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Der Siegeszug der Smileys

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Der Smiley, das Herz, die geballte Faust: Emojis sind längst zur Weltsprache für Smartphone-Nachrichten geworden. Die kleinen Bilder stehen im Mittelpunkt eines neuen Hollywood-Films, und das Museum of Modern Art in New York widmet ihnen eine eigene Ausstellung. Trotz ihrer universellen Präsenz gehen Emoji auf einen einzigen Mann zurück: einen damals 25-jährigen Mitarbeiter des japanischen Mobilfunkanbieters NTT DoCoMo, der im Jahr 1998 binnen eines Monats die ersten 176 dieser Ideogramme entwarf.

«Mir ist zufällig diese Idee gekommen», gibt Erfinder Shigetaka Kurita sich heute bescheiden. «Wenn ich es nicht getan hätte, hätte es ein anderer getan.» Die Emojis waren das Ergebnis einer beruflichen Aufgabe, vor der Kurita vor knapp 20 Jahren stand. Er wirkte an der Entwicklung des Portaldienstes i-mode für Mobiltelefone mit, dessen Nachrichten auf eine Länge von 250 Zeichen begrenzt waren. Das schrie buchstäblich nach einer Form von Kurzschrift.

So könnte eine SMS mit den Worten «Was machst Du gerade?» für sich betrachtet neugierig oder bedrohlich wirken. Doch ein angehängter Smiley nimmt die Schärfe. «Die digitale Nachrichtenübermittlung hatte damals gerade erst angefangen», erzählt Kurita, der heute im Vorstand des Tokioter Technologieunternehmens Dwango sitzt. «Also habe ich mir überlegt, was gebraucht wird.»

Apple und Google haben Emojis zu einem globalen Phänomen gemacht. Foto: dpa

Unter dem Druck einer Abgabefrist entwickelte er die ersten Emojis, die beim Start von i-mode im Jahr 1999 in Japan sofort zum Hit wurden. Die Bezeichnung ist zusammengesetzt aus den japanischen Wörtern für «Bild» und «Buchstaben», «e» und «moji».

Kurita griff für seine Entwürfe auf verbreitete Piktogramme zurück wie Verkehrsschilder, Wettersymbole, Tierkreiszeichen und comicartige Zeichnungen etwa von einer Glühbirnen oder einer Bombe. Mit einfachen Linien gestaltete er fünf Gesichter: ein glückliches, ein wütendes, ein trauriges, ein überraschtes und ein verwirrtes. Der Smiley und das Herz zählen noch immer zu seinen Favoriten.

Einige der Bilder überwinden kulturelle Grenzen. Ein Tropfen Schweiß, der an der Wange herunterrinnt, bedeutet Erschöpfung oder Angst. Andere stiften Verwirrung: So wurde ein Camcorder von einigen Nutzern fälschlich als Fisch interpretiert.

«Mir ist zufällig diese Idee gekommen», gibt Erfinder Shigetaka Kurita sich heute bescheiden. Foto: dpa

Nach Ansicht von Kurita ist der Hang zur Vereinfachung typisch für sein Heimatland. «Japaner überbieten sich gerne gegenseitig darin, aus Beschränkungen das meiste herauszuholen», sagt er. «Das Land ist voll von Beschränkungen, ein kleines Stück Erde. Wir sind gut darin, Aufgaben innerhalb eines festgelegten Rahmens zu lösen, anstatt freie Hand zu haben.»

Die westlichen Player Apple und Google haben Emojis dann zu einem globalen Phänomen gemacht. «Wegen der Popularität des iPhones ist auch Apples Emoji-Stil extrem einflussreich geworden, bis zu dem Punkt, dass die meisten Menschen beim Gedanken an Emojis an die Bilderwelt von Apple denken», sagt der Technologie-Experte, Journalist und Podcaster Jason Snell.

«Emoji – der Film»

Kurita nimmt das gelassen. Das zwölfköpfige Team, das i-mode entwarf, habe lange vor dem Smartphone-Zeitalter Großes für Japan geleistet, sagt der bescheidene Mann mit einem Lächeln: «Japaner sind unserer Zeit immer zu sehr voraus. Wie sollte Japan darauf hoffen, einen weltweiten Standard zu setzen?»

Die Erfindung des IT-Experten inspirierte die Macher des US-Computeranimationsfilms «Emoji – der Film». In der Produktion von Sony Pictures geht es um Emojis, die in der digitalen Welt eines Smartphones leben. In Japan läuft der Film noch nicht, in den USA war er mäßig erfolgreich.

Eine Szene des Films «Emoji – Der Film». Foto: Foto: 2017 Sony Pictures Releasing GmbH/dpa 

Im Jahr 2010 waren die zwölf mal zwölf Pixel großen Bilder vom internationalen Standard Unicode anerkannt worden. Seitdem verwendet jedes Telefon- oder Betriebssystem, das diesem Standard folgt, dieselben Ideogramme. Die Emojis wurden damit zu universellen Sprache.

Einige Gegner hatten die Anerkennung in Unicode abgelehnt, wie der Technologieexperte Yasuo Kida erklärt, der an der Entscheidung vor sieben Jahren beteiligt war. Ihre Argumente: Emojis seien lediglich Bilder, zu kindlich und zu spezifisch japanisch.

Inzwischen aber haben sich die einst primitiven digitalen Zeichnungen laut Kida zum ausgefeilten Kommunikationswerkzeug entwickelt, das immer mehr Möglichkeiten bietet, wie beispielsweise die jüngsten animierten Animojis von Apple. Anders als Kurita hadert der Experte damit, dass Japan seiner Ansicht nach auf dem Weltmarkt nicht genug aus seinen Innovationen macht. Kida macht dafür einen Mangel an Sprachkenntnissen und internationalem Einfluss verantwortlich.

Keine Tantiemen für seine Erfindung

Kurita selbst arbeitet aktuell an einem beliebten Streamingdienst für Live-Videos mit dem Namen Niconico. Er geht davon aus, dass solche Dienste künftig interaktiver werden und sich – möglicherweise mit künstlicher Intelligenz – eigene Online-Communities aufbauen.
Mit Emojis fühlt er sich heute nicht mehr besonders eng verbunden, weil sie sich weit über seine ersten Entwürfe hinaus entwickelt haben. Kurita erhält keine Tantiemen für seine Erfindung und ist in Japan außerhalb der Technologiewelt kaum bekannt.

Als er sich im vergangenen Jahr die Emoji-Ausstellung in New York ansah, reiste er auf eigene Kosten in die USA. Als der Erfinder sah, dass er in der Schau namentlich erwähnt wurde, war er überwältigt.

«Sie waren dort, etwas, woran ich gearbeitet habe, obwohl ich weder ein Künstler noch ein Designer bin», sagt er. «Das Museum hat einen Wert in dem Design gesehen, das die Kraft hatte, die Lebensweise der Menschen zu verändern.»

AP