Ein kleines Land zeigt sein großes Herz. Über 30.000 freiwillige Helferinnen und Helfer hatten sich in Slowenien zu Wochenbeginn am arbeitsfreien „Tag der Solidarität“ gemeldet, um in den Hochwassergebieten tatkräftig beim Reinigen verschlammter Keller, Straßen und Häuser oder der Beseitigung von Schutt und Unrat zu helfen. Nicht nur Geld wurde bei unzähligen Spendenaktionen gesammelt: Selbst Heuballen für in Existenznöte geratene Viehbauern in den Notstandsgebieten wurden gespendet.
„Die Slowenen sind eine ganz besondere Nation, die immer zusammenhält“, erklärt der linksliberale Premier Robert Golob angesichts der durch den kleinen Alpen- und Adriastaat schwappenden Welle der Hilfsbereitschaft.
Ob eingestürzte Brücken, unterspülte Überlandstraßen oder überschwemmte Häuser: Die Fluten rissen alles mit. Zwischen 10.000 und 14.000 Gebäude sind ersten Schätzungen zufolge bei der größten Naturkatastrophe in der Geschichte des seit 1991 unabhängigen Landes nachhaltig beschädigt worden. Als Erstes müsse man sich um die rund 1.000 Menschen kümmern, „die alles verloren haben“, gelobt Golob: „Wir werden niemanden vergessen.“
Hatte der Regierungschef zunächst von Schäden in Höhe von einer halben Milliarde Euro gesprochen, werden diese mittlerweile auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. Doch noch ist für Ljubljana die Höhe der Schäden kaum auszumachen: Erst wenn die betroffenen Kommunen und Landkreise ihre triste Schadensbilanz aufgemacht haben, ist deren gesamter Umfang zu taxieren.
Die EU hat bereits Wiederaufbauhilfen in Höhe von 400 Millionen Euro zugesagt. Mit der Verabschiedung eines Nachtragshaushalts in der vergangenen Woche will die grün-linke Koalition in Ljubljana ein Soforthilfeprogramm in Höhe von 520 Millionen Euro finanzieren. Allein in diesem Jahr dürfte das Haushaltsdefizit dadurch von 4,5 auf 4,9 Prozent steigen: Millionenschwere Hilfsprogramme für die Flutopfer und den Wiederaufbau zerstörter Brücken und Straßen dürften auch im kommenden Jahr das Budget kräftig belasten.
Der Großteil von Slowenien sei „sicher und offen für Touristen“, versichert knapp zwei Wochen nach der Hochwasserkatastrophe die offizielle Tourismus-Site „slovenia.info“. Zwar sind alle Autobahnen wieder befahrbar und drängeln sich an den Promenaden der Piraner Bucht, an den Ufern des Bleder Sees oder auf den Kneipenterrassen von Ljubljana wie gewohnt die Touristen. Doch in den von den Überschwemmungen und Erdrutschen besonders hart getroffenen Alpentälern und Regionen herrscht noch immer Ausnahmezustand.
Sogar die kriegsgeplagte Ukraine hilft
Unablässig mühen sich auch ausländische Hilfsteams und Armeeeinheiten um den Bau von Behelfsbrücken und die Säuberung der Flussbetten: Schwere Räumungsfahrzeuge, Helikopter und Rettungskräfte haben nicht nur die direkten Nachbarn Österreich, Italien, Kroatien und Ungarn, sondern auch die ex-jugoslawischen Bruderstaaten, die EU-Partner und selbst die kriegsgeplagte Ukraine entsandt. „Die Solidarität, die Slowenien in den letzten Tagen erlebt hat, ist unbezahlbar und wird nicht vergessen“, freut sich Außenministerin Tanja Fajon.
Zwar hat selbst die rechtspopulistische Oppositionspartei SDS von Ex-Premier Janez Jansa vergangene Woche die von der Regierung vorgeschlagene Eilnovelle des Gesetzes zur Bewältigung von Naturkatastrophen demonstrativ mitgetragen. Doch im Bild von der einig gegen die Katastrophe kämpfenden Nation tun sich zunehmend auch Risse auf.
Der seit Tagen im verschlammten Shirt und mit Schaufel in den sozialen Medien posierende Jansa versichert, dass man in der Not „unabhängig von allen Differenzen“ zusammenstehen müsse. Doch Kritiker werfen Jansa vor, mit seinen von den SDS-nahen Medien zelebrierten Entschlammungs-Einsätzen eine kaum verdeckte Schlammschlacht gegen die Regierung zu führen.
Es sei „pervers“, dass ausgerechnet Jansa, der jahrelang den Klimawandel als linksliberale Verschwörungstheorie abgetan habe, die Überschwemmungen nun politisch zu missbrauchen versuche, erinnert die Zeitung Vecer an die Schließung des nationalen Klimaschutz-Büros und die versuchte Aufweichung der Umweltschutzgesetze während dessen letzter Regierung: „Gentlemen, die Opfer der Überschwemmungen scheren sich nicht um Euch, Eure Kalkulationen und Euren politischer Sumpf. Ihnen geht es um ihr Leben, ihre Häuser, ihre Firmen, Brücken, Straßen, Nachbarn und Freunde.“
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