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Großbritannien Ein Milliardär von Gottes Gnaden

Großbritannien  / Ein Milliardär von Gottes Gnaden
König Charles III. und Königin Camilla in Schottland: „unverdienter Reichtum“ Foto: AFP/Aaron Chown

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Nach den Edinburgher Protesten gegen den „unverdienten Reichtum“ des Staatsoberhauptes richtet sich der Blick vieler Menschen auf der Insel mal wieder auf die royalen Finanzen. Diese aufzudröseln, ist aber gar nicht so einfach.

König Charles’ feierliche Amtseinführung in Schottland, von Spöttern als „Krönung für arme Leute“ verlacht, hat das Augenmerk der britischen Öffentlichkeit auf den immensen Besitz der Familie Windsor gelenkt. Republikaner wie der schottische Staatssekretär Patrick Harvie (Grüne) begründen ihre Kritik nicht zuletzt damit: „Unverdienten Reichtum von einer Generation an die nächste weiterzureichen, steht fundamental im Gegensatz zur demokratischen Gesellschaft, an der wir bauen.“

Verdient im Wortsinn hat Charles seinen Reichtum gewiss nicht, das bringt das Erben so mit sich. Normalerweise bietet die Weitergabe eines Familienbesitzes von einer Generation zur nächsten den Briten die Gelegenheit, die pekuniären Verhältnisse ihrer Elite unter die Lupe zu nehmen: Zur gerichtlichen Testamentsbestätigung gehört auch die Veröffentlichung des letzten Willens. Nicht so im Fall der im September 96-jährig verstorbenen Queen Elizabeth II: Wie bei anderen Royals wird auch ihr Testament für 90 Jahre im Safe des High Court verschlossen aufbewahrt. Auch danach gibt es eine Offenlegung nur, falls die Königsfamilie zustimmt.

Schwierige Suche

Auch ein Blick in den Jahresbericht des Crown Estate („Kronbesitz“) führt zu nichts: Dort werden zwar Steuerzahlungen aufgeführt, die Erbschaftssteuer aber gehört nicht dazu. Der einfache Grund: Einzigartig im Land bleiben die Royals von der bei vielen Super-Reichen verhassten, 40-prozentigen „Totensteuer“ verschont, ebenso wie von der Kapitalertragsteuer für Aktiengewinne sowie der Körperschaftsteuer für die Herzogtümer von Lancaster und Cornwall. Immerhin entrichtet der König Einkommensteuer.

Charles’ Erbe

Zu seinem Erbe gehören die Schlösser von Sandringham (287 Mio.) und Balmoral (Schätzwert: 246 Mio. Euro) mit ihrem jeweils gewaltigen Grundbesitz und zusätzlichen Immobilien, ebenso zahlreiche Automobile, eine Kunst- und Briefmarkensammlung. Die Postzeichen aus dem Königreich und dem Commonwealth erreichen einen Schätzwert von 100 Millionen Pfund (117 Mio. Euro); die Queen beeindruckte damit gern Staatsgäste. Freilich bleiben alle diese Werte schwer verkäuflich, anders als die rassigen Rennpferde aus dem königlichen Gestüt von Polhampton oder das umfangreiche private Aktienportfolio, überwiegend in britischen Blue Chips. Auch dessen Papierwert schätzten die Sunday Times-Buchhalter auf rund 100 Millionen Pfund.

Die Finanzen des mittelständischen Unternehmens Windsor sind von Geheimniskrämerei umgeben. Weil der Palast sich seit Jahrzehnten hartnäckig weigert, Zahlen auf den Tisch zu legen, schießen waghalsige Spekulationen ins Kraut. Auf die merkwürdig runde Summe von sieben Milliarden Pfund kam etwa 1989 das US-Wirtschaftsmagazin Fortune; inflationsbereinigt entspräche dies heute 17,9 Milliarden Euro, womit die Queen damals zu den hundert Reichsten der Welt gezählt hätte.

