So erinnerte Marc Spautz eingangs der Sitzung an die schwierigen Zeiten für Kinder und Jugendliche, besonders während der Zeiten des Covid-bedingten Lockdowns. „Bleif doheem“ statt „Genéiss deng Jugend“, habe es für die jungen Menschen geheißen. Bei einigen habe die Situation zu Depressionen bis hin zu Suizidgedanken geführt. Dabei habe die Jugend alles richtig gemacht, sei zu Hause geblieben, habe den Kontakt mit vulnerablen Großeltern z.B. gemieden, habe Distanz zu Freunden gewahrt usw.
Spautz betonte weiter, die Jugendlichen hätten sich nicht mehr sozial eingebunden gefühlt, ohne Mitspracherecht und mit ungewissen Zukunftsperspektiven konfrontiert. Das Phänomen der Vereinsamung sei sehr real gewesen, besonders da Sport und Kultur in den Vereinen kaum mehr möglich waren. In Ausbildung und Beruf seien Praktika abgesagt worden, Schultage fielen aus. Der Redner ging weiter auf die sozialen Unterschiede ein, die ein mehr oder weniger gutes Leben mit der Pandemie ermöglichten. Wer etwa keinen Garten zur Verfügung hatte, litt mehr unter der Krise als Kinder von Eigenheimbesitzern mit Gelände.
Wie viele der Nachredner verwies Spautz darauf, dass die Verhandlungen zwischen Psychologen und CNS noch immer nicht abgeschlossen wurden und so Therapiesitzungen immer noch nicht vergütet werden; dies bei einer ohnehin unzureichenden entsprechenden Betreuung der jungen Menschen.
Auch Claude Lamberty (DP) ging auf die Unruhe, die zahlreichen offenen Fragen, die Unsicherheit der Jugend im Rahmen von Covid ein. Suchtprobleme hätten etwa zugenommen, so der Redner, der eine Reihe staatlicher Maßnahmen aufzählte, die hier gegensteuerten.
Die Entscheidung, die Schulen so lange wie möglich offenzulassen, war laut Francine Closener (LSAP) die richtige. Es sei den jungen Menschen recht gut gelungen, zurück zur Normalität zu finden – dies, nachdem die Lebensqualität während der Pandemie für diese Generation stark abgenommen habe. Closener machte besonders auf jene Kinder und Jugendliche aufmerksam, die Familienangehörige durch Covid verloren haben, ein traumatisches Erlebnis, das evtl. nach einer besonderen Betreuung verlange. Sie verwies weiter auf die Bedeutung der drei Bs: Bindung, Bildung, Bewegung, und regte an, besonders in den Grundschulen mit multidisziplinären Teams, zusammengesetzt auf Psychologen, Sozialarbeitern und Erziehern, den Kindern hilfreich zur Seite zu stehen.
Ungleichheiten wurden verstärkt
Der Jugend zuzuhören und auf Augenhöhe mit ihr über ihre Probleme zu diskutieren, dies verlangte Djuna Bernard („déi gréng“), die unterstrich, dass die Herausforderungen der Pandemie bei manchen Kindern und Jugendlichen zu negativen Gedanken geführt haben. Die Nachwehen von Covid müssten jetzt aufgearbeitet werden, auch mit Unterstützung von Psychologen und Psychiatern. Die Tarifstruktur der Psychologen müsse endlich stehen.
Jeff Engelen (ADR) verwies u.a. darauf, dass die Ängste und Probleme der Jugend ernst genommen werden müssten und lobte die Flexibilität des Lehrpersonals im Rahmen der Krise. Auf die Zunahme von Depressionen und Suizidgedanken müsse reagiert werden, so der Abgeordnete, der auf Kinder verwies, die mittlerweile Gesichter ohne Münder und Nasen malten: eine Reaktion auf die Maskenpflicht in Schulen, die er ablehnt.
Die systemischen Defizite der Gesellschaft seien durch die Pandemie verdeutlicht worden, so Myriam Cecchetti („déi Lénk“), die darauf verwies, dass die Jugendlichen Autonomie eingebüßt hätten und sich weniger am sozialen Leben beteiligen konnten. Unter dem gesellschaftlichen Streit zwischen Geimpften und Ungeimpften hätten die Jugendlichen besonders stark gelitten, zumal sie erst spät das Recht zur Impfung bekamen.
Proaktives psychologisches Vorgehen verlangte Sven Clement (Piraten), der nicht nur forderte, dass endlich Tarife der Psychologen ausgehandelt werden müssten, sondern auch eine Steuerreform, um die Geldsorgen vieler Familien, die besonders auf die Kinder abfärbten, entschärfen zu können.
Paul Galles (CSV) verwies abschließend u.a. darauf, dass bei Betrachtung der Nachwirkungen der Pandemie die Unterschiede zwischen den Geschlechtern berücksichtigt werden müssten und warnte davor, dass der Wunsch vieler, Verpasstes nachzuholen, etwa zu gefährlich mehr Alkoholkonsum bei Jugendlichen führe.
Sven Clement (Piraten) und Laurent Mosar (CSV) hatten eine Aktualitätsdebatte und eine Fragestunde zum Thema digitale Chat-Überwachung, ein Projekt der EU-Kommission, angefragt. Beides wurde gemeinsam behandelt und alle Fraktionen und Parteien äußerten sich skeptisch bis ablehnend zu den Kommissionsplänen.
