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Der neue Bundestag mit Rechtspopulisten

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Genau einen Monat nach der Bundestagswahl nimmt das neue Parlament an diesem Dienstag seine Arbeit auf. Der bisherige Finanzminister Wolfgang Schäuble soll zum Bundestagspräsidenten gewählt werden. Ärger droht mit der AfD. Politiker aller anderen Fraktionen wollen den AfD-Kandidaten für einen der Vizepräsidentenposten, Albrecht Glaser, durchfallen lassen. Die nationalkonservative Alternative für Deutschland, die nach Union und SPD die drittstärkste Fraktion im neuen Parlament stellt, will nicht einknicken.

In seiner 19. Legislaturperiode ist der Bundestag mit 709 Abgeordneten größer als je zuvor. In der vergangenen Wahlperiode waren es 631 Parlamentarier. Als sicher gilt, dass Schäuble zum Bundestagspräsidenten gewählt wird. Der 75-jährige CDU-Politiker übernimmt damit das formell zweithöchste Staatsamt nach dem Bundespräsidenten, aber noch vor der Bundeskanzlerin. Die AfD will geschlossen gegen Schäuble stimmen – unter anderem wegen seiner Eurorettungspolitik.

«Demokraten wählen Demokraten»

Jede der sechs anderen neben der CDU im neuen Bundestag vertretenen Parteien erhält einen Vizeposten. Bisher war es üblich, dass die Stellvertreter fraktionsübergreifend gewählt werden. Der 75-jährige AfD-Politiker Glaser stößt jetzt aber in allen anderen Fraktionen auf Ablehnung. Stein des Anstoßes sind Äußerungen des früheren Frankfurter Stadtkämmerers über den Islam. Der AfD-Politiker benötigt in den ersten beiden Wahlgängen die Stimmen der Mehrheit aller Abgeordneten, also 355 von 709. Im dritten Wahlgang reicht es, wenn er mehr Ja- als Nein-Stimmen bekommt. Wenn der Kandidat auch dann noch durchfällt, muss der Ältestenrat entscheiden, wie es weitergeht.

Streit um die Kandidatur eines Bundestagsvizepräsidenten gibt es nicht zum ersten Mal. Im Herbst 2005 fiel Linkspartei-Chef Lothar Bisky in vier Wahlgängen durch. Die Fraktion stellte schließlich im Frühjahr 2006 Petra Pau als Ersatzkandidatin auf. Sie wurde im ersten Anlauf gewählt.

FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann empfahl, mit Glaser wie damals mit der Linkspartei umzugehen. «Demokraten wählen Demokraten.
Wer darunter fällt, das muss jeder Abgeordneter mit sich
selbst ausmachen», sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstag). Der Parteienforscher Oskar Niedermayer riet zu einem differenzierten Umgang mit der AfD. Abgeordnete dieser Partei sollten für Posten nur bei konkreten Vorwürfen wie im Fall von Glaser abgelehnt werden, sagte Niedermayer der «Heilbronner Stimme» (Dienstag). Ansonsten stärke das die AfD «in ihrer Opferrolle».

Alle gegen Deutschland

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) setzt auf Schäuble, um die AfD zu bändigen. «Die Rechtspopulisten der AfD werden schnell merken, dass Wolfgang Schäuble Form und Inhalt demokratischer Willensbildung im Deutschen Bundestag durchsetzen wird», sagte Gabriel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag). Das neue Amt gönne er Schäuble «von ganzem Herzen». Allerdings verband Gabriel die Wünsche auch mit heftiger Kritik am scheidenden Kabinettskollegen. Schäuble habe Europa in einen «Scherbenhaufen» verwandelt, «der jetzt von anderen wieder mühsam zusammengesetzt werden muss», kritisierte der SPD-Politiker und betonte: «In Europa ist es Schäuble gelungen, nahezu alle EU-Mitgliedsstaaten gegen Deutschland aufzubringen.»

Die Eröffnungsrede im neuen Bundestag hält der FDP-Politiker Hermann Otto Solms. Eigentlich hätte Schäuble als dienstältester Abgeordneter das Rederecht zur Eröffnung gehabt. Da er aber nach seiner Wahl zum Bundestagspräsidenten eine Antrittsrede halten wird, ließ er dem 76-jährigen Solms als Parlamentarier mit den zweitmeisten Dienstjahren den Vortritt. Mit der Konstituierung des Bundestags endet offiziell auch die Amtszeit der bisherigen Bundesregierung. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre noch 14 Minister erhalten anschließend von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihre Entlassungsurkunden, bleiben dann aber noch geschäftsführend bis zur Vereidigung einer neuen Regierung im Amt.

Lucas
24. Oktober 2017 - 11.29

Was 2015 so richtig in Deutschland ablief, weil die Bundeskanzlerin einfach nationale Gesetze und internationale Vereinbarungen eigenhändig ausser Kraft setzte, deren Tragweite sind wir uns heute immer noch nicht voll bewusst. Diese Lage und die damit verbundene unsichere Zeit, haben die (deutschen) Sozialisten voll mitgetragen. Aus der Gegenbewegung dazu, die aus dem Volk kam, enstand sozusagen die heutige AfD. Sich im Nachhinein demonstrativ in die Opposition abgleiten lassen, als Zeichen der plötzlichen oder notwendigen Distanzierung zur Union, kann man auch Feigheit nennen. So steht man dann nicht mehr zum eigenen Handeln von gestern. Auf der anderen Seite, man kann sich nicht von selbst mit dem Haarschopf aus dem Sumpf retten. Sich um die 90 demokratisch Gewählten einer AfD - Zahl kann noch schwanken - besonders kümmern wollen, ist vergeudete Energie! Die Sozialisten brauchen diese Energie für eigene Erneuerung auf vielen Gebieten. Sich besonders gegen die AfD stellen, welches Ziel soll denn damit verfolgt werden? Ein Feindbild (weiter) aufstellen, dies mit allen möglichen Mitteln verfeinern, um so zum Retter einer Nation zu werden, an dessen Elend man zum Teil eine Mitschuld trägt? Also ein indirektes Zeichen von Wiedergutmachung setzen? Das haben die deutschen Wähler doch alles durchschaut! Sprechen Wahlen nicht deutlich genuch? Bringen sie doch einfach bessere und überzeugendere Argumente, die per definitionem einleuchtend sein müssen. Und um ehrlich zu sein, wer bietet einer immer weniger beliebten Union denn wirklich Paroli? Wer kann dies überzeugender tun als jemand, der seine Hände nicht in der aktuellen Lage mit im Spiel hatte? Oder aber die deutschen Sozialisten wollen die AfD schwächen um das Wirken der Kanzlerin salonfähiger erscheinen zu lassen. Und eine Union wird dieses Gebahren bei der nächsten Parlamentswahl bestimmt honorieren. Wenn Jamaica dann bis dahin überlebt. Entwickelt sich Politik etwa selbst verschuldet zu einem Casino? Wagenknecht hat die Spielhalle kürzlich eröffnet!