Arbeit und Soziale SicherheitEin Füllhorn an teuren Maßnahmen und eine Video-Tripartite

Arbeit und Soziale Sicherheit / Ein Füllhorn an teuren Maßnahmen und eine Video-Tripartite
Wird am Dienstag Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam per Video sehen: Arbeitsminister Dan Kersch lädt zur Tripartite, die Staatsminister Bettel am Mittwoch noch ablehnte Foto: Editpress

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Arbeitsminister Dan Kersch und der Minister für Soziale Sicherheit und Landwirtschaft, Romain Schneider, nahmen am Donnerstagnachmittag an einer Videokonferenz mit ihren europäischen Amtskollegen teil. Im Anschluss berichteten sie über die Gespräche, gingen aber auch auf zahlreiche nationale Maßnahmen in ihren jeweiligen Ressorts ein. Am kommenden Dienstag wird ein Dreiergespräch von Arbeitsminister, OGBL und LCGB sowie der UEL als Videokonferenz stattfinden, eine Mini-Tripartite also, zum Wohl des Landes.  

Wie die beiden Regierungsvertreter im Rahmen einer Pressekonferenz berichteten, rief der Luxemburger EU-Kommissar Nicolas Schmit die Minister im Rahmen der Videokonferenz zur Solidarität unter den Staaten auf und verwies auf die Verantwortung, die alle für den Fortbestand der europäischen Wirtschaft tragen. Schmit kündigte eine europäische Methode der Rückversicherung für Arbeitslosigkeit an; dies ein Instrument zur Absicherung von Arbeitsplätzen. 

Luxemburg hat auf seine besondere Situation hingewiesen und für die 200.000 Grenzgänger u.a. zu erreichen versucht, dass sie in der außergewöhnlichen aktuellen Situation auch trotz Arbeit von zu Hause aus („télétravail“) sozial im Großherzogtum angemeldet bleiben – was zu gelingen scheint. Auch die Wege ins Land sollen für die Franzosen, Belgier und Deutsche, von denen die Wirtschaft, aber auch insbesondere das Gesundheitssystem abhängig ist, offen bleiben. Es sei ein Wille zur Zusammenarbeit zu spüren gewesen, so Dan Kersch, der die Konferenz mit den Worten „the virus is strong, but we are stronger if we stand together“ zusammenfasste. 

Sozialminister Romain Schneider unterstrich seinerseits, bislang seien im Bereich der sozialen Absicherung für alle angefallenen Probleme Lösungen gefunden worden, dies auch im Gespräch mit den Sozialpartnern. Der soziale Dialog funktioniere in dieser Krisenzeit vorbildlich.

Pensionen und Pflege sind garantiert

Das hervorragende soziale System Luxemburgs, so Schneider, sei so aufgestellt, dass Renten, Krankengeld und die Pflege garantiert seien. Die Leistungen der Pflegeversicherung würden – mit Einschränkungen – weiter funktionieren; besonderer Wert werde auf die Garantie aller technischen Hilfeleistungen gelegt. Er rief sowohl die Versicherten als auch die Arbeitgeber auf, weiter solidarisch und mit gesundem Menschenverstand an die aktuellen Herausforderungen heranzugehen. Krankenkasse, Pensionskasse, Pflegeversicherung usw. würden weiter funktionieren; das Personal arbeitet von zu Hause aus, antwortet auf E-Mails, ist über Telefon erreichbar und empfängt, wenn nötig, Versicherte. Die Öffnungszeiten und Details der aktuellen Arbeitsweise sind auf der Internetseite des Ministeriums einsehbar.

Der Urlaub aus familiären Gründen, der im Rahmen der Corona-Krise ausgeweitet wurde, solle vernünftig genutzt werden, so der Minister, der auf bislang 15.000 bei der Gesundheitskasse CNS eingegangene entsprechende Anfragen verwies. Die Dauer wird von zwei Wochen auf eine längere Periode ausgeweitet und eine Gesetzesanpassung wird es künftig auch Eltern von behinderten Kindern, die älter als 13 Jahre sind, ermöglichen, den Sonderurlaub in Anspruch zu nehmen. 

Die CNS-Nomenklatura soll daneben demnächst ergänzt werden und Tele-Konsultationen bei Ärzten, über ein neues digitales Instrument, das nächste Woche funktionieren soll, sollen von der Kasse rückerstattet werden.

Unternehmen, die zurzeit Probleme haben, ihre Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen, können dies zu einem späteren Zeitpunkt nachholen, dies ohne Zinsen zahlen zu müssen oder andere Konsequenzen befürchten zu müssen. 

