Der Aufmarsch der drei Minister, der Vertreter des Syvicol, der Handels- und der Handwerkskammer sowie der Klimaagentur hat schnell klargemacht, dass es sich bei der Pressekonferenz am Donnerstagmorgen im Energieministerium um keinen alltäglichen Pressetermin handelt. „Wir sind in schwierigen Zeiten und ich kann keine Entwarnung geben“, eröffnet Energieminister Claude Turmes („déi gréng“) die Pressekonferenz nicht weniger dramatisch. Obwohl die Gasspeicher in Europa gefüllt seien, könnte es eng werden mit der Gasversorgung, wenn Russland seine Lieferungen auf null herunterfahre. Um 15 Prozent sollen EU-Mitgliedstaaten den Gasverbrauch in der Referenzperiode zwischen dem 1. August 2022 und 31. März 2023 im Vergleich zum Durchschnitt der Referenzperiode in den vergangenen fünf Jahren reduzieren – darauf haben sich die EU-Mitgliedstaaten geeinigt.
„Die 15 Prozent ist keine Zufallszahl, sondern basiert auf Modellierungen, die auf EU-Ebene gemacht wurden, falls Russland kein Gas mehr liefern würde“, sagt Turmes. Die Sparkampagne sei den Sommer über vorbereitet worden – „und mit dem Plan sind wir ‚on track‘, um die 15 Prozent einzusparen“, meint der Grünen-Politiker. „Das beinhaltet staatliche Gebäude, Gemeinden, Versicherungen und Banken.“ Der Großteil des Gases könne nicht in der Industrie, sondern in großen Bürogebäuden eingespart werden. „Es ist wichtig, dass diese Anstrengungen auch im Privaten unternommen werden.“ Mit der Reduzierung der Heiztemperatur um ein Grad könne sechs Prozent der Heizenergie eingespart werden, bei zwei Grad wären es sogar zehn bis zwölf Prozent. „Duschen oder warmes Wasser insgesamt stellt den zweithöchsten Gasverbrauch dar und auch da kann man sparen“, meint Turmes. „Wichtig ist, dass jeder nach seinen Möglichkeiten Sparanstrengungen unternimmt.“ Man setze auf Freiwilligkeit und wolle keine Sparpolizei einführen. Der Slogan für diesen Winter heiße deshalb auch „Zesumme spueren – Zesummenhalen“.
Sparziel: 970 GWh
Sparpotenzial: Wasser
Neben dem Heizen benötigt warmes Wasser extrem viel Gas. Wer duscht, anstelle sich zu baden, spart bis zu 50 Prozent Wasser. Spararmaturen können den Wasserverbrauch zu herkömmlichen Armaturen ebenfalls um 50 Prozent senken. Und: Auch der Gang aufs Klo bietet eine Gelegenheit zum Sparen. Wer seinen Spülkasten so einstellt, dass maximal zehn Liter pro Spülung verbraucht werden, kann mit einem bis zu 30 Prozent geringeren Wasserverbrauch rechnen. (Quelle: Handwerkskammer)
Auch wenn das offizielle Sparziel in absoluten Zahlen auf der Pressekonferenz nicht genannt wurde, wurde es den anwesenden Journalisten im Pressedossier ausgehändigt. Um 970 Gigawattstunden muss Luxemburg seinen Verbrauch reduzieren, damit bis März laut Berechnungen der Regierung ein Maximalverbrauch von 5.510 GWh zu Buche steht. „Die Strategie ist graduell ausgelegt“, sagt Turmes. Das bedeute, dass die nun vorgestellten Maßnahmen vorerst auf freiwilliger Basis durchgeführt werden sollten. „Wenn das nicht ausreichen sollte oder auf europäischer Ebene der Notstand ausgerufen wird, werde ich per großherzoglichem Reglement verbindliche Maßnahmen beschließen“, so Turmes. In einer dritten Stufe erst würde dann das Gas nach einem geregelten Plan abgestellt werden. Man werde die Lage jedoch konstant überwachen und falls notwendig noch etwas „nachjustieren“.
Luxemburg sei bisher nicht unbedingt der „Sparchampion“ gewesen, weshalb es wesentlich sei, nun wichtige Ressourcen einzusparen. „Es geht vor allem um Gas, doch auch beim Strom ist die Preislage sehr angespannt“, sagt Turmes. „Es geht darum, die Energieverschwendung in diesem Winter definitiv in den Griff zu bekommen.“ Auf maximal 20 Grad sollen die öffentlichen Bürogebäude zukünftig erhitzt werden – europaweit gehen viele Staaten noch etwas weiter und haben eine Maximaltemperatur von 19 Grad festgelegt. „Die Bestimmung wurde auf Basis der Gewerbeaufsichtsregelung getroffen, die eine Minimaltemperatur von 20 Grad Celsius vorsieht“, meint Turmes auf Tageblatt-Nachfrage, warum sich Luxemburg für eine höhere Obergrenze entschieden habe. Auf die Frage nach Homeoffice sagt der Energieminister lapidar: „Wir haben über die Maßnahme diskutiert – sie wurde aber letzten Endes nicht angenommen.“ Luxemburg sei mit den vorgestellten Maßnahmen gut aufgestellt.
