Von einer „erbärmlichen Stimmung“ geht die Rede, von Machtdemonstrationen der politischen Führung. Dem Vernehmen nach ist der Wechsel an der Spitze der Direktion von Lux-Development (LuxDev) ausschlaggebend: Dieser sei nicht so glatt über die Bühne gegangen, wie es in der Öffentlichkeit den Anschein hat. Dem Tageblatt liegt unter anderem ein Brief vor, der ein neues Licht auf die Entwicklungen der letzten Monate wirft.
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Datiert ist das Schreiben auf den 1. März. Adressiert ist es an den damaligen Präsidenten des Verwaltungsrats, den in Zwischenzeit verstorbenen Raymond Bausch. „Depuis plusieurs semaines, des rumeurs circulent quant à un changement au niveau de notre direction générale: M. Gaston Schwartz serait prié de céder sa place en juin de cette année“, heißt es in dem Schreiben, das 18 führende Mitarbeiter der Agentur unterzeichnet haben, darunter die gesamte Direktion und die Delegationspräsidentin.
Es folgt eine Aufzählung der Verdienste von Gaston Schwartz, ein kurzer Rückblick auf die außergewöhnliche Entwicklung der Agentur unter seiner Führung und eine Liste der noch ausstehenden Projekte und Prozesse. „Compte tenu des enjeux suscités, il nous semble préjudiciable de procéder si brusquement à un changement à la tête de l’Agence“, schlussfolgern die Verfasser. Und: „Notre démarche n’a d’autre but que de partager notre appréciation des qualités tant professionnelles qu’humaines de notre Direction générale.“
Rückendeckung des Personals
Auf den ersten Blick handelt es sich bei dem Brief um eine Solidaritätsbekundung loyaler Angestellter für ihren langjährigen Chef. Gaston Schwartz war 1988 gleich nach Abschluss seines Studiums in Zürich als Programmdirektor bei der Regierungsagentur angeheuert worden. In der Folge arbeitete sich der gelernte Bauingenieur zum Operationsdirektor empor, bevor er 2007, unter der Präsidentschaft von Jeannot Waringo, schließlich zum Generaldirektor von LuxDev ernannt wurde.
Bei näherer Betrachtung kommen jedoch Details zutage, die Fragen aufwerfen. Vorwürfe politischer Platzierungen stehen im Raum, von Machtspielen und Druck auf führende Mitarbeiter. Dem Tageblatt liegen übereinstimmende Aussagen von betroffenen Personen vor, die aus Angst vor möglichen Folgen nicht namentlich genannt werden möchten.
Mutmaßungen, dass Tonnars Wechsel zu LuxDev politisch motiviert sei, wurden schon im Land vom 26. August geäußert. Er habe sich lange Zeit nicht politisch engagieren wollen, weil ein hoher Posten im Außenministerium nicht mit einer politischen Funktion vereinbar sei, wird der ehemalige Chef der Kooperationsdirektion in besagtem Beitrag zitiert. Erst als klar gewesen sei, dass er den Staatsdienst verlasse, sei er den Sozialisten beigetreten. Für die LSAP werde Tonnar demnach bei den Gemeindewahlen in der Hauptstadt antreten. Präsident der hauptstädtischen Sektion ist übrigens Kooperationsminister Franz Fayot. Generalsekretär ist Staatsratspräsident Christophe Schiltz.
Letzterer ist kein Unbekannter im Kooperationsministerium. Schiltz wurde Anfang 2020 von Fayot zum Generalkoordinator des Ressorts ernannt und hat nach Tonnars Abgang im Mai dieses Jahres dessen Posten als Chef der „Direction de la coopération au développement et de l’action humanitaire“ übernommen. Damit ist Schiltz automatisch auch Vizepräsident des Verwaltungsrates von Lux-Development. Präsident ist in der Regel der Direktor der „Inspection générale des finances“ (IGF) im Finanzministerium.
Gerüchte schon im Winter 2021
Gegenüber dem Tageblatt spricht ein Mitarbeiter von „politischen Spielchen“. Gerüchte, dass Schwartz durch Tonnar ersetzt werden soll, hätten bereits im Winter 2021 die Runde gemacht. Also lange bevor der Rücktritt offiziell angekündigt und die Stelle im Juni 2022 öffentlich ausgeschrieben wurde. Fast gleichzeitig habe der Generaldirektor seinem Direktionsgremium eröffnet, dass der Kooperationsminister ihn in Rente schicken und Tonnar an seiner Stelle zum Generaldirektor ernennen wolle.