Es gibt auch seriöse Rechnungen. Die sogenannte Reichenliste der Sunday Times bezifferte Charles’ Privatvermögen im Mai auf 600 Millionen Pfund (703 Mio. Euro) und damit deutlich höher als die letzte Angabe für die Queen (433 Mio. Euro). Von seiner Mutter und seinem Vater Philip hat der 74-jährige Herr „von Gottes Gnaden“, wie es auf britischen Münzen heißt, den Hang zu persönlicher Sparsamkeit geerbt, trägt beispielsweise Anzüge und Schuhe oft Jahrzehnte lang und schreitet gern missbilligend durch seine Paläste, um hinter sorglosen jungen Leuten die Lichter zu löschen.

Auf etwas andere Zahlen kamen im Frühjahr die Experten des Guardian. Inspiriert von der Herangehensweise mancher Monarchie-Kritiker wie der Lobbygruppe „Republic“ machten die Erbsenzähler den König mit einem Vermögen von 2,1 Mrd. Euro zum Milliardär. Ein Palastsprecher denunzierte die Rechnung prompt als „kreative Mischung aus Spekulationen und Ungenauigkeiten“.

Die Grenze zwischen öffentlichem und privatem Besitz bleibt schwer definierbar. Zäh klebt das Königshaus beispielsweise an der Vorstellung, der Crown Estate habe eine Verbindung zum Träger der Krone, ja sei geradezu Eigentum des Monarchen und dem Staat nur leihweise übergeben. Auf der Sitzung des Akklamationsrates nach Elizabeths Tod wurde diese kuriose Vorstellung bekräftigt: Ausdrücklich erklärte Charles III., er „überantworte“ den Crown Estate der demokratischen Regierung.

Dieser Logik zufolge würde dem Oberhaupt der Familie Windsor, sollte Großbritannien sich zur Republik erklären, rund die Hälfte der britischen Küste gehören, mitsamt ihrer Zwölf-Seemeilen-Zone, 146.000 Hektar Wald- und Ackerfläche sowie Filetgrundstücken auf der Regent Street in London. Da der „Kronbesitz“ zuletzt Vermögenswerte von gut 15 Milliarden Pfund verwaltete und einen Netto-Jahresgewinn von 442,6 Millionen Pfund (519 Mio. Euro) abwarf, dürfte man den abgedankten Mister Charles Windsor also getrost als Mehrfach-Milliardär bezeichnen.

Intransparent, weiterhin

Einstweilen umgibt Charles III. und den Crown Estate weiterhin Intransparenz. Zu Jahresbeginn machte der Monarch seinen Untertanen die Mitteilung, bei den saftigen Gewinnen des Crown Estate aus Lizenzen für neue Windparks – durchschnittlich 940 Mio. Euro jährlich – solle zukünftig der royale Anteil reduziert werden. Wie stark und welche Auswirkungen dies auf die großzügige Apanage haben wird, bleibt bis heute offen.

Unabhängig von konkreten Zahlen lässt sich die Geste, je nach Standpunkt, als großzügige Selbstbescheidung der Monarchie oder längst überfällige Anerkennung ökonomischer Tatsachen betrachten.
Vom Jahresgewinn des Crown Estate stand dem neuen König im jüngsten Haushaltsjahr automatisch ein Viertel zu, umgerechnet also mehr als 100 Millionen Euro.

Ein Großteil fließt in die Renovierung des maroden und von der Windsor-Sippschaft ungeliebten Buckingham-Palasts in London mit seinen 775 Räumen. Dessen Zukunft bleibt ungeklärt – Charles und Camilla jedenfalls planen einstweilen keinen Umzug aus dem wenige Hundert Meter entfernten und deutlich gemütlicheren Palast von St. James.

JJ
11. Juli 2023 - 15.23

Wie viele Könige und Kaiser haben ihren Reichtum denn verdient und wo kommt der her? DAS ist doch die Frage. Das tumbe Fußvolk hat deren Kriege geführt,ihre Kassen gefüllt und dabei nebenbei sein Leben verloren. Man versteht wirklich nicht wie diese Schmarotzer bis heute hofiert werden. Was hat die Show dieser beiden Marionetten gekostet? 550 Millionen Pfund? Wie sagte einst Opa Hoppenstedt? " Früher war mehr Lametta." Und bei der nächsten Pandemie sterben die Engländer wieder in den Krankenwagen weil es keine Kliniken gibt.