Staat und Gemeinden sollen mit gutem Beispiel vorangehen
Neben einer Maximaltemperatur in öffentlichen Gebäuden sollen unbenutzte Räume und Gänge ebenfalls nicht mehr geheizt werden. In gekühlten Räumen soll die Temperatur leicht angehoben werden. Auch soll die Möglichkeit analysiert werden, die Temperaturen in Serverräumen zu erhöhen. Außerdem soll die Betriebszeit von Lüftungsgruppen an die tatsächliche Nutzung der Räume angepasst werden – eine Anweisung, die ja nach Pandemie-Lage jederzeit wieder überarbeitet werden kann. Des Weiteren soll der Verbrauch von Warmwasser reduziert werden und in Gebäuden, in denen das Wasser hauptsächlich zum Händewaschen dient, außer Betrieb gesetzt werden. Die Beleuchtung in und an öffentlichen Gebäuden soll auf ein Minimum reduziert werden – deswegen soll an jedem Gebäude einzeln geprüft werden, ob die Außenbeleuchtung nicht komplett abgeschaltet werden kann. Beleuchtung zu ästhetischen Zwecken soll komplett abgeschaltet werden.
„Das Thema ist für die Gemeinden nicht neu“, sagt Innenministerin Taina Bofferding. „Die Kommunen gehören dem Klimapakt an und sind sich ihrer Verantwortung bewusst.“ Die LSAP-Ministerin hob zudem die Resilienz der Luxemburger Gesellschaft und die Kriseninfrastruktur hervor. „In einer ersten Phase geht es darum, präventiv zu arbeiten, um etwa unabhängiger von energetischen Fluktuationen zu werden“, sagt die Innenministerin, die nach einem Exkurs über passive Bauweisen und die Begrünung der Innenstädte erklärt, dass in der derzeitigen Krise auch die Notfallpläne der Regierung aktualisiert wurden. „Privathaushalte und die kritische Infrastruktur werden im Notfall als Letzte vom Gas abgeklemmt.“
Monitoring der Gemeinden
Das Innenministerium stehe zudem auch im engen Kontakt mit den Gemeinden und habe ein Monitoring eingerichtet, anhand dessen man die gezielten Sparmaßnahmen der Gemeinden wie auf einem „Dashboard“ verfolgen könne. Ob diese Daten auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden? „Wir verfolgen alles über die geplanten Budgetposten und die schlussendlich getätigten Ausgaben der Gemeinden“, sagt Bofferding, die darauf verweist, dass das keine geheimen Daten seien. „Wir sind dabei, dieses Monitoring aufzubauen – wenn es fertig ist, ist es fertig.“ Daten, die dann fehlen würden, könne man bei der Gemeinde noch beantragen. Ob oder inwiefern die starken Preisfluktuationen einen Einfluss auf die budgetäre Analyse hat, wurde nicht erörtert.
Sparpotenzial: Strom
Alte Halogenlampen sind wahre Stromfresser – wer diese durch moderne LED-Lampen ersetzt, kann bis zu 80 Prozent Strom einsparen. Wichtig auch: elektrische Geräte nicht im Standby-Modus lassen. Auch so können sie noch einmal 60 Prozent einsparen. Und aufgepasst beim nächsten Kauf eines Elektrogerätes: Geräte mit einer besseren Energieklasse verbrauchen wesentlich weniger Strom. Die Energieklasse lässt sich an der aufgeklebten Etikette auf dem Gerät feststellen. (Quelle: Handwerkskammer)
Fenn Faber von der Klimaagentur liefert nach der Pressekonferenz noch etwas mehr Details zum Monitoring in den Gemeinden selbst. „Im Rahmen des Klimapakts wurde der EnerCoach eingerichtet“, sagt Faber. „Dieses Werkzeug ermöglicht es den Gemeinden, den Verbrauch der Gebäude, ihres Fuhrparks und der Beleuchtung genau zu verfolgen.“ Da könnten auch strukturelle Defizite von einigen Gebäuden genau erarbeitet werden und der Verbrauch in CO2 umgerechnet werden.
Serge Hoffmann vom Gemeindesyndikat Syvicol untermauert die Darstellung Bofferdings, dass die Gemeinden ihrer Verantwortung nachkommen – und damit Vorbild sein werden, um die Bürger ihrerseits zu ermutigen, Energie zu sparen. Kommunikation und entsprechendes Handeln seien längst im Gange, was man etwa in Grevenmacher sehen könne, wo ja das Freibad drei Wochen früher schließe als ursprünglich vorgesehen.