In den Wochen zuvor sei der Generaldirektor nicht mehr er selbst gewesen, so die übereinstimmende Darstellung mehrerer Mitarbeiter. Dann aber habe er plötzlich wieder etwas Mut gefasst und sich dazu entschieden, dem Minister die Stirn zu bieten. Zu diesem Zeitpunkt sei auch unter den Mitarbeitern die Idee herangereift, dem Chef mit einem Brief an den Verwaltungsrat unter die Arme zu greifen. Viel ausrichten konnten sie damit aber nicht.
Der Brief wurde dennoch am 1. März unterzeichnet und dem Präsidenten des Verwaltungsrats zugestellt. Das war zu diesem Zeitpunkt noch Raymond Bausch. Allerdings musste der Direktor der IGF nur wenige Tage später wegen einer schweren Krankheit in Behandlung. Daraufhin übernahm der Vizepräsident die Leitung des Verwaltungsrats – das war im März noch Kooperationsdirektor Manuel Tonnar. Dieser habe den Brief unverzüglich dem Minister weitergeleitet, ohne aber die Mitglieder des Verwaltungsrates darüber in Kenntnis zu setzen.
Erst im Mai habe Tonnar in einer Sitzung seinen Rücktritt als Kooperationsdirektor und Vizepräsident des Verwaltungsrates angekündigt. Dabei soll er zwar von „neuen Herausforderungen“ gesprochen, doch die Ambitionen bei LuxDev mit keinem Wort erwähnt haben. In derselben Sitzung wurde dann auch beschlossen, den Posten bei LuxDev im Juni offiziell auszuschreiben.
Im Anschluss hatte aber nur eine Handvoll Kandidaten Interesse an dem Posten angemeldet. „Das allein ist schon recht merkwürdig: Eine leitende Stelle bei einer weltweit agierenden Agentur mit hervorragendem Ruf müsste eigentlich auf mehr Interesse stoßen“, so ein Insider. Doch seien neben Tonnars Dossier letztendlich nur drei weitere Kandidaturen ausgewählt worden, darunter die vom beigeordneten Generaldirektor Robert de Waha.
Eiszeit bei LuxDev?
„Allein von den Qualifikationen her hätte der Posten an de Waha gehen müssen“, betont der Insider. „Er ist seit 2006 bei LuxDev, hat als rechte Hand von Gaston Schwartz sämtliche Entwicklungen der letzten Jahre mitgetragen. Ein unabhängiges Gremium hätte dessen Verdienste gewürdigt und im Sinne der Kontinuität und des Betriebsklimas entschieden. Allerdings hatte de Waha nie wirklich eine Chance.“
Denn: Die Entscheidung über wichtige Posten bei LuxDev trifft das dreiköpfige „Comité de rémunération“, dem u.a. der Präsident und der Vizepräsident des Verwaltungsrates angehören. Vizepräsident war zu diesem Zeitpunkt Tonnars Nachfolger im Kooperationsministerium, Christophe Schiltz, während sich Präsident Raymond Bausch aus Krankheitsgründen vertreten lassen musste. Nur sei auch dessen Vertretung an diesem Tag verhindert gewesen.
Also saßen die Kandidaten nur zwei Entscheidungsträgern gegenüber: Christophe Schiltz und André Weidenhaupt, beide LSAP-Mitglieder und dem Vernehmen nach enge Vertraute des Kooperationsministers. Auch wenn die Prozeduren auf dem Papier eingehalten wurden, so habe diese Zusammensetzung doch einen faden Beigeschmack: „Beide sind Parteifreunde des Kandidaten und Schiltz hatte als Nachfolger im Kooperationsministerium ein großes Interesse daran, seinem Vorgänger einen Posten zu beschaffen. Schließlich hat dieser ihm den Weg überhaupt erst frei gemacht“, mutmaßt der Insider.
Seitdem herrscht bei LuxDev, so hört man, Eiszeit. Besonders betroffen seien die Angestellten, die am 1. März den Brief zugunsten ihres ehemaligen Vorgesetzten unterzeichnet hatten. „Der Minister hat alle persönlich kontaktiert und zu den Beweggründen befragt. Manchen wurden auch Vorwürfe gemacht, was viele als Drohung interpretiert haben“, so der Insider.
