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KriminalitätDer Kampf der Niederlande gegen die Macht der Drogenkartelle

Kriminalität / Der Kampf der Niederlande gegen die Macht der Drogenkartelle
Unter anderem ihm wurde gedroht: Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande Foto: Peter Dejong/AP/dpa

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Bandenkriege und Auftragsmorde, eine Kronprinzessin, die nicht unbeschwert studieren kann, Drohungen gegen den Regierungschef – was wie ein fiktiver Thriller über die Macht der Drogenkartelle klingt, ist für die Niederländer Realität.

Der Prozess gegen den mutmaßlichen Drogenboss Ridouan Taghi hat ein Schlaglicht auf brutale Methoden seiner „Mocro Maffia“ im Land geworfen. Und die jüngste Zerschlagung eines „Superkartells“ in Dubai mit Verbindungen zu Taghi hat die Befürchtungen verstärkt, das liberale Land könnte auf dem Weg zum Drogen-Staat sein.

Taghi war 2019 in Dubai festgenommen worden. Zurzeit läuft unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen der Prozess gegen ihn und 16 Mitangeklagte wegen Mordes und versuchten Mordes. Von seiner Zelle aus soll Taghi aber nach wie vor die Fäden ziehen und weitere Morde in Auftrag gegeben haben.

Die im Rahmen des Prozesses offenbarten Taten der sogenannten Mocro-Maffia, deren Mitglieder ebenso wie Taghi meistens marokkanische Wurzeln haben, sowie deren brutale Methoden zur Einschüchterung von Zeugen, Politikern und Journalisten haben „einen großen Schock ausgelöst“, sagt der auf Strafsachen spezialisierte Journalist Jan Meeus. Er spricht von einem „ultimativen Test“ für den liberalen Rechtsstaat.

Drei mit dem wichtigsten Kronzeugen Nabil B. in Verbindung stehende Männer wurden bereits auf brutale Weise getötet, darunter der bekannte Kriminalreporter Peter R. de Vries. Der Reporter, der sich durch seine Rolle bei der Aufklärung Aufsehen erregender Kriminalfälle sowie als Sprecher von Opfern einen Namen gemacht hatte, wurde am 6. Juli 2021 beim Verlassen eines Fernsehstudios in Amsterdam niedergeschossen und starb neun Tage später im Krankenhaus. Vor seinem Tod war er als Vertrauensperson von B. aufgetreten – und hatte davon gesprochen, dass er auf Taghis Abschussliste stehe.

Bedrohung hat höchste Ebenen erreicht

Der Bruder des Hauptkronzeugen war bereits 2018 ermordet worden, sein Anwalt Derk Wiersum wurde 2019 vor seinem Haus erschossen. Nach den Worten von Meeus wurden zudem Pläne aufgedeckt, Taghi mit Hilfe „extremer Gewalt“ aus dem Gefängnis zu holen.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Niederlande wird deshalb der „Bunker“ in Amsterdam, in dem Taghi der Prozess gemacht wird, von der Armee bewacht. Richter und Staatsanwälte kommen in gepanzerten Fahrzeugen zu den Anhörungen.

Die Bedrohung hat die höchsten Ebenen der niederländischen Gesellschaft erreicht. Kronprinzessin Catharina-Amalia musste kürzlich aus Sicherheitsgründen ihre Pläne aufgeben, in einem Studentenwohnheim zu leben. Medienberichten zufolge wurde die 19-jährige Tochter von König Willem-Alexander ebenso wie Ministerpräsident Mark Rutte in Botschaften krimineller Banden erwähnt – dies schürte Befürchtungen, dass sie angegriffen oder entführt werden könnten.

Polizei: Das Land entwickelt sich zum „Narco-Staat“

Die „Mocro Maffia“ ist für die brutale Gewalt ihrer meist jungen Mitglieder berüchtigt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, „keinen Respekt vor Menschenleben“ zu haben. Ihre Opfer nennen sie demnach „Hunde“, die zum „Schlafen“ gebracht werden müssten.

Die extreme Gewalt zwingt die Behörden, sich mit dem Ausmaß der organisierten Kriminalität und deren milliardenschweren Parallelwirtschaft auseinanderzusetzen. Die Polizeigewerkschaft NPB schlägt schon seit Jahren Alarm: Ihr Vorsitzender Jan Struijs warnt, dass sich das Land langsam zu einem „Narco-Staat“ entwickele. Er macht dafür die laxe Politik gegenüber weichen Drogen verantwortlich.

Buchautor Marijn Schrijver, Mitverfasser des Bestsellers „Mocro Maffia“, sieht den Grund hingegen in Den Haags Steuerpolitik: „Wir sind ein Steuerparadies. Wir wollen so viel wie möglich über unsere Häfen importieren und weiter transportieren, und das macht die Niederlande logistisch gesehen zum perfekten Ort.“

Auch das Ende November zerschlagene „Super-Kartell“ mit Hauptsitz in Dubai, das laut Europol „rund ein Drittel des Kokainhandels in Europa kontrollierte“, nutzte neben dem belgischen Antwerpen vor allem den Hafen Rotterdam, um das Kokain aus Lateinamerika nach Europa zu schleusen. (AFP)