Als Bürgermeister der Gemeinde Hobscheid habe er selbst erörtern lassen, welche Maßnahmen möglich sind: etwa die geringfügige Absenkung der Wassertemperaturen in Heizkesseln der öffentlichen Gebäude auf 55 Grad, dass in einigen öffentlichen Gebäuden nur noch kaltes Wasser bereitgestellt wird oder die genaue Betrachtung, an welchen Stellen Straßen- und andere Beleuchtungen abschaltet werden können.
Sticker für die Unternehmen
Sparpotenzial: Heizung
Die Heizung bietet Privathaushalten mit das größte Sparpotenzial. Pro gesenktem Grad Celsius lassen sich bis zu sechs Prozent Heizenergie einsparen. Was auch Hobbyhandwerker mit zwei linken Händen bei sich zu Hause machen können: den Heizkörper entlüften. Mit einem professionell durchgeführten Heizungscheck lassen sich laut Handwerkskammer sogar bis zu 20 Prozent der Heizkosten sparen. Wer noch einmal 15 Prozent Heizkosten sparen will, sollte die Fenster groß aufreißen: lieber zwei- bis dreimal täglich Stoßlüften als durchgehendes Kipplüften. (Quelle: Handwerkskammer)
Mittelstandsminister Lex Delles (DP) verweist darauf, dass im Rahmen der Energiekrise finanzielle Hilfen für Unternehmen bereitstünden. „Diese wurden im letzten Tripartite-Abkommen bereits festgeschrieben“, sagt Delles, der darauf verweist, dass sich die Unternehmen bereits seit längerem mit dem verantwortungsvollen Umgang mit der Energie auseinandersetzen würden. Per Post wolle man alle Betriebe sensibilisieren. „Ein Sticker mit ‚best practices‘ wird an Luxemburgs Unternehmen verteilt, in dem wir verschiedene Maßnahmen vorschlagen werden.“
Auch die Vertreter der Handels- und Handwerkskammer Fernand Ernster und Alexander Kieffer berichteten, dass Maßnahmen und Reaktionen auf die Notwendigkeit des Energiesparens bereits weit fortgeschritten seien – sowohl nach innen als auch nach außen: So gebe es etwa konkrete Anleitungen, um in Handwerksbetrieben entsprechend Energie einzusparen, aber eben auch definierte Workflows, mit denen beim Kunden die entsprechende Wirkung erzielt werden könne: etwa über einen Check von Heizungsanlagen, Fenstern und Türen, der dann dazu führen kann, dass ungeregelte Pumpen gegen schlauere Geräte ausgetauscht oder Dichtungen erneuert werden. Auf Tageblatt-Nachfrage bestätigt Alexander Kieffer, dass es bei verschiedenen Produkten zu Wartezeiten kommen könnte. „Die eigentliche Message ist doch, dass es gemacht werden muss – die Wartezeit darf bei der Planung keine Rolle spielen.“
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Als präisbewossten an spuersamen Mensch ass déi permanent Berieselung vun Spuertipps eng Bevormundung an eng Frechheet!
Wenn ich diese ganzen Spartipps lese, weiß ich echt nicht mehr wo ich noch einsparen könnte, nachdem ich wirklich alle (keiner davon ist mir neu) schon seit Jahren beherzige. Von sieben Thermostaten habe ich nur zwei in Betrieb, noch dazu wohne ich in der hochgepriesenen Styropor-Verkleidung (B) und trotz allem sind die Heiz- und Stromkosten hoch! Die Lüftung muss 24 Stunden laufen, keine Ahnung, um wieviel sie die Stromkosten in die Höhe treibt - wo ist also die Ersparnis dieser hochgelobten Energiesparbauweise - denn ohne zu heizen geht's nicht!
Wie soll das denn geschehen wenn Gemeinde und Staat
voran gehen mit Energieeinsparungen, Beamte müssen sich
dann wärmer anziehen oder Krankmeldungen häufen sich,
die Privilegien der Politbonzen herunterschrauben anstatt
die Bürger mit Vorschriften und diktatorischen Sparplänen zu belasten,auf diesem Foto oben scheint es noch lustig zu sein,
nach Kindergartenniveau siehts aus,lamentabeles und armseliges
Getue.
Der Mittelstandsminister hat bestimmt umgedacht, anstatt ein supermodernes Velodrom, baut er Photovoltaikanlagen in Mondorf zur Herstellung von Wasserstoff, das wäre mal die wegweisende Investition!
Würde sogar eine Aktie mitkaufen.
Taina soll Lex mal fragen, in welche Aktien er denn momentan investiert hat.