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CSV-Kongress in EttelbrückEin Konvent als Krönungsmesse für Frieden

CSV-Kongress in Ettelbrück / Ein Konvent als Krönungsmesse für Frieden
#Luc: Die neue Sprache der CSV war für einige der rund 600 zum Konvent erschienenen CSV-Mitglieder wohl genauso ungewohnt wie die neue Farbpalette der Partei Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Am frühen Samstagmorgen haben sich die CSV-Delegierten in der Ettelbrücker Deichhalle zu einer Veranstaltung getroffen, die nicht wenig an frühere CSV-Kongresse erinnerte. Einziges Ziel des Konvents war es, dem designierten Spitzenkandidaten Luc Frieden eine möglichst gute öffentliche Startrampe für seine Kampagne zu bieten, dies mit dem erklärten Ziel, wieder Regierungspartei zu werden – beziehungsweise Staatsminister zu werden.

Nach 2013, als die Christsozialen in die Opposition mussten, waren die Treffen der Partei zuerst geprägt durch fehlende Bereitschaft, diese Rolle anzunehmen, später durch die Suche nach der eigenen Position, inklusive des Intermezzo mit Übergangspräsident Frank Engel und schließlich von dem Versprechen zur Erneuerung durch Präsident Claude Wiseler.

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#Luc – Back to the future

Viel scheint von dieser Erneuerung nicht übrig geblieben zu sein. Nicht junge oder gar weibliche Mitglieder der Partei wurden am 1. Februar dem Nationalrat als Spitzenkandidat zur Nationalwahl im Oktober vorgeschlagen, sondern ein Politiker, der eigentlich keiner mehr war: Luc Frieden wollte nach dem Regierungswechsel 2013 nicht in die Opposition, überließ diese für einen Machtmenschen wenig befriedigende Aufgabe hauptsächlich Claude Wiseler, Martine Hansen und Gilles Roth, die jetzt nach einer weiteren verlorenen Wahl in die zweite Reihe rückten beziehungsweise gerückt wurden und, gute Miene zum bösen Spiel machend, der Einstimmigkeit vom Konvent nicht im Wege standen.

Die Choreografie der Krönung

Die Inszenierung der Nominierung jenes Kandidaten, der sich zehn Jahre lang in die Privatwirtschaft abgesetzt hatte, war der Partei also prioritär wichtig und so wurde bereits im Vorfeld viel Wert auf die Choreografie der Krönung gelegt. Da gab es den Einzug des Präsidenten der portugiesischen Schwesterpartei PSD, Luis Montenegro, von starkem Applaus begleitet, der von selbstredend noch stärkerem Applaus begleitete Einzug des (nicht mehr rauchenden) ehemaligen Zugpferdes der Partei und Ziehvaters von Luc Frieden, Jean-Claude Juncker, der Positionierung zahlreicher junger Kandidaten für die Kommunalwahlen hinter dem Rednerpult während der programmatischen Ansprache des Spitzenkandidaten, die Verhinderung möglicher Zwischentöne oder gar kritischer Stimmen zum Kandidaten, dadurch dass den Delegierten klargemacht worden war, dass Wortmeldungen aus dem Saal eigentlich wenig erwünscht waren – sollte es solche geben, mussten sie laut Kongresspräsidentin Viviane Reding erst schriftlich eingereicht werden – und schließlich die bei solchen Anlässen ohnehin alternativlosen stehenden Ovationen.

Bekannte Köpfe in der ersten Reihe: die Verjüngung der Partei geschieht wohl nur langsam
Bekannte Köpfe in der ersten Reihe: die Verjüngung der Partei geschieht wohl nur langsam Foto: Editpress/Hervé Montaigu

„Méi no méi bewegen“, mit diesem Slogan zieht die Partei nun in die Kommunalwahlen, und das „besser aufgestellt als noch vor einigen Monaten“, wie es Jean-Paul Schaaf, Bürgermeister der Stadt Ettelbrück, in seinen Begrüßungsworten ausdrückte. Auch die beiden Parteipräsidenten Elisabeth Margue, die eine positive Dynamik innerhalb der Partei beschrieb, und Claude Wiseler, der die neue innerparteiliche Ruhe lobte, versuchten Optimismus zu vermitteln. Wobei Wiseler auf die Verjüngung der Führungsgremien verwies und die vielen jungen Kandidaten bei den Gemeindewahlen hervorhob.

Strategisch scheint der Partei viel daran gelegen zu sein, das Bild einer Rückkehr der „alten CSV“ auf die Politikbühne verhindern zu wollen und ein junges, modernes Erscheinungsbild zu präsentieren. Dies geschah denn auch unter anderem mit der Vorführung kurzer Videoclips, die den ehemaligen Finanzminister und Spitzenkandidaten im zwanglosen Gespräch mit jungen Parteimitgliedern zeigten.

Der „Tor-Öffner“ der Partei

Nachdem die Generalsekretäre Stéphanie Weydert und Christophe Hansen den Tätigkeitsbericht vorgelegt und Generalkassierer Thierry Schuman klargestellt hatte, dass genügend Geld zur Finanzierung der anstehenden Wahlkämpfe in der Kasse ist, zeigte sich der Spitzenkandidat bei der jüngsten Nationalwahl, Claude Wiseler, zuversichtlich, dass Frieden die „Tore für die Partei bei der Oktoberwahl öffnen werde“.

