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DeutschlandDie CDU im Bann der AfD-Frage

Deutschland / Die CDU im Bann der AfD-Frage
CDU-Chef Friedrich Merz will 2025 die Ampel Geschichte werden lassen Foto: Christoph Soeder/dpa

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Warum scheint nur die AfD vom Niedergang der Sympathien für die Ampel-Parteien zu profitieren, nicht aber die Union? Auf der Suche nach sich selbst kommt die CDU bei einem kleinen Parteitag an dieser Frage nicht vorbei, werden auch alte Lager wieder sichtbar.

Er nimmt den Namen der Partei dieses Mal nicht in den Mund. CDU-Chef Friedrich Merz spricht an diesem Freitag Nachmittag im Berliner Konrad-Adenauer-Haus in einer bald „fulminant“ genannten Rede nur von „dieser Partei“, vom „rechtsnationalistischen Rand“ und warnt, dass jede Stimme für „eine solche Partei“ eine für die Ampel, für Rot, Grün und Gelb sei. Natürlich meint er die AfD, der von Demoskopen an diesem Tag des kleinen Parteitages der CDU nunmehr 19 Prozent Wahlabsichten in Deutschland zugerechnet werden. SPD, FDP, Grüne verlieren immer mehr Sympathien, die Union bleibt zwar auf Platz eins, kommt von den 29-30 Prozent aber nicht weiter hoch. Warum, fragen sich die gut 130 Delegierten, und auch Merz räumt ein: „Wir könnten noch zulegen.“

Merz selbst legt los mit Helmut Kohl. Er erinnert daran, dass auf die Woche genau vor 50 Jahren der spätere Kanzler die Führung der CDU übernahm und sie inhaltlich neu aufzustellen versprach. Er zitiert aus den fünf Jahrzehnte alten Passagen und stellt fest, dass die CDU nun in genau derselben Situation stecke. Es gibt bei dieser auch zum Schluss der 40-minütigen Rede erneut aufgerufenen Parallele indes ein Problem: Bis Kohl Kanzler wurde, sollten noch neun Jahre vergehen, Merz dagegen will, dass „spätestens“ Ende 2025 „der Spuck vorbei“ sein soll. Das ficht in dem Augenblick im Saal kaum einer an. Denn mental gilt es erst einmal, andere Verwerfungen zu meistern.

Denn auf dem Weg zur Neuaufstellung haben just zum kleinen Parteitag zwei Ministerpräsidenten dem Vorsitzenden Stolperfallen ausgelegt. Daniel Günther aus Kiel warnte kurz vor Beginn in den Medien davor, Debatten „über das Gendern und andere Nebensächlichkeiten“ zu führen. Gemeint war natürlich Merz und seine öffentliche Warnung, dass mit jeder gegenderten Nachrichtensendung „ein paar hundert Stimmen zur AfD“ gingen. Und auch aus Düsseldorf knallte eine doppelte Wortmeldung auf die Tische der Delegierten: NRW-CDU- und -Regierungschef Hendrik Wüst markierte in der FAZ die CDU als „Stabilitätsanker der Mitte“ und warnte seine Partei in der Rheinischen Post davor, der Verlockung eines Fischens am rechten Rand zu erliegen, „auch wenn uns da mancher hindrängen will“.

„Nicht grüner als die Grünen“ werden

Das alles geschieht natürlich vor dem Hintergrund, dass Merz bei Amtsantritt die AfD „halbieren“ wollte und es tatsächlich bislang eine Verdoppelung gegeben hat. Entsteht nun in Berlin also ein Richtungskampf? Der Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, macht jedenfalls schon mal eine Lagerbeschreibung auf. Nachdem Günther und Wüst die Mitte-Orientierung in Abgrenzung nach Rechts betont haben, dreht Winkel die Blickrichtung um, nennt die Energie- und Migrationspolitik als Anknüpfungspunkt und warnt davor, zwei Drittel der AfD-Wähler aufzugeben. Sie müssten vielmehr „wieder für die Mitte begeistert“ werden. Dafür müsse die CDU nicht nur „Fehler“ der zurückliegenden Regierungsjahre aufarbeiten, sie dürfe „nicht grüner als die Grünen“ werden, müsse dabei „hart in der Sache und smart in der Sprache“ sein.

Zuvor hat sich Merz in einer zentralen Stelle seiner Rede bereits für die klare Kante entschieden und die frühere Festlegung verstärkt: „Es wird für uns weder im Europa-Parlament noch im Deutschen Bundestag, noch in irgendeinem Landtag in Deutschland eine Zusammenarbeit mit dieser Partei geben. Es wird sie nicht geben“, erklärt er klipp und klar. Solange die SPD einen Ex-Kanzler in ihren Reihen dulde, der mit dem AfD-Chef in der russischen Botschaft feiere, lasse er sich aus der SPD zu diesem Thema auch nichts sagen.

Doch wird es ein Ringen um die Kanzlerkandidatur geben? Werden erste Reibereien zwischen Merz und Wüst bei diesem Treffen sichtbar werden? Der Europa-Abgeordnete Peter Liese ergreift als Sauerländer das Wort, um den Sauerländer Friedrich Merz in Schutz zu nehmen. Er teile zwar alles, was Wüst gesagt habe, aber das „Zerrbild“, das in vielen Köpfen von Merz existiere, habe nichts mit dem wirklichen Merz zu tun. Auch Merz selbst hat in seiner Rede keinen Bogen um die kniffligen Beiträge von Günther und Wüst gemacht, sondern mehrere Sätze darauf verwendet – endend mit der Bitte, in solchen Beiträgen doch auch auf andere zu verweisen, die ähnlich gute Beiträge geschrieben hätten, denn er könne „keine Widersprüche“ erkennen.

Mehr um die Familien kümmern

Deshalb wird mit gewisser Spannung dem Redebeitrag von Wüst entgegengesehen. Schon beim minutenlangen Applaus für die Rede von Merz war er mit aufgestanden, hatte bis zum Schluss eifrig Beifall gespendet. Nun spricht er auf der Bühne den „lieben Friedrich“ mehrfach an, aber als Umarmung und in Formulierungen, die deutlich machen, dass auch er die Ausrichtung der CDU mit vorgeben will. Er lobt, es sei „CDU pur“, was in dem Antrag von Merz und der Unionsfraktion an „Humanität und Ordnung“ zur Zuwanderung vorgeschlagen werde. Und wie Merz geht auch Wüst mit der Ampel-Politik hart ins Gericht, sieht wie dieser im „elitären Sofortismus“ eine Gefahr für die Demokratie. Bereits vor den Beratungen zum Grundsatzprogramm am folgenden Samstag sieht er die CDU „programmatisch auf Kurs“ und unterstreicht seine Wortmeldung mit der Ansicht Wolfgang Schäubles, der dem „Verbalradikalismus“ eine klare Absage erteilte. Wüst erhält dafür viel Beifall. Auch von Merz.

Bis zum Jahresende will die CDU ihr neues Grundsatzprogramm stehen haben. Vorweg beschließt die Partei beim kleinen Parteitag schon einmal, sich vermehrt um Familien zu kümmern, nicht nur um die klassischen, sondern auch um Alleinerziehende, Familien in prekären Situationen und mit Migrationshintergrund. „Wer soll das denn machen, wenn nicht wir, die wir ein ,C‘ im Namen tragen?“, lautet die Begründung von Merz.

JJ
18. Juni 2023 - 12.10

Die Grünen und die FDP fliegen raus.Wetten? Aber die Heil-Fraktion sollte doch auch im Auge gehalten werden denn die Dummheit grassiert in den Wählerköpfen.