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ForumDie lebendige Stadt als Schlüssel für einen sicheren öffentlichen Raum

Forum / Die lebendige Stadt als Schlüssel für einen sicheren öffentlichen Raum
Die Stadt Luxemburg soll auch Frauen Sicherheit bieten. Dafür muss bei der Stadtplanung allerdings umgedacht werden.  Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die Sicherheitsfrage in der Hauptstadt hat sich den letzten Jahren fast ausschließlich um den Mangel an Polizeipräsenz und die Kontroverse des Einsetzens privater Sicherheitsfirmen gedreht. Einen nachhaltigen und nicht auf repressive Mittel setzenden Lösungsansatz suchte man indessen vergeblich.

Wenngleich die Stadt Luxemburg hinsichtlich der „persönlichen Sicherheit“ als sicherste Stadt der Welt gilt1), so haben die öffentliche Debatte und der Unmut vieler BürgerInnen rund um die Sicherheit stark zugenommen. Dieses Paradox kann man nicht mit trockenen Fakten über Stabilität und tiefe Kriminalitätsraten aus der Welt schaffen, da es bei diesen Diskussionen in erster Linie nicht um Zahlen und Fakten geht, sondern um das Sicherheitsgefühl der Menschen in der Stadt, welches sehr ernst zu nehmen ist.

Einen zunehmenden Mangel des Sicherheitsgefühls der BürgerInnen kann man nicht ausschließlich mit Repression angehen, da eine ständige flächendeckende Polizeipräsenz für die öffentliche Hand untragbar ist und eine sehr starke Polizeipräsenz wiederum auch dazu führen kann, dass sich Menschen noch unsicherer fühlen. Um dieses Problem zu überwinden, muss man tiefer schürfen und den Ursprung des Übels angehen, indem man soziale und vor allem städtebauliche Ansätze verfolgt.

Tatsache ist, dass das Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum von Männern und Frauen unterschiedlich empfunden wird. Frauen fürchten sich in der Regel mehr als Männer. Dies hat unterschiedliche Gründe, ist jedoch vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: das raumdominierende männliche Verhalten und die Sozialisation. Die „weibliche Angst“ ist keine angeborene Eigenschaft von Frauen, sondern das Ergebnis einer Erziehung, bei der vor allem Mädchen von klein auf zur Vorsicht erzogen werden. Dazu gesellt sich eine sensationsheischende Berichterstattung über Gewaltverbrechen gegen Frauen im öffentlichen Raum und Belästigungen im Alltag.2) Da Menschen wenig Kontrolle über andere Menschen in ihrer Umgebung haben, wird die Angst vor Verbrechen auf bestimmte Orte und Tageszeiten, wie dunkle Gassen, Parks, Nischen usw., umgeleitet.3) Eine sichere Stadt ist also eine Stadt, die so gestaltet ist, dass es so wenig wie möglich Angsträume gibt, indem der urbane Raum die Bedürfnisse aller Menschen abbildet.

Von Männern für Männer geplant

Dies ist aktuell meistens, auch in der Stadt Luxemburg, nicht der Fall. Städte werden prinzipiell von Männern für Männer geplant und gebaut. Wenn auch „die Stadtplanung sich selbst als objektives, rationales und wissenschaftliches Forschungs- und Praxisgebiet begreift, die darauf ausgerichtet ist, Wachstum und Entwicklung zu steuern oder zu fördern und Dienstleistungen für einen gesichtslosen imaginären ‚Bürger‘ zu erbringen“,4) ist es in der Praxis allerdings so, dass dieser „imaginäre Bürger“ ein Mann war und meist noch immer ist.

Vor allem alte Städte wie Luxemburg wurden ausschließlich von Männern geplant und somit fehlt die Perspektive der Frau und die Gestaltung der Stadt nach ihren Bedürfnissen. Hier kommt die „gendergerechte Stadtplanung“ ins Spiel, dessen Vorreiterin, die Raumplanerin Eva Kail, diese Form der Planung als „den KonsumentInnenschutz in der Planung“ beschreibt. In der gendergerechten Stadtplanung geht es darum, Städte für alle Geschlechter attraktiver zu machen und sowohl „die Lebensrealität der Personen, die mit Haus- und Erziehungsarbeit betreut sind, wie derer, die morgens zur Arbeit fahren und abends wiederkommen“5) zu berücksichtigen.

Die Stadt, die eigentlich durch ihre Dichte und die Vielfalt an Dienstleistungen die ideale Umgebung für die Doppelbelastung durch bezahlte und unbezahlte Arbeit für viele Frauen und Männer ist, sollte zu keiner Tageszeit an keinem Ort die Menschen aus Angst dazu zwingen, Umwege zu gehen und sich die Schlüssel zwischen die Finger klemmen zu müssen. Ältere Städte, wie auch die Hauptstadt Luxemburg, mit ihren engen Straßen, nicht einsehbaren Nischen und Ecken, können das subjektive Sicherheitsgefühl negativ beeinflussen.

