Wohin des Weges? Altbauviertel oder Neustadt? Letztlich geht es um die Frage, ob alte Bausubstanz erhalten oder durch Neues ersetzt werden kann, soll, muss.
Die am häufigsten gestellte Frage in Tourismusbüros ist richtungsweisend und macht Mut. „Wo liegt die Altstadt?“ Das bedeutet nicht, dass jemand in Montpellier nicht nach Architekt Bofills Viertel Antigone fragen darf, sich in Paris nicht Präsident Mitterrands Bauten wie die Pyramide du Louvre, die neue Nationalbibliothek oder die Grande Arche ansehen oder das EUR-Viertel in Rom besuchen darf. Wichtig ist, dass es daneben Wertschätzung für das gibt, was viel früher von Bedeutung war.
Altstadt ist das, was meine Töchter süß oder heimelig nennen. Mit ihrem Vater liegen sie damit auf einer Wellenlänge. Wie gefühlt eine Mehrheit der Touristen suchen wir die Vergangenheit auf. Alte Bauten, die Zeugnis ablegen von einer anderen Zeit und die, zeitgenössische Architekten mögen es uns verzeihen, schöner und näher an den Menschen scheinen als das, was heute oft sperrig, grau und eckig beliebig in die Landschaft gesetzt wird.
Ja, beim Anblick des heutigen Boulevard Royal in der Hauptstadt können einem die Tränen kommen, beim Norbert-Metz-Platz in Esch auch. Ein rezentes Beispiel ist das Bahnhofscafé in Junglinster. Nur die Frontfassade steht noch und soll erhalten bleiben. Ein schwacher Trost angesichts des Eindrucks, den das Gebäude einst machte – damals, als noch alle vier Seiten und vor allem das Dach sichtbar waren.
Was weg ist, ist weg. Besser also dafür sorgen, dass es nicht verschwindet. Das gilt zum Beispiel für die Schlösser in Sanem und in Schengen. Seit Jahren wird von einem neuen Verwendungszweck geredet, konkret ist aber außer Ankündigungen nicht viel passiert. Zumindest die Bestgen-Mühle, eines der ältesten Gebäude Schifflingens, wird jetzt von Grund auf renoviert und erhalten, wie gestern bekannt wurde. Positiv ist auch, dass die Stadt Luxemburg diese Woche einen Wettbewerb ausgeschrieben hat, um das Areal des alten Mansfeld-Schlosses in Clausen aufzuwerten. Selbst wenn Gebäude und Gärten nicht wieder vollständig hergestellt werden, so hat das, was noch da ist, und das ist mehr, als man denkt, das absolute Potenzial, zu einem Touristenmagneten zu werden – wenn es denn in Szene gesetzt wird.
Muss man unbedingt alles erhalten? Herz schreit ja, Kopf sagt nein. Es stellen sich nämlich wesentliche Fragen. Was kostet der Umbau, wie ihn konform machen mit den Herausforderungen der heutigen Zeit – hinsichtlich Energie oder Sicherheit zum Beispiel? Hauptsächlich aber geht es darum, wie neues Leben sinnvoll in alten Mauern untergebracht werden kann. Wenn die Denkmalschutzbehörde heute fordert, dass etwas erhalten werden muss, dann sollte sie auch sagen, zu welchem Zweck und – vor allem – wer das Ganze finanzieren soll. Voll umfängliche Antworten darauf liefert sie bis heute nicht, sollte sie aber.
Abschließend gilt es etwas anzumerken: nämlich, dass wir in einer Welt leben, die sich zusehends verändert und in der immer mehr Menschen den Kontakt zu ihrer Zeit verlieren oder ihn nicht wiederfinden. Zeugen der Vergangenheit sind in dem Kontext nicht nur ein wichtiger Orientierungspunkt, sondern auch ein Zeichen, dass etwas nicht zum alten Eisen zählt, dass es gebraucht wird und folglich nicht ausgemustert werden darf. Mit 20 mag man das mitunter anders sehen als mit über 50. Ein Hauch Nostalgie klingt da unbedingt mit.
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