Die beiden ehemaligen Staatsminister Juncker und Santer drückten ihre Unterstützung für den einstigen „Dauphin“ aus
Die beiden ehemaligen Staatsminister Juncker und Santer drückten ihre Unterstützung für den einstigen „Dauphin“ aus Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Er kritisierte unter anderem die Position der ADR im Rahmen des Ukraine-Krieges, verwies auf die einstige Kritik der Grünen am Kauf des Militärtransportflugzeuges A400M und die aktuelle Freude grüner Politiker an Fototerminen mit eben diesem Flugzeug und beschrieb die Luxemburger Außenpolitik durch Jean Asselborn als Blindflug: Jeder kenne den Minister, keiner kenne die Außenpolitik des Landes.

Die beiden Co-Fraktionschefs Martine Hansen und Gilles Roth gingen bei der Kritik an der Regierungskoalition und deren Politik weiter ins Detail, verwiesen auf eine Gesundheitspolitik, die zu weniger Krankenhausbetten bei wachsender Bevölkerung führte, auf nicht funktionierende elektronische Patientendossiers und fehlende digitale Vernetzung zwischen den Spitälern, auf notwendige pragmatische Ansätze in der Umweltpolitik und auf eine chaotische Schulpolitik. Die Armut im Land habe zugenommen, die Krise im Wohnungsbau sei so groß wie nie zuvor und die versprochenen steuerpolitischen Erleichterungen seien ausgeblieben, so die Sprecher der Parlamentsfraktion weiter.

So vorbereitet war der Kongress bereit für die 50-minütige Ansprache des designierten Spitzenkandidaten, der zwar noch kein Team hat (dieses wird erst nach der Kommunalwahl zusammengestellt) und auf das Wahlprogramm wartet, das noch während samstäglichen Diskussionen fertiggestellt wird. Seine programmatischen Vorstellungen, von denen das Programm schließlich wohl nicht weit abweichen dürfte, entwickelte Frieden aber bereits ausführlich vor den 546 Stimmberechtigten, die sich anschließend alle, ohne Enthaltung oder Gegenstimme, hinter #Luc stellten.

#Luc, der Macher …

In den zehn langen Jahren „Gambia“ seien die Probleme im Land größer geworden, die Lage im Wohnungsbau sei durch verdoppelte Preise katastrophal, die allgemeinen Preise seien ebenfalls stark gestiegen, wie er selbst beim Einkaufen und Tanken feststellen könne. Die Steuern seien dabei nicht an die Inflation angepasst worden, hier müssten weitere Anpassungen geschehen, die Schere zwischen Arm und Reich dürfe sich nicht weiter öffnen.

Der Mindestlohn solle eventuell ansteigen, der Index sei ein wichtiges und gutes Instrument. Die sozialen Töne wurden während der Ansprache von einer Reihe Maßnahmen zur Entwicklung der Wirtschaft und zum Schutz der Betriebe begleitet. So solle die Körperschaftssteuer (Besteuerung der Unternehmen) auf OECD-Durchschnitt gesenkt werden, steuerliche Erleichterungen sollen die digitale und ökologische Transition der Unternehmen ermöglichen und für diese finanzierbar machen.

Der Kandidat versprach, sollte er denn zum Premier bestimmt werden, schnelle Maßnahmen gegen akute Probleme. So soll bereits kurz nach der Wahl eine Wohnungstripartite einberufen werden: Staat, Gemeinden und der Privatsektor sollen hierbei kurzfristig für mehr Wohnraum sorgen. Überhaupt müsse der private Sektor der Wirtschaft mehr Verantwortung übernehmen können, dies würde den Staat entlasten, der nicht alles machen müsse.

Diese wirtschaftsliberalen Vorstellungen, die neben der Forderung nach mehr Polizei und einer Ablehnung der weiteren Verschuldung des Staates in Friedens Rede breiten Raum einnahmen, verdeutlichten immerhin, dass #Luc kein Frieden 2.0 ist, der seine politischen Ansichten aus seiner Regierungszeit infrage stellt.

Neben der Förderung der Betriebe, sozialen Maßnahmen und Steuerentlastungen verspricht der neue CSV-Spitzenmann einen „Marshallplan“ zur Umsetzung der Energiewende. Besonders die Genehmigungsprozeduren sollen beschleunigt werden. Digital stellt Frieden sich Luxemburg ähnlich aufgestellt wie Estland vor; ein Land, in dem praktisch alle administrativen Vorgänge digital getätigt werden können.

Und politisch strebt er eine Regierungsbeteiligung und somit den Posten des Premiers an. Ob das gelingt, auch diese Einsicht beförderte der Kongress, wird davon abhängen, ob die Dreierkoalition die Mehrheit für eine weitere Legislatur bei der Oktoberwahl erreicht. Dann wird sich zeigen, ob die Richtungsänderung im biografischen Kurs von Frieden die richtige für die christliche Volkspartei war.

Fränky Wolter
26. März 2023 - 15.40

Viel Klatschen für die ungewisse Zukunft

Die vielen langjährigem Parteianhänger haben bestimmt einen unterhaltsamen Morgen erlebt und glauben jetzt fest an eine Veränderung. Sogar die Verjüngung der Partei wurde im Hintergrund auf der Bühne gezeigt und durfte begeistert mitklatschen.
Alle CSV-Politprominenz der vergangenen Jahrzehnte war da, all dies zeigt den Weg in die Zukunft.

Endlich hat die Partei jetzt einen Spitzenkandidaten, für die Talkshows und die landesweiten Besuche der Bürger, wie der LUC, es selbst angekündigt hat.

Seine Auftritte werden bestimmt eine Bereicherung bei diversen Ereignissen und den Dorffesten, aber bis dahin vergehen noch einige Monate, da vorerst Gemeindewahlen sind und anschließend die Ferien.