Headlines

EditorialDer Westen eskaliert nicht mit Waffenlieferungen an die Ukraine

Editorial / Der Westen eskaliert nicht mit Waffenlieferungen an die Ukraine
Vor allem Polen und die baltischen Staaten treiben in der EU die militärische Unterstützung für die Ukraine voran: (v.l.) Der litauische Präsident Gitanas Nauseda traf gestern den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gemeinsam mit seinem polnischen Amtskollegen Andrzej Duda im ukrainischen Lwiw. Foto: Ukrainian presidential press service/AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In den kommenden Tagen dürfte die Diskussion um die Bereitstellung von Kampfpanzern für die ukrainische Armee weiter an Fahrt aufnehmen. Erst vor einigen Tagen kam die Meldung, dass Großbritannien am 20. Januar beim Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe auf der US-Luftwaffenbasis Ramstein mitteilen werde, Challenger-Kampfpanzer an die Ukraine abzugeben. Gestern dann erklärte der polnische Präsident Andrzej Duda, sein Land werde deutsche Leopard-Panzer zur Verfügung stellen. Der Druck auf die deutsche Regierung, insbesondere ihren Kanzler Olaf Scholz, dürfte zunehmen, darin einzuwilligen. Die kommende Woche könnte somit entscheidend in dieser und anderen Fragen der Bereitstellung an militärischer Hilfe für die Ukraine werden.

Der bei diesen Gelegenheiten gegenüber den Europäern gemachte Vorwurf, mit Waffenlieferungen die Lage in der Ukraine zu eskalieren, ist jedoch Unsinn. Das behauptet vornehmlich Putin, der eigentliche Kriegstreiber, der mit seinen Versuchen einer Umkehr der Schuldzuweisung höchstens bei Leichtgläubigen Gehör findet. Denn die Eskalation des Konflikts wurde von der Führung in Moskau eingeleitet und verstärkt. Von den anfänglich 200.000 russischen Soldaten, die Moskau im vergangenen Februar in die Schlacht schickte, dürfte weit über die Hälfte bereits dezimiert sein. 300.000 zusätzliche Soldaten wurden aus der russischen Bevölkerung heraus für den Krieg rekrutiert. Und schon geht die Rede davon, dass bald wieder eine Mobilisierungswelle in Russland anlaufen könnte, mit der noch mehr Russen in den Krieg ins Nachbarland geschickt werden sollen.

Die Ukrainer hingegen befinden sich in einem Abwehr- und Verteidigungskampf. Dafür erhalten sie Hilfe. Diese Waffenlieferungen wären nicht erfolgt, wenn Russland die Ukraine nicht angegriffen hätte. Denn all die Jahre zuvor, als seit den Jahren 2014/2015 bereits große Teile des ukrainischen Staatsgebietes praktisch von Russland annektiert waren, weigerten sich die westlichen Staaten, die ukrainische Armee aufzurüsten. Die Rücksichtnahme auf die Befindlichkeiten in Moskau war selbst in den Anfangsmonaten so groß, dass die militärische Unterstützung für Kiew nur zögerlich anlief. Und selbst nach über zehn Monaten Krieg hinkt der Westen mit der Bereitstellung adäquater militärischer Ausrüstung hinterher.

Erst als die russische Führung ihre Pläne umsetzte, die ukrainische Zivilbevölkerung aus der Luft mit Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern zu terrorisieren, wurde reagiert und entsprechende Luftabwehrsysteme wurden bereitgestellt. Eine der modernsten Abwehrwaffen dazu: Das US-Patriot-System wurde vor kurzem erst versprochen. Die Unterstützerländer der Ukraine liefern erst die nötigen Waffen, wenn die russischen Invasionstruppen bereits eine neue Phase in ihrem verbrecherischen Feldzug gegen die Ukraine eingeleitet haben. Unvergleichlich ist in diesem Zusammenhang die Masse an Waffen, die auf der russischen Seite eingesetzt wird. Die russische Artillerie dürfte bislang ein Mehrfaches von dem an Munition abgeschossen haben, was den Ukrainern für Gegenschläge überhaupt zur Verfügung steht.

Selbst die schiere Brutalität des Vorgehens der russischen Invasionstruppen gegen die ukrainische Bevölkerung und ihre Städte einerseits, sowie die erbarmungslose Rücksichtslosigkeit, mit der andererseits Moskau seine eigenen Leute an der Front verheizt, stellen eine Eskalation in diesem Konflikt dar, die jedem Vergleich trotzt. Angesichts dessen den Unterstützerländern der Ukraine vorzuhalten, den Krieg unnötig anzuheizen, hat mit der Realität absolut nichts zu tun.

rczmavicrom
13. Januar 2023 - 14.10

Wohl ein schlechter Witz!