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DeutschlandDie China-Strategie der Ampel-Regierung

Deutschland / Die China-Strategie der Ampel-Regierung
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sieht China eher als strategischen Rivalen denn als Partner  Foto: Tobias Schwarz/AFP

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Die deutsche Regierung hat sich erstmals umfassende Leitlinien für den Umgang mit der Volksrepublik China gegeben. Nach monatelangen koalitionsinternen Debatten, vor allem zwischen Kanzleramt und Auswärtigem Amt, verabschiedete das Bundeskabinett am Donnerstag eine China-Strategie. Was beinhaltet sie?

83 Wochen hat das Land auf das 61 Seiten starke Papier warten müssen: Am Donnerstag hat das Kabinett erstmals eine umfassende China-Strategie für die deutsche Regierung beschlossen. Das unter Federführung des Auswärtigen Amts erstellte Dokument soll einen Rahmen für die künftigen Beziehungen zu der Volksrepublik setzen, die Deutschlands größter Warenhandelspartner ist.

„Wir stellen uns damit den Herausforderungen, die sich aus Chinas Verhalten der letzten zehn Jahre ergeben. Und wir zeigen Wege und Instrumente auf, wie Deutschland im Herzen Europas mit China zusammenarbeiten kann, ohne unsere freiheitliche demokratische Grundordnung, ohne unseren Wohlstand und unsere Partnerschaft mit anderen Ländern auf dieser Welt zu gefährden. Wir zeigen zugleich, dass wir realistisch sind, aber nicht naiv“, betonte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei der Vorstellung.

„Die China-Strategie gibt unseren Beziehungen einen neuen Rahmen“, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Ziel ist es nicht, uns abzukoppeln“, fügte er hinzu. Deutschland wolle aber in den Handelsbeziehungen „kritische Abhängigkeiten künftig vermeiden“. Mit der Strategie reagiere Deutschland auf ein China, „das sich verändert und offensiver auftritt“.

Für Deutschland bleibt China Partner, Wettbewerber, systemischer Rivale. Aber der Aspekt des systemischen Rivalen ist in den letzten Jahren immer mehr in den Vordergrund getreten.

Annalena Baerbock

Die Strategie war zwischen Kanzleramt und Auswärtigem Amt lange umstritten, Scholz vertritt einen eher chinafreundlichen Kurs, während die Außenministerin China eher als strategischen Rivalen denn als Partner sieht. Der Kanzler etwa setzte eine Minderheitsbeteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco an einer Betreibergesellschaft am Container-Terminal im Hamburger Hafen gegen den Widerstand der Grün-geführten Außen- und Wirtschaftsministerien durch. So kam auch die Vorstellung am Donnerstag eher überraschend zustande. Baerbock sagte dann auch: „Der Prozess war notwendig, aber er hat Zeit gebraucht.“

Abhängigkeiten möglichst mindern

Die Strategie berührt sicherheitspolitische Fragen ebenso wie Fragen der Wirtschaftsbeziehungen und des Wissenschaftsaustauschs. Ausdrücklich benennt sie Differenzen, etwa im Umgang mit Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten. Ein wichtiger Punkt ist zudem die Verringerung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China. Baerbock stellte dann drei Punkte in der Strategie besonders heraus. Zum einen betonte sie: „Wir wollen uns nicht abkoppeln, aber Abhängigkeiten so weit wie möglich mindern.“ China aber habe sich verändert, deshalb müsse sich auch die deutsche China-Politik verändern, sagte Baerbock. „Für Deutschland bleibt China Partner, Wettbewerber, systemischer Rivale. Aber der Aspekt des systemischen Rivalen ist in den letzten Jahren immer mehr in den Vordergrund getreten.“

Um sich unabhängiger zu machen, investiere Deutschland in seine globalen Partnerschaften, sagte Baerbock. So gehe man beispielsweise Rohstoffpartnerschaften in Afrika, Lateinamerika und im indopazifischen Raum ein. Deutschland wolle aber auch die Zusammenarbeit mit China weiter ausbauen – „weil wir sie brauchen“.

Das gelte, so der dritte Punkt, auch für den Kampf gegen den Klimawandel. China verursache zwar fast ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen, nutze aber andererseits die gigantischen Chancen der Energiewende in einem rasanten Tempo. So produziere es mehr Solarenergie als der Rest der Welt zusammen. „Klar ist, ohne China werden wir es weder schaffen, die Klimakrise wirksam einzudämmen, noch zu mehr fairem Wohlstand auf der Welt zu kommen“, sagte Baerbock.

Wichtiger Markt für deutsche Firmen

Großer Streitpunkt in der Strategie war, wie genau die Vorgaben für die Unternehmen sein sollten. Die Regierung erkennt an, dass China ein sehr wichtiger Markt für deutsche Firmen bleiben werde. Eine Abkoppelung vom größten Handelspartner Deutschlands sei nicht geplant. Bei den Investitionsprüfungen für chinesische Firmen in Deutschland sollen vor allem die Bereiche der sogenannten kritischen Infrastruktur und der Medien unter die Lupe genommen werden. Die Außenministerin forderte deswegen auch die deutschen Unternehmen auf, einseitige Abhängigkeiten von China abzubauen und zu vermeiden. Deutschland müsse seine wirtschaftliche Sicherheit stärker in den Mittelpunkt stellen, sagte die Grünen-Politikerin. „Und das heißt vor allen Dingen, Klumpenrisiken, die eben nicht nur Einzelne betreffen, sondern eine gesamte Volkswirtschaft, zu minimieren. Deshalb werden Unternehmen, die sich im hohen Maße vom chinesischen Markt abhängig machen, in Zukunft das finanzielle Risiko verstärkt selbst tragen müssen.“

Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, begrüßte, dass es überhaupt eine Einigung in der Ampel-Regierung gebe. Die Strategie könne nur ein erster Schritt sein, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große-Entrup.

rcz
14. Juli 2023 - 20.33

Die Ampel wird bald erlöschen und die Alternativen werden immer stärker!...