„Die Leute sind inzwischen komplett verunsichert. Sie sehen, was mit Gaston Schwartz passiert ist und trauen sich nicht mehr, wichtige Entscheidungen zu treffen“, heißt es weiter. Der neue Direktor regiere indessen ohne die nötige Dialogbereitschaft, mit der Macht eines Ministers im Rücken. Nur keine Angriffsfläche bieten, laute die Devise bei der Belegschaft. Die Folge: LuxDev befindet sich in einer Art Schockstarre. Man sei auch nicht gegen den Wandel: „Wenn uns der Minister erklärt hätte, dass er die Agentur erneuern wolle und dabei auf die Belegschaft zugegangen wäre, dann hätten wir alle an einem Strang gezogen.“
„Es geht um die Form“
Dass der Wechsel an der Spitze von LuxDev politisch motiviert sei, davon sind inzwischen auch ehemalige Mitglieder des Verwaltungsrates überzeugt. Da der Staat der alleinige Teilhaber des Unternehmens ist, wurde der Verwaltungsrat in den letzten Jahren mit ranghohen Beamten und Vertretern der Zivilgesellschaft besetzt, darunter Mitglieder der Berufskammern sowie der Gewerkschaften LCGB und OGBL. Für den unabhängigen Gewerkschaftsbund war bis zuletzt noch Véronique Eischen im Verwaltungsrat von LuxDev vertreten.
Allerdings wurden im Oktober vier Stellen im Verwaltungsrat gestrichen. Und das aus heiterem Himmel und ohne Angabe einleuchtender Beweggründe, wie Véronique Eischen – immerhin Mitglied des Exekutivbüros beim OGBL – verrät. Vizepräsident Christophe Schiltz habe sie Anfang Oktober lediglich telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt, dass man einen solchen Schritt ins Auge fasse. „Zu diesem Zeitpunkt aber war noch eine Sitzung für den 19. Oktober geplant, in der ich meine Bedenken zu diesem Vorhaben äußern wollte“, so die erfahrene Gewerkschaftlerin.
Dazu sei es aber nicht mehr gekommen: Die Sitzung wurde abgesagt. Stattdessen sei im Rahmen einer eiligst einberufenen Generalversammlung, bei der nur zwei Mitglieder des Verwaltungsrats zugegen sein mussten, entschieden worden, drei Stellen der Zivilgesellschaft zu streichen – inklusive OGBL. „Das ist doch dramatisch: Wir sind als Verwaltungsrat nie wirklich zurate gezogen worden und konnten als gewählte Verwalter dieses Unternehmens unsere Argumente nicht darlegen. Dabei wurden wir noch im Mai für sechs Jahre bestätigt. Es gab keine Dringlichkeit, die diese Vorgehensweise rechtfertigt“, so Eischen.
Damit sei dann auch die Angelegenheit des Briefes und des Wechsels an der Spitze vom Tisch gewesen. Die Gewerkschaftlerin bestätigt, dass der Verwaltungsrat den Brief der 18 führenden Angestellten zunächst nicht erhalten hat. Man habe auch nicht gewusst, dass Schwartz zum Rücktritt gezwungen worden sei. „Dass etwas schiefläuft, wurde uns erst klar, als wir dieses Schreiben sahen. Bis dahin gab es zwar Gerüchte, mehr aber nicht“, so Eischen. Erst in Gesprächen mit führenden Mitarbeitern habe man erfahren, was wirklich vorgefallen sei.
Sie habe die Angelegenheit dann im Sommer offiziell angesprochen und gefordert, den Brief bei einer nächsten Sitzung auf die Tagesordnung zu setzen. Dabei habe sie auch Rückendeckung von anderen Mitgliedern erhalten. „Persönlich habe ich nichts gegen Manuel Tonnar. Ich kenne den Mann nicht. Es geht um die Form. So kann man nicht vorgehen“, betont Eischen. Das habe sie bei einer nächsten Sitzung auch ansprechen und Vizepräsident Schiltz um Erklärungen beten wollen.
„Nur sollte es nicht mehr dazu kommen: Die Sitzung vom 19. Oktober wurde abgesagt und unser Posten im Verwaltungsrat wurde gestrichen“, fasst das OGBL-Mitglied zusammen. Sie sei regelrecht schockiert, dass das Bestreben, die Zivilgesellschaft aus dem Verwaltungsrat zu streichen, von sozialistischen Partnern ausgehe. Die jährlichen Summen, mit denen die Agentur arbeite, seien im Verhältnis zum nationalen Bruttosozialprodukt sehr ambitioniert. Deshalb sei die Rolle der Zivilgesellschaft von entscheidender Bedeutung, um ausgewogene Investitionsentscheidungen zu gewährleisten und zu verhindern, dass die Kooperation als rein politisches Instrument missbraucht wird.
