Die Verbraucherpreise stiegen auch im August um 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Eurostat am Donnerstag nach einer ersten Schätzung mitteilte. Experten hatten dagegen mit einem Rückgang auf 5,1 Prozent gerechnet. Schon im Juli hatte die Teuerung bei 5,3 Prozent gelegen, nach 5,5 Prozent im Juni.
Die Kernrate, in der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise sowie Alkohol und Tabak ausgeklammert bleiben, ging allerdings auf 5,3 Prozent nach einem Vormonatswert von 5,5 Prozent zurück. Die Europäische Zentralbank (EZB) achtet genau auf diese Rate. Denn sie gilt als wichtige Messgröße für die zugrundeliegenden Inflationstrends.
„Der Stillstand bei der Gesamtinflationsrate und der langsame Rückgang bei der Kernrate zeigen, dass immer noch zu viel Druck auf dem Inflationskessel ist“, kommentierte Volkswirt Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe die Daten. Für die EZB könne deshalb der Kampf gegen die Inflation noch nicht beendet sein. „Eine weitere Leitzinserhöhung bleibt auf der Agenda“, merkte er an. Aus Sicht von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, gibt es zu einer erneuten Zinsanhebung im September keine Alternative. Die EZB strebt 2,0 Prozent Teuerung als optimales Niveau für die Währungsgemeinschaft an. Dieses Ziel liegt nach den neuen Daten aber noch weit entfernt. Die nächste EZB-Zinssitzung ist in zwei Wochen am 14. September.
Neun Zinserhöhungen in Folge
Die EZB hat seit Sommer vergangenen Jahres im Kampf gegen den kräftigen Preisschub bereits neunmal in Folge die Zinsen angehoben, zuletzt im Juli um einen viertel Prozentpunkt. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt inzwischen bei 3,75 Prozent. Im Juni 2022 hatte dieser noch bei minus 0,5 Prozent gelegen. Wie es mit dem Straffungskurs weitergehen soll, ließ EZB-Chefin Christine Lagarde aber zuletzt offen. EZB-Direktorin Isabel Schnabel merkte am Donnerstag an, die Zentralbank könne den Zinsgipfel nicht vorhersagen.
Sorge bereitet den Währungshütern derzeit die sich eintrübende Konjunktur in der 20-Länder-Gemeinschaft, wobei Deutschland derzeit das größte Sorgenkind ist. So hat sich die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft zuletzt weiter eingetrübt. Das Ifo-Geschäftsklima ist inzwischen das vierte Mal in Folge gesunken. Auch Umfragen für den gesamten Euroraum, wie etwa die jüngste Erhebung zur Stimmung unter den Verbrauchern, zeichneten ein trübes Bild. Die EZB will aber tunlichst vermeiden, dass die Wirtschaftsaktivitäten durch ihren Straffungskurs abgewürgt werden. Manche Währungshüter wie etwa Portugals Notenbankchef Mario Centeno mahnen daher zur Vorsicht bei weiteren EZB-Beschlüssen.
Andere Euro-Wächter wie etwa Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann sehen den Zinsgipfel aber noch nicht erreicht. „Es könnte sein, dass wir noch eine weitere Anhebung oder zwei unternehmen“, sagte er am Donnerstag auf dem Reuters Global Markets Forum. Wegen der Konjunktursorgen hatte zuletzt Insidern zufolge die Wahrscheinlichkeit einer Zinspause zugenommen. Die Debatte in der EZB sei aber noch nicht abgeschlossen, hatten mehrere mit den Diskussionen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters gesagt.
Lebensmittelpreise steigen kräftig
Ein Grund dafür, dass die Inflation im August nicht weiter gesunken ist, sind die nicht mehr so stark rückläufigen Energiepreise. Sie sanken im August gegenüber dem Vorjahresmonat nur noch um 3,3 Prozent. Im Juli war der Rückgang mit 6,1 Prozent noch deutlich kräftiger ausgefallen. Die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak nahmen dagegen um 9,8 Prozent zu nach zuvor 10,8 Prozent. Industriegüter ohne Energie verteuerten sich um 4,8 Prozent. Im Juli hatte der Anstieg bei 5,0 Prozent gelegen. Die Preise für Dienstleistungen zogen um 5,5 Prozent an, nach 5,6 Prozent im Juli.
Nach wie vor zeigen die Inflationsdaten für die einzelnen Länder eine stark unterschiedliche Entwicklung. Während die Teuerung im August nach europäischer Messung in der Slowakei im August bei 9,6 Prozent, in Österreich bei 7,6 Prozent und in Deutschland bei 6,4 Prozent lag, stiegen die Verbraucherpreise in Belgien und in Spanien jeweils lediglich um 2,4 Prozent. Spanien und Belgien wiesen damit jeweils die niedrigste August-Rate aus. Die höchste Teuerung verzeichnete die Slowakei.
Auch in Luxemburg bleibt die Preissteigerungsrate, dem europäischen Berechnungsmodus (IPCH) zufolge, vergleichsmäßig niedrig. Mit 3,5 Prozent liegt die Inflationsrate hierzulande damit aber deutlich über der vom Vormonat, als lediglich zwei Prozent gemessen wurden. Laut den vorläufigen Statec-Berechnungen wird die Jahres-Inflationsrate (IPCN) im August 4,2 Prozent betragen. Endgültige Ergebnisse werden am 6. September veröffentlicht.
@Jill / Und unsere Wirtschaft braucht keine Stütze?
Leicht steigende Inflation, meine lag in einem Jahr bei 17,5%, ohne Energiepreise zu beachten.
Brauche dringend ein ordentliche Deflation.
@JP Grober - Sie können doch China nicht mit dem Euro-Raum vergleichen.
China hat die Zinsen gesenkt um die Wirtschaft zu stützen, weil das Land sich in einer Deflation befindet, was weit aus gefährlicher werden kann, als eine leicht steigende Inflation.
Die Gierflation profitiert so richtig von der Inflation!
Die Chinesen habens gecheckt, Zinssenkungen verordnet.