Am Dienstagnachmittag versammeln sich zum ersten Mal die neuen Abgeordneten. 60 Menschen. Ein bunter Haufen? Sicher. Spiegel der Bevölkerung? Not so much!
Ganz endgültig steht noch nicht fest, wer in den nächsten fünf Jahren im Parlament sitzen wird. Immerhin werden wohl einige der Gewählten bald als Minister und Ministerinnen in einer neuen Regierung sein. Aber: Parlament und Regierung sind zwei verschiedene Dinge und die Luxemburger Wähler haben am vorletzten Sonntag nicht eine neue Regierung, sondern ein neues Parlament gewählt. Ein Parlament, das heute feierlich eingeschworen wird. Die 60 Männer und Frauen sind aus dem Wahlkampf und der Wahl als Sieger hervorgegangen. 60 Männer und Frauen, die zusammen die erste Gewalt im Staat ausmachen. Aber spiegeln diese 60 Menschen auch die Bevölkerung wider? Und müssen oder sollen sie das überhaupt?
Die kurze Antwort auf die erste Frage lautet nein. Das Parlament ist in seiner Zusammensetzung kein Spiegel der Bevölkerung. Das Parlament besteht ganz objektiv betrachtet zu 100 Prozent aus erwachsenen Menschen luxemburgischer Staatsangehörigkeit. Tatsächlich leben in Luxemburg laut Statistikamt Statec 47,9 Prozent Ausländer. Sie machen also fast die Hälfte der Bevölkerung aus. Die Bevölkerung besteht außerdem rund zur Hälfte aus Frauen – laut Statec 49,7 Prozent. Das Parlament besteht (im Moment vor der Regierungsbildung und den damit verbundenen Nachrückerinnen) aus 48 Männern und 12 Frauen. Das ist ein Frauenanteil von gerade mal 20 Prozent.
Im Parlament sind daneben auch nicht alle Altersgruppen vertreten. In Luxemburg ist nur wählbar, wer am Wahltag mindestens sein 18. Lebensjahr vollendet hat. Tatsächlich ist der jüngste Abgeordnete, der heute eingeschworen wird, der Piraten-Abgeordnete Sven Clement. Mit 29 Jahren ist er das «Küken» im Parlament. Mehr als die Hälfte – 35 der 60 Abgeordneten – sind über 50 Jahre alt. 16 Abgeordnete sind älter als 60. Das Durchschnittsalter liegt bei 52 Jahren. Mit seinen 69 Jahren ist LSAP-Urgestein Jean Asselborn das älteste Parlamentsmitglied.
Die Arbeiter und das Parlament
Aber wie sieht es aus mit Berufen der Abgeordneten? Oder anders ausgedrückt: «Sinn endlech mol nees e puer Aarbechter am Parlament?» Wer sich die Berufe der Parlamentarier genauer ansieht, der stellt schnell fest, dass überdurchschnittlich viele Juristen und Journalisten zu Volksvertretern auserkoren worden sind. Tatsächlich haben fast alle Parteien Juristen in ihren Reihen. Der prominenteste unter ihnen ist mit Sicherheit Xavier Bettel. Der aktuelle und wahrscheinlich bald erneute Premier ist im «wahren Leben» Anwalt. Als Anwalt aktiv war er laut seinem offiziellen Lebenslauf zwischen 2001 und 2013. Während des Wahlkampfs sorgte der Premier für Gesprächstoff mit seiner Aktion «Better call Bettel», bei der Bürger (potenzielle Wähler) ihn über eine blaue Telefonzelle anrufen konnten. Der Slogan der Aktion erinnert (wohl gewollt) an den Titel der US-Fernsehserie «Better Call Saul». Das Spin-off der erfolgreichen Serie «Breaking Bad» handelt von einem zwielichtigen Winkeladvokaten.
Doch Bettel ist längst nicht der einzige Abgeordnete, der ein Jurastudium abgeschlossen hat. Zu den Rechtswissenschaftlern unter den Parlamentariern zählen u.a.: Roy Reding (ADR), Lydie Polfer (DP), Simone Beissel (DP), Guy Arendt (DP), Sam Tanson («déi gréng»), Laurent Mosar (CSV) und Léon Gloden (CSV). Eine außergewöhnliche Biografie hat Jean Asselborn. Der bisherige Außenminister ist 1949 geboren und verließ die Schule mit 18 Jahren. 1976 holte er seinen Abschluss in Abendkursen nach. Im Oktober 1981 machte er seinen Hochschulabschluss in Zivilprozessrecht an der Universität Nancy.
Eine weitere Berufsgruppe, die im Parlament zuhauf vertreten ist, sind Journalisten aller Couleur. Zu den bekanntesten unter ihnen zählt wohl der bisherige Parlamentspräsident, der LSAP-Mann Mars di Bartolomeo, der von 1972 bis 1984 Journalist im Tageblatt war.
Ein weiteres prominentes Beispiel ist Felix Braz. Der Grünen-Politiker und bisherige Justizminister ist Studienabbrecher. Bei RTL Radio Lëtzebuerg war er laut offizieller Biografie 1991 Chefredakteur und Moderator einer portugiesischsprachigen Nachrichtensendung.
Eine weitere Vertreterin dieser Zunft ist die ehemalige Wort-Journalistin und CSV-Spitzenpolitikerin Viviane Reding. Ihren Doktor machte sie 1978 an der Sorbonne in Humanwissenschaften. Auch der Linken-Abgeordnete David Wagner war in einem früheren Leben Journalist. Er war für die Zeitung woxx unterwegs. Unter den Abgeordneten gibt es allerdings auch Männer und Frauen mit etwas ausgefalleneren Lebensläufen. Der Linken-Politiker Marc Baum etwa ist Schauspieler. Und der LSAP-Abgeordnete Georges Engel ist ausgebildeter Sozialpädagogischer Familienhelfer.
Unternehmerinnen im Familienbetrieb
Einen eher ungewöhnlichen Beruf hatte auch der CSV-Abgeordnete Paul Galles. Er hat in Trier und in Rom Theologie studiert. Zwischen 1999 und 2010 war Galles Priester in Rom und in Esch. Danach war er für verschiedene Projekte der Caritas tätig. Ebenfalls ins Parlament gewählt wurden zwei ehemalige Ministerinnen mit interessantem beruflichen Hintergrund: Corinne Cahen und Carole Dieschbourg. Beide haben in der Vergangenheit im eigenen Familienbetrieb gearbeitet. Die kommissarische Familienministerin und DP-Spitzenfrau Corinne Cahen hat angewandte Fremdsprachen studiert und mit einem Diplom in zweisprachigem Journalismus nachgelegt.
Während ihres Studiums arbeitete Cahen bereits bei RTL, Eldoradio, einem Regionalsender in Nizza, