Die Tour-Kolumne von Petz Lahure: Egan Bernal es el campeón

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Die spannendste und schönste Tour de France der letzten 30 Jahre wurde erstmals von einem Kolumbianer gewonnen. Egan Bernal, der Sieger, ist erst 22 Jahre alt. Eine neue Ära in der Radsport-Geschichte ist angebrochen.

Von Petz Lahure

Was Nairo Quintana bisher nicht schaffte, gelang gestern dem jungen Egan Bernal. Er gewann die Tour de France und bescherte Kolumbien damit seinen ersten Gesamtsieg bei der größten und prestigeträchtigsten Rundfahrt der Welt. Der Erfolg eines Kolumbianers in der Tour de France war längst überfällig. Quintana fuhr in den Jahren 2013 und 2015 auf das zweithöchste Treppchen des Podiums, 2016 klassierte er sich auf dem dritten Rang, doch bis ganz nach oben reichte es nicht. Mit der Tour wandelte Quintana nur zeitweise auf Freiersfüßen. Er gewann drei Etappen (2013, 2018, 2019), er trug die Nachwuchswertung (2013, 2015) und das Bergpreisklassement (2013) davon, doch blieb ihm ein Gesamtsieg wie beim Giro (2014) oder der Vuelta (2016) versagt.

Erst 22
Anders als Quintana bot sein junger Landsmann Egan Arley Bernal Gomez (wie er mit vollem Namen heißt) der „Grande boucle“ statt einer Freierei gleich die Vermählung an. Mit 21 Jahren schnupperte er 2018 erstmals Tour-de-France-Luft und klassierte sich dabei auf dem 15. Rang. Beim zweiten Anlauf fuhr er auf den ersten Platz und wurde nach Henri Cornet (19 Jahre, Sieger 1904) und François Faber (22 Jahre, Sieger 1909) drittjüngster Tour-Gewinner aller Zeiten. Im Alter von 22 Jahren schrieben sich auch Octave Lapize (1910), Philippe Thys (1913), Romain Maes (1935), Felice Gimondi (1965) und Laurent Fignon (1983) ins Palmarès der Rundfahrt ein.

Vor Bernal hatten seine Landsleute Victor Hugo Pena (2003) und Fernando Gaviria (2018) das Maillot jaune getragen, Lucho Herrera (1985, 1987), Santiago Botero (2000), Marc Soler (2007) und Nairo Quintana (2013) die Bergpreiswertung der Tour gewonnen, doch einen Gesamtsieg schafften die Kolumbianer vor 2019 nicht. Sie kennen die Tour de France seit 1975, als Martin Emilio „Cochise“ Rodriguez als erster Lateinamerikaner im Bianchi-Team um Leader Felice Gimondi an der Rundfahrt teilnahm und sie auf Rang 27 beendete.

Zufall

Ob aus der Bindung Bernals mit der Tour de France eine über Jahre andauernde Liaison wird, wie viele es vermuten, muss abgewartet werden. Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass man mit derartigen Prognosen vorsichtig umgehen sollte. Als Jan Ullrich im Jahre 1996 Bjarne Riis zum Sieg führte und zwölf Monate später im Alter von 23 Jahren die Frankreich-Rundfahrt gewann, wurde er jenseits der Mosel wie der neue Messias gepriesen. Am Tag seines Triumphes sagten selbsternannte deutsche Experten ihm mindestens ein halbes Dutzend Toursiege voraus. Pustekuchen!

Bernal verdankt seinen Erfolg eigentlich einem Zufall. Nach dem Sieg bei Paris-Nice und dem dritten Rang in der „Volta Ciclista y Catalunya“ (hinter seinem Landsmann Miguel Angel Lopez Moreno und dem Briten Adam Yates) sollte er für das von Sky in Ineos umgetaufte britische Team den Giro fahren (und erfolgreich sein), doch stürzte er eine Woche vor Beginn der Italien-Rundfahrt und zog sich einen Schlüsselbeinbruch zu.

Schweren Herzens musste er absagen. Er bestritt danach die Tour de Suisse – die er gewann – und wurde neben Vorjahressieger Geraint Thomas als Co-Leader in die Tour-Mannschaft von Ineos berufen. Der 22-Jährige (geb. am 13.1.1997 in Zipaquira) lernte das Rennfahrerhandwerk auf einem Mountainbike (u.a. Silber 2014 und Bronze 2015 bei der Jugend-WM). Sein erstes großes Rennen auf der Straße, die Tour de l’Avenir, gewann er im Sommer 2017. Letztes Jahr wurde er kolumbianischer Meister im Einzelzeitfahren, trug neben der Kolumbien- auch die Kalifornien-Rundfahrt davon und holte sich eine Etappe der Tour de Romandie.