Im Rahmen des Kampfes gegen Kindesmissbrauch, bzw. gegen Pedopornografie, hat die Kommission ein Paket vorgeschlagen, zu dem neben einer Reihe von kaum kritisierten Maßnahmen auch der Vorschlag gehört, dass Betreiber sämtlicher elektronischer Plattformen im Internet sämtliche Kommunikationen mittels technischer Mittel auf kinderpornografisches Material überprüfen und gegebenenfalls im Verdachtsfall einer öffentlichen Stelle melden sollen.
„Eine falsche Überwachungsmaßnahme“
Für Clement ein Verstoß gegen das Briefgeheimnis, eine Maßnahme, die nur dazu führe, dass Kriminelle auf andere Medien (etwa das Darknet) ausweichen und unschuldige Bürger in Verdacht geraten könnten. Massenüberwachung, Generalverdacht, Verstoß gegen Bürgerrechte, so lauteten die Vorwürfe zu den Kommissionsplänen. Justizministerin Tanson, die im Übrigen darauf verwies, dass die deutsche Regierung den Vorschlag in der Form nicht mittragen wolle, kündigte an, auch Luxemburg werde eine Nachbearbeitung der Kommissionspläne verlangen.
Nach einem Gutachten der wissenschaftlichen Zelle des Parlamentes war ein Finanzierungsgesetz zur „Superdreckskëscht“ (SDK) notwendig, wie der Abgeordnete François Benoy („déi gréng“) erläuterte. 2005 wurde ein entsprechendes Gesetz zu einem Vertrag mit der SDK zwar gestimmt; dieses genügte aber nicht, siehe Artikel 99 der Verfassung. So sehe das vorliegende Gesetz, das den Zeitraum 2018 bis 2028 umfasse, eine maximale Summe von 112 Millionen vor, die je nach Bedarf und Abrechnungen an die Firma OSL (Oeko Service Luxembourg), Betreiber der SDK, vergütet werden sollen.
Der CSV-Abgeordnete Gilles Roth (CSV) listete eine ganze Reihe von Punkten auf, die nicht korrekt seien. Unter diesen Ungereimtheiten nannte er Ausschreibungen, die der Firma auf den Leib geschrieben worden seien, die Nähe, resp. Freundschaft des ehemaligen Direktors der Umweltverwaltung zum Chef der OSL, die etwa dazu geführt habe, dass der Sohn des Beamten als Direktor einer SDK-Akademie eingestellt wurde. Die Firma sei zudem undurchsichtig aufgestellt, die Rechnungen würden teils manuell verbessert … Roth warf die Frage auf, ob es nicht etwa strafrechtlich relevante Missstände gegeben habe und verlangte später eine parlamentarische Untersuchungskommission via Resolution.
Max Hahn (DP) verwies auf ein Audit, das bereits vom Umweltministerium in Auftrag gegeben worden war; Verbesserungen habe es mittlerweile bei der SDK gegeben und sollte etwas nicht korrekt gelaufen sein, so müsse dies aufgearbeitet werden.
Die gute Arbeit von SDK wurde von Stéphanie Empain („déi gréng“) aufgegriffen, die aber auch die freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem ehemaligen Direktor der Umweltverwaltung und dem OSL-Boss anerkannte. Laut Audit habe es aber keine Irregularitäten gegeben.
Fred Keup (ADR) bestritt dies vehement und verlangte ein unabhängiges Audit, während auch Myriam Cecchetti („déi Lénk“) zahlreiche offene Fragen in dem Dossier ausmachte. Vorwürfe, z.B. was die Ausschreibung der SDK betrifft, formulierte auch Pirat Marc Goergen, ehe die neue Umweltministerin das Wort ergriff.
Ministerin beruft externen Experten
Joëlle Welfring („déi gréng“) verwies darauf, dass sie das Projekt von insgesamt acht Vorgängerregierungen geerbt habe, versprach aber, im Sinne der Transparenz, einen externen Experten mit der Untersuchung und Aufklärung des Dossiers zu beauftragen und die Resultate dieser Arbeit regelmäßig dem Parlament mitzuteilen. Eine Reihe der Vorwürfe versuchte die Ministerin, die einst Vize-Direktorin der Umweltverwaltung war, von der Affäre aber nichts mitbekommen zu haben angab, zu entkräften. Sie habe, ebenso wenig wie ihre Vorgängerin, hier irgendetwas zu verheimlichen und trete für komplette Transparenz ein.
Trotz heftigen rhetorischen Austauschs wurde das Finanzierungsgesetz mit den Stimmen der Mehrheit verabschiedet; eine Untersuchungskommission wurde abgelehnt.
Nach sieben Stunden Sitzung stellte François Benoy („déi gréng“) schließlich das letzte Gesetzesprojekt der Sitzung an: Die Beggener Kläranlage wird von der Stadt Luxemburg ausgebaut und der Staat wird sich mit 118 Millionen Euro an diesem Projekt beteiligen. Mit großer Mehrheit wurden die Gelder zu später Stunde vom Parlament bewilligt.
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