Eine Stadt der toten Bereiche

Da man unsere Hauptstadt mit vielen geschützten Stadtteilen, der Altstadt und rund um das Bahnhofsviertel nicht einfach umplanen und umbauen kann, gibt es andere Lösungen, um das Problem des Sicherheitsgefühls anzugehen, damit die BürgerInnen nicht weiterhin verschiedene Orte umgehen oder gar ganz meiden. Ein grundlegendes Problem ist der Mangel der Übersichtlichkeit dieser Orte, daher muss auf eine mit Bewegungsmeldern ausgestattete flächendeckende nächtliche LED-Beleuchtung in allen Vierteln der Stadt gesetzt werden. Des Weiteren muss die Einsehbarkeit dunkler Ecken6) erhöht werden und nicht einsehbare Nischen in Parks abgeschafft werden.

Das größte Problem betrifft jedoch die fehlende abendliche und nächtliche Lebendigkeit in der Stadt Luxemburg. Durch eine unverantwortliche Politik der monofunktionalen Strukturen7) erschufen die politischen Verantwortlichen der Stadt Luxemburg eine Stadt der toten Bereiche, welche das Unsicherheitsgefühl der BürgerInnen genährt haben. Um das Sicherheitsgefühl zu erhöhen, muss die Stadt so organisiert sein, dass die Straßen belebt sind und Zufluchtsorte ermöglichen. Das heißt, es muss erstens vermehrt auf multifunktionale, gemischte Strukturen gesetzt werden, sprich Gebäude, die die verschiedenen Nutzungszwecke wie Wohnen, Arbeiten, Kulturangebot vereinen. Und zweitens muss die multitemporale Nutzung der Gebäude8) zur Regel in der Hauptstadt werden, indem man überall, wo es möglich ist, auf einen Mix von Geschäften, Restaurants und Bars mit unterschiedlichen Öffnungszeiten setzt.

Eine weitere Maßnahme betrifft das Planen von neuen Wohnvierteln oder den Bau von städtischen Wohngebäuden, indem darauf geachtet wird, dass Aufenthaltsräume zur Straße orientiert sind und Plätze und Straßen übersichtlich gestaltet werden, damit die Straßen lebendiger sind. Mit einer gezielten Planung kann man sowohl bestehende als auch neue Viertel in der Hauptstadt zum Leben erwachen lassen und Räume mit „sozialen Augen erschaffen“. Damit sich in Zukunft Männer und vor allem Frauen in unserer Stadt wieder wohlfühlen können, „muss das subjektive Sicherheitsgefühl mit der physischen Infrastruktur gestärkt werden.“9)


1) Tageblatt (2019, 13. März). Luxemburg ist die sicherste Stadt der Welt – sagt jedenfalls die neue Mercer-Studie, https://www.tageblatt.lu/headlines/luxemburg-ist-die-sicherste-stadt-der-welt-sagt-jedenfalls-die-neue-mercer-studie/

2) Kern, L. (2020), Feminist City, 1. Aufl., Unrast-Verlag, S. 157-158

3) Kern, L. (2020), Feminist City, 1. Aufl., Unrast-Verlag, S. 160

4) Kern, L. (2020), Feminist City, 1. Aufl., Unrast-Verlag, S. 166

5) Zeit Online (2021, 13. Februar). „Wir müssen das Dorf zurück in die Stadt bringen“, https://www.zeit.de/mobilitaet/2021-02/stadtplanung-wien-eva-kail-gender-planning-frauen

6) Kern, L. (2020), Feminist City, 1. Aufl., Unrast-Verlag, S. 165

7) Zeit Online (2021, 13. Februar). „Wir müssen das Dorf zurück in die Stadt bringen“, https://www.zeit.de/mobilitaet/2021-02/stadtplanung-wien-eva-kail-gender-planning-frauen

8) Enorm Magazin (2021, 2. Juni). Wie wir Städte frauenfreundlicher gestalten, https://enorm-magazin.de/gesellschaft/gleichstellung/gendergerechte-stadtplanung-mehr-raum-fuer-frauen

9) Zeit Online (2021, 13. Februar). „Wir müssen das Dorf zurück in die Stadt bringen“, https://www.zeit.de/mobilitaet/2021-02/stadtplanung-wien-eva-kail-gender-planning-frauen

* Maxime Miltgen ist Co-Spitzenkandidatin der „Stater Sozialisten“ und Präsidentin der „Femmes socialistes“.

Glariana
25. Oktober 2022 - 11.34

"Ein grundlegendes Problem ist der Mangel der Übersichtlichkeit dieser Orte, daher muss auf eine mit Bewegungsmeldern ausgestattete flächendeckende nächtliche LED-Beleuchtung in allen Vierteln der Stadt gesetzt werden. "

Genau. Die Leute die jemanden niederschlagen, brauchen Licht um die Taschen zu durchwühlen.