Das Sterben ist ein Tabuthema. Auch in der Politik. Dies zeigte sich zum Beispiel am 18. Dezember 2008, als die Abgeordnetenkammer über das Gesetz zur aktiven Sterbehilfe abgestimmt hatte. Das Parlament hatte es mit 30 Ja-Stimmen und 26 Nein-Stimmen bei drei Enthaltungen verabschiedet. Der Fraktionszwang war entfallen. Das Gesetz trat schließlich am 17. März 2009 in Kraft.
Auch knapp 15 Jahre später ist es „nicht für jeden selbstverständlich und nicht einfach, über das Thema zu sprechen“. Das sagte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am Freitagnachmittag, als sie zusammen mit Familienminister Max Hahn (DP) und Jean-Claude Schmit, Direktor der Santé, den „Plan national fin de vie et soins palliatifs 2023-2026“ vorstellte.
Das Ende des Lebens und die Krankheit sind heikle Themen. Aber nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass nahezu 95 Prozent der Todesfälle hierzulande auf Krankheiten zurückzuführen sind und die Mehrheit der Menschen sich wünscht, zu Hause zu sterben, ist es nach den Worten der Ministerin wichtig, diese Themen zu diskutieren und den palliativen Ansatz beziehungsweise die Anwendung des Sterbehilfegesetzes zu klären. Eine weitere Zahl nannte Hahn, der darauf hinwies, dass die Menschen in Luxemburg am Ende ihres Lebens im Schnitt etwa drei bis vier Jahre in Alters- und Pflegeheimen verbringen.
Information und Ausbildung
Daher sei es wichtig, das Tabu des Lebensendes zu brechen, um den Bedürfnissen kranker Menschen und ihrer Angehörigen gerecht zu werden, so Lenert in ihren einleitenden Worten zur Vorstellung des Plans, der unter anderem dazu dienen soll, die Bürger über ihre Möglichkeiten und Rechte in Bezug auf die Palliativpflege, Sterbebegleitung und Sterbehilfe zu informieren und sie über die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente – etwa die Patientenverfügung – aufzuklären.
Der Plan beruht auf den Erkenntnissen und Empfehlungen von zwei aktuellen Berichten: dem Bericht über die Anwendung des Gesetzes in Bezug auf die Palliativpflege, Patientenverfügungen und Unterstützungen am Lebensende sowie dem Bericht über die Anwendung des Gesetzes über die Sterbehilfe und den assistierten Suizid. Die vorgeschlagenen Ansätze zielen darauf ab, den Zugang zur Palliativversorgung und zur Sterbehilfe zu erleichtern sowie eine bessere Vernetzung und Koordination zwischen allen Beteiligten – einschließlich Ärzten und Pflegekräften – zu ermöglichen. Zu den zahlreichen Partnern zählen vor allem die Organisation Omega 90, aber auch Organisationen wie Hëllef Doheem und Help.
Der Plan zur Sterbebegleitung und Palliativversorgung 2023-2026 zielt darauf ab, die Bürger mittels Informationskampagnen und Broschüren bestmöglich zu informieren, die Pflege sowie die Ausbildung in der Palliativ- und Sterbebegleitung zu verbessern sowie den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten in diesem Bereich zu erleichtern. Santé-Direktor Jean-Claude Schmit erklärte ausführlicher die einzelnen Teile des Plans, in dem es auch um die bessere Konsistenz und Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen geht. Ein wichtiger Aspekt gilt auch den Kindern, die Palliativpflege benötigen, unter anderem mit einem Konzept der Palliativpflege für junge Menschen und mit der Anerkennung der Ausbildung in der pädiatrischen Palliativpflege.
Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Thema folgt in unserer Montagsausgabe.
Zu einer integren Enttabuisierung gehört eine offene faktenbasierte Auseinandersetzung mit dem Thema "Nazieuthanasie in Luxemburg seit 1933".
MfG
Robert Hottua