Doublé

Als er an den Start zur Tour de France 2019 ging, hatte Bernal genau 30 Renntage in den Beinen. Bis in die Alpen fuhr er relativ unauffällig und beschränkte sich genau wie sein Teamkamerad Geraint Thomas darauf, keine Zeit auf die direkten Mitfavoriten einzubüßen. Ein erstes Mal ging der Kolumbianer auf der 18. Etappe im Anstieg des Col du Galibier aus der Reserve, wobei er sich für den Gesamtsieg empfahl. Tags darauf wiederholte er seinen Angriff (diesmal im Col de l’Iseran) und fuhr auf der höchsten Passstraße Europas, wo das Rennen wegen Hagelschauern und Schlammlawinen im Tal neutralisiert wurde, ins Maillot jaune. Am Samstag brauchte er dieses Trikot nur noch zu verteidigen. Das gelang ihm problemlos.

Im Ziel legte Geraint Thomas den Arm um seine Schulter, so als ob er sagen wollte: „Seht her, wir sind ein Team“. Der Ineos-Mannschaft, die vorher Sky hieß, war damit zum zweiten Mal nach 2012 (1. Bradley Wiggins, 2. Chris Froome) ein Doublé gelungen. In der Tour sind solche „Doppelschläge“ relativ selten. Im Jahr 1996 gewann Bjarne Riis vor Jan Ullrich (beide Telekom), 1985 Bernard Hinault vor Greg LeMond (La Vie Claire) und 1986 Greg LeMond vor Bernard Hinault (ebenfalls La Vie Claire). Auch die Doublés Maillot jaune – Maillot blanc sind an einer Hand abzuzählen: 1983 Laurent Fignon, 1997: Jan Ullrich, 2007: Alberto Contador, 2010: Andy Schleck, 2019: Egan Bernal.

Kämpferisch

In der abwechslungsreichsten, spannendsten und schönsten Tour de France der letzten 30 Jahre hatte es lange danach ausgesehen, als ob Frankreich erstmals seit Bernard Hinault (1985) wieder an den Sieg anknüpfen könnte. Julian Alaphilippe war der strahlende Held der ersten zweieinhalb Wochen, er trug das Gelbe Trikot an 14 Tagen, ehe er sich und seinen Landsleuten eingestehen musste, dass er (noch) nicht reif für das Hochgebirge ist.

Mit Thibaut Pinot, dem „Held der Pyrenäen“, hatte der Mannschaftsgefährte von Bob Jungels für wahre Begeisterungsstürme im Land gesorgt. Als der eine verletzt aufgeben und der andere sich dem Gesetz des Stärkeren beugen musste, schlug die Stimmung von „himmelhochjauchzend“ auf „zu Tode betrübt“ um. Alaphilippe fiel auf den 5. Gesamtrang zurück, noch hinter die beiden emsigsten Hinterradlutscher der Tour, den Holländer Steven Kruiswijk (3. und damit auf dem Podium) und den Deutschen Emanuel Buchmann (Platz 4). Ein kleiner Trost für Alaphilippe war seine Wahl zum „kämpferischsten Fahrer“ der Tour und die Gewissheit, mindestens genauso populär zu sein wie Peter Sagan, der zum 7. Mal das Punkteklassement um das Maillot vert gewann.

Josy Miersch Junior
30. Juli 2019 - 13.40

Luxemburger Radsport, was nun ? Schade dass Jakob FUGLSANG und vor allem Thibaut PINOT ausgefallen sind., es wäre noch spannender gewesen. J.A., sicher nicht mein Freund wegen seinen extrem nervösen Auftritten kam mit seinem 5ten Platz nicht viel weiter als unser Bob National letztes Jahr. Hier fehlt wie immer die starke Mannschaft mit der man nur überhaupt eine TdF gewinnen kann. Für die beiden fehlt trotzdem nicht ganz viel zum TdF Sieg. Die Hoffnung stirbt zuletzt ! Der Etappensieg am Berg von Michel RIES in diesem Sommer war eine grosse Freude.