Die Begründung, weshalb die zwei größten Luxemburger Gewerkschaften aus dem höchsten Entscheidungsgremium ausgeschlossen wurden, kann Véronique Eischen nicht nachvollziehen: Sie seien ja durch Vertreter der Personalvertretung ersetzt worden. Für Eischen eine „unbefriedigende Antwort“, da die Mitglieder der Personalvertretung weder Mandatsträger der beiden national repräsentativen Gewerkschaften seien noch nationale Interessen vertreten. Zudem sei die Personalvertretung bei den letzten Sozialwahlen aus einer freien Liste hervorgegangen.
Vielmehr liege die Vermutung nahe, dass man die Gewerkschaften einfach als unliebsame Mitglieder des obersten Entscheidungsgremiums von LuxDev habe kaltstellen wollen.
Lux-Development
Gegründet wurde Lux-Development 1978 im Zuge einer weltweiten Wirtschaftskrise, die sich in Luxemburg unter anderem in der Bau- und Stahlbranche bemerkbar machte. Öffentliche Instanzen wie Fedil und Handwerkerkammer hatten sich mit privaten Unternehmen zusammengetan, um in erster Linie neue Märkte für einheimische Unternehmen zu erschließen und gleichzeitig Entwicklungshilfe in bedürftigen Drittstaaten zu leisten. Der Staat war zu diesem Zeitpunkt via „Société nationale de crédit et d’investissement“ (SNCI) bei der Agentur mit eingestiegen. Ziel war es, Bedürfnisse in Entwicklungsländern auszumachen, die mit Luxemburger Produkten oder Diensten gedeckt werden konnten.
Anfang der 1970er Jahre hatten sich die Industrieländer der Vereinten Nationen dazu verpflichtet, mindestens 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens in öffentliche Entwicklungshilfe zu investieren. Eine Quote, die Luxemburg erst im Jahr 2000 erstmals erfüllen sollte, anschließend aber kontinuierlich ausgebaut hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich bereits ein Paradigmenwechsel von der Entwicklungshilfe hin zur Kooperation vollzogen. Lux-Development war zwei Jahre zuvor in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden, in welcher der Staat zunächst zwei Drittel der Anteile übernehmen sollte. Grund seien Beanstandungen der EU-Kommission wegen der Vergabe von öffentlichen Aufträgen ohne Ausschreibung gewesen, wie das Land in der bereits erwähnten Ausgabe von August feststellt.
Seit 2004 ist der Staat fast alleiniger Teilhaber des Unternehmens. Ein Staat, der sich seit 2009 dazu verpflichtet hat, ein Prozent seines Bruttonationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungshilfe bereitzustellen. Damit ist Luxemburg das drittgrößte Land der Welt, das sich für die Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung und des Lebensstandards in den Entwicklungsländern einsetzt.
Allein für die Förderung der Landwirtschaft und die Bereitstellung von Basisnahrungsmitteln in Partnerländern werden rund zehn Prozent des Entwicklungsbudgets zur Verfügung gestellt. In absoluten Zahlen wären dies mehr als 60 Millionen Euro. Zur Bekämpfung akuter Hungerkrisen sollen 2022 zusätzliche 20 Millionen Euro bereitgestellt werden. Weitere 65 Millionen Euro sind zur Linderung von humanitären Krisen vorgesehen, für Menschen, die vor Krieg und Gewalt ihr Zuhause verlassen mussten. Im kommenden Jahr sollen es sogar 80 Millionen Euro sein.
Insgesamt belief sich der Investitionsumschlag von LuxDev letztes Jahr auf knapp 109 Millionen Euro. Diese sind dem Jahresbericht von 2021 zufolge auch zu 99 Prozent investiert worden. Für 2022 ist mit einer noch größeren Summe zu rechnen. (ham)
D’Amigo Zeiten gin poulriicht weider mam Franz Fayot. Als LSAP Member waar ech frou ewei den E Schneider bis fort waar.
Dat hei as erem eng Keier Klappjuecht op en heichen Posten.
Wei' ass et dann gaang bei LuxInnivation, firun e puer Johr. Do ass nach keen Graass driwer gewuess !
Virun e puer Johr go'uf et eng aehnlech Magouille bei der LuxInnovation. dei' am selweschten Ministaer unhaengeg ass !
Schons bedenklech !
Magouille fir di richertg Perso'unen ob heich Posten ze krei'en am Fall wo'u et bei den Wahlen, dat naichst Johr sollt schief go'en !