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Stolpersteine in Esch (3)Die Pferdehändler-Familie Nathan aus der rue de la Libération 

Stolpersteine in Esch (3) / Die Pferdehändler-Familie Nathan aus der rue de la Libération 
Die Stolpersteine der Familie Nathan in der rue de la Libération Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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In der Escher rue de la Libération liegen am Haus mit der Nummer 8 drei Stolpersteine vor der ehemaligen Pferdehandlung der jüdischen Familie Nathan: Sie erinnern an Léopold, seine Ehefrau Agathe sowie an ihren am 17. Oktober 1921 in Esch geborenen Sohn Roger.

Die Stolpersteine

Stolpersteine sind kleine Gedenksteine, die im Straßenpflaster eingelassen sind und an die Opfer des Holocaust erinnern. Die Idee stammt von dem deutschen Künstler Gunter Demnig, der 1992 die ersten Steine in Köln verlegte. Seitdem hat sich das Projekt stetig weiterentwickelt und verbreitet. Bis heute wurden in 31 Ländern Europas 100.000 Steine (Stand 26.5.2023) verlegt, hiervon 30 Steine in Esch/Alzette. Die bewusste Platzierung im Alltagsleben erzeugt eine symbolische „Stolperfalle“, die die Passanten zum Innehalten und Nachdenken über das Schicksal dieser Opfer anregt. Das Tageblatt beleuchtet in seiner Sommerserie das Schicksal der Opfer-Familien. Nach den Familien Adler und Freymann wird in Teil drei das Leben der Nathans aus der rue de la Libération beleuchtet. 

Léopold Nathan wurde am 6. September 1884 in Dippach geboren. Am 26. Dezember 1907 heiratet er die aus Verny (Frankreich) stammende Agathe Moyse. Elf Jahre nach der Eheschließung ließ sich die Familie mit ihren Kindern in Esch/Alzette nieder. Wie aus einer am 18. Januar 1918 im Escher Tageblatt erschienen Anzeige hervorgeht, wohnte die Familie seit dem 1. Januar jenes Jahres in der Escher Neustraße 8 (heutige rue de la Libération), wo sie auch ihren Pferdehandelbetrieb hatte.

Nach der deutschen Invasion im Mai 1940 wurde die Familie zusammen mit den beiden Brüdern von Léopold Nathan und deren Familie nach Südfrankreich evakuiert. Die gesamte Familie ließ sich in Verteuil-sur-Charente nieder.
In Folge der Niederlage Frankreichs konnten die Nationalsozialisten die Juden auch hier verfolgen. Sowohl im sogenannten „freien“ als auch im besetzten Frankreich lehnte ein Teil der Bevölkerung die Razzien gegen Juden ab.

Nach der Einführung des Judensterns trugen manche französische Nichtjuden, um ihre Solidarität zu bezeugen, einen Stern mit Fantasie-Aufschriften wie beispielsweise „Jenny“ oder „Papou“. Allerdings gab es auch Kollaborateure, die den „Fängern“, wie die Polizisten oder Gendarmen genannt wurden, die flüchtenden Juden meldeten. Beispielsweise der Arzt Laurent Viguier, der in einem Bericht darlegte, dass eine Familie Levy, die nach Verteuil geflüchtet war, dort einen lukrativen Pferdehandel betrieb und weitere 20 Juden um sich versammelt habe, die sich sogar Vorräte für den Winter anlegen würden.

Viguier meldete: „Der Bürgermeister muss den Präfekten in Kenntnis setzen, damit er seine Pflicht tut.“ Zu den von Viguier am 28. Oktober 1942 Verratenen gehörten die neun Mitglieder der Familie Nathan. Nach ihrer Verhaftung durch die Gendarmerie wurden sie in das berüchtigte Internierungslager Drancy unweit von Paris deportiert. Am 3. November 1942 wurden sie mit dem Transport Nr. 40 nach Auschwitz gebracht und unmittelbar nach ihrer Ankunft in der Gaskammer ermordet.

Anzeige aus dem Escher Tageblatt vom 18. Januar 1918
Anzeige aus dem Escher Tageblatt vom 18. Januar 1918 Foto: Tageblatt
Miette
16. August 2023 - 22.34

Die Stolpersteine sind eine sehr wertvolle Initiative. Ich nehme mir sehr oft einige Momente der Stille an diesen Mahnmalen. Einfach kurz stehenbleiben und an die unschuldigen Opfer denken.
Ich denke dann oft an meinen "Bompa" aus Belgien; welcher Roma war und das Glück hatte zu überleben.

Robert Hottua
16. August 2023 - 21.25

Auch in Frankreich gab es viele vom Nobelpreisträger Alexis CARREL überzeugte akademische Rassenhygieniker. Im Roman "Le boulevard des idiots" berichtet der Autor Patrick PÉCHEROT davon.
MfG
Robert Hottua