Agrarproduktion absichern

Die nationale Landwirtschaft sei ein zentrales Element der Lebensmittelsicherheit und diese Rolle solle in Zukunft weiter verstärkt werden. Zurzeit sieht Schneider eine funktionierende Produktions-, Verarbeitungs- und Verkaufskette als prioritär an. Die Bauern, Winzer und Gärtner sollen weiter produzieren können, aussäen, Futter herstellen und kaufen können sowie ihre Waren weiter direkt an Kunden vermarkten können. Schlachthöfe und Metzgereien sollen weiter funktionieren können und die Tierärzte sich bei dringenden Fällen um das Vieh kümmern. Neben der nationalen Produktion sei aber auch der Import von Lebensmitteln für die kommenden Monate garantiert, versicherte der Minister. 

Dan Kersch behandelte weiter den Arbeitsmarkt. Vorrang habe der Erhalt der Arbeitsplätze, dies auch nach der Krise. Die staatlichen Hilfen für Betriebe müssten schnell und unkompliziert ankommen. Nur so könnten die negativen sozialen Auswirkungen beschränkt werden. Es gehe darum, den Menschen am Ende des Monats ihren Lohn zu garantieren. Er erinnerte daran, dass Heimarbeit ein normales Arbeitsverhältnis darstellt und das Arbeitsrecht dort weiter gelte. 

Die Prozeduren zur Rückvergütung an die Betriebe im Falle von Kurzarbeit würden vereinfacht, das Geld schnell gezahlt. Trotzdem würden Kontrollen durchgeführt und die Unternehmen sollten sich trotz der Ausnahmesituation an die Regeln halten. In wenigen Tagen werde ein neues Formular zur Verfügung stehen, das aktuelle solle von den Unternehmen derzeit nicht genutzt werden. 

3.200 Betriebe haben Kurzarbeit beantragt

Bislang, so der Arbeitsminister, haben bereist 3.200 Unternehmen Kurzarbeit beantragt. Die Kosten für die arbeitserhaltenden Maßnahmen würden zweifellos den „Fonds pour l’emploi“ finanziell sprengen. Im Staatshaushalt sind für 2020 11 Millionen Euro für Kurzarbeit eingeschrieben, aber allein ein Monat „Chômage partiel“ in der Baubranche kostet 150 Millionen. Der Minister lehnt zurzeit denn auch die gewerkschaftliche Forderung ab, das Kurzarbeitsgeld von 80 auf 100 Prozent zu erhöhen; es sei jetzt keine Zeit für Forderungen.

Die zahlreichen angebotenen Unterstützungsmaßnahmen würden sehr teuer: Deshalb sollen sowohl von Privatpersonen als auch von Betrieben nur die Mittel in Anspruch genommen werden, die unbedingt benötigt werden. 

Der Sozialdialog, so Kersch weiter, funktioniere, anders zwar, pragmatisch, aber mit dem offensichtlichen Willen aller, Schaden vom Land abzuwenden. In dem Sinne werde am kommenden Dienstag eine offizielle Zusammenkunft (über Videokonferenz) zwischen Ministerium, OGBL und LCGB und den Arbeitgebern stattfinden. Das Land werde hiervon profitieren, schlussfolgerte er.

Nora Back: „Soziale Krise verhindern“

OGBL-Präsidentin Nora Back, die Hauptinitiatorin der Tripartite war, reagiert positiv auf das angekündigte Treffen. Es gehe dem OGBL vor allem darum, eine soziale Krise in Folge der sanitären Krise zu verhindern. Das Virus habe enorme menschliche Auswirkungen, die arbeitstechnischen und sozialen Konsequenzen könnten monströs sein. Das Treffen sei notwendig, um den Menschen zu vermitteln, dass nicht nur über sie entschieden wird, sondern dass sie auch mitreden können.

Die sogenannten „Forces vives de la nation“ könnten auf diese Weise das Gefühl vermitteln, dass ihre Zusammenarbeit in dieser Situation fruchtbar sein kann. Es solle gemeinsam nach Lösungen für anfallende Probleme gesucht werden. Forderungen würden bei dieser Gelegenheit wohl keine gestellt werden, so Back, die allerdings auch darauf verweist, dass erste Betriebe bereits Mitarbeiter entlassen haben. Der Erhalt der Jobs sei für sie denn auch eine Priorität. Der OGBL erwartet von dem Dreiergespräch gemeinsamen Einsatz gegen mögliche Entlassungswellen und ein gemeinsames Vorgehen gegen dramatische Konsequenzen für die Arbeitswelt.

Die Tripartite sei ein Kriseninstrument, fügt sie hinzu, „und zurzeit befinden wir uns zweifellos in einer solchen“.