America First“-Agenda des früheren US-Präsidenten ausbauen und kämpft wie der Gouverneur des Bundesstaates Florida gegen eine linke „Woke-Kultur“ an, die er mit „Krebs“ vergleicht. Mit solchen provokanten Äußerungen ist dem 38-jährigen Biotech-Multimillionär Erstaunliches gelungen: In Umfragen zum Bewerberfeld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber ist er auf den dritten Platz geklettert.
Der Sohn indischer Einwanderer lässt damit prominente Politiker wie den früheren Vizepräsidenten Mike Pence, Ex-Gouverneurin Nikki Haley, Senator Tim Scott und Ex-Gouverneur Chris Christie hinter sich – und das als Politik-Neuling ohne Verwurzelung im republikanischen Partei-Establishment. In einigen Umfragen hat Ramaswamy, der am Mittwoch bei der ersten TV-Debatte der republikanischen Präsidentschaftsbewerber punkten will, sogar DeSantis überrundet, der als schärfster innerparteilicher Trump-Rivale gilt.
Das volle rechte Programm
Im vollen Republikaner-Feld gelingt es Ramaswamy, sich mit radikalen und polemischen Vorschlägen Gehör zu verschaffen. Der charismatische Gründer des Biotech-Unternehmens Roivant Sciences, der Millionen von Dollar aus seinem Privatvermögen in den Wahlkampf pumpt, will etwa das Wahlalter auf 25 Jahre anheben, das Bildungsministerium, die Bundespolizei FBI und die Steuerbehörde IRS auflösen und die Grenze zu Mexiko durch die Armee bewachen lassen.
Bekannt ist er aber vor allem als scharfer Kritiker linker Positionen bei Themen wie Rassismus, sexueller Orientierung, Gender-Identität und Klimaschutz, die von rechten Politikern und Kommentatoren mit dem Begriff „woke“ bezeichnet werden. Ramaswamy sagt gerne, er habe ein milliardenschweres Unternehmen gegründet, das ein Medikament gegen Prostata-Krebs entwickelt habe, jetzt aber wolle er eine „andere Art Krebs bekämpfen“ – eine „säkulare Religion namens Woke-Kultur“.
In seinem Bestseller „Woke, Inc.“ kanzelt er das Bekenntnis von Unternehmen zu mehr sozialer Gerechtigkeit als „Betrug“ ab. Klimaaktivisten sieht der Verfechter von Kohle, Erdgas und Erdöl als „religiöse Sekte“.
Im Wahlkampf ist Ramaswamy mit einer gewissen Unterwürfigkeit gegenüber Trump aufgefallen, während andere Bewerber wie Chris Christie auf Angriffe gegen den Rechtspopulisten setzen. So tauchte Ramaswamy in den vergangenen Monaten als Trump-Unterstützer vor Gerichten in Miami und Washington auf, als dort die Anklagen gegen den Ex-Präsidenten in der Geheimdokumentenaffäre und wegen Wahlverschwörung verlesen wurden. Ramaswamy hat außerdem angekündigt, dass er als Präsident Trump begnadigen würde.
„Ich denke, ich bin in der besten Position, unsere America-First-Agenda voranzubringen und sie sogar noch weiter zu führen als Trump“, sagte er kürzlich dem Sender PBS. Ramaswamy stellt sich damit in eine Linie mit Trump und umgarnt die rechte Basis, die nach wie vor weitgehend hinter dem Ex-Präsidenten steht.
Sein Kalkül ist klar
Das Kalkül ist klar: Ramaswamy bringt sich für den Fall in Stellung, dass Trump unter der Last seiner gewaltigen juristischen Probleme mit inzwischen vier Anklagen zusammenbricht. „Wie alle anderen Kandidaten auch hat Ramaswamy nur eine Chance, wenn Trump kollabiert“, sagt der Politikexperte Kyle Kondik.
„Das ist nicht nur eine politische Kampagne“, beteuert Ramaswamy derweil. „Das ist eine kulturelle Bewegung, um einen neuen amerikanischen Traum für die nächste Generation aufzubauen.“
Den berühmten amerikanischen Traum, den verkörpert der 38-Jährige selbst. Geboren 1985 in Cincinnati im Bundesstaat Ohio als Sohn indischer Einwanderer, studierte er Biologie an der Eliteuniversität Harvard. Dort feilte er nicht nur an seinen rhetorischen Fähigkeiten, sondern fiel auch als Rapper auf – ein Talent, das er jüngst auch bei einem Wahlkampfauftritt mit einer Darbietung von Eminems „Lose Yourself“ unter Beweis stellte.
Nach einer Anstellung bei einem Hedgefonds und einem Jura-Studium in Yale gründete der Vegetarier und Hobby-Pianist 2014 das Biotech-Unternehmen Roivant Sciences, das auf die Entwicklung von Medikamenten spezialisiert ist. Er wurde so zum reichen Mann: Ende 2016 bezifferte Forbes sein Vermögen auf 600 Millionen Dollar. Im Februar verließ der Vater von zwei Söhnen den Vorstand des Unternehmens, um sich auf seinen Wahlkampf zu konzentrieren.
Dort sorgte er zunehmend für Furore – bis er es überraschend auf den dritten Platz in Umfragen schaffte. Wie ernst ihn seine Rivalen nehmen, zeigt ein Strategiepapier zur Vorbereitung von DeSantis auf die Debatte vom Mittwoch: Dort heißt es, der Gouverneur müsse mit dem verbalen „Vorschlaghammer“ auf Ramaswamy einschlagen. (AFP)
Das, was er als sein Ideal vor sich herschiebt, ist nur sein Ersatz für den verlorenen Narzissmus seiner Kindheit – der Zeit, bevor er sein eigenes Ideal war.
War das nicht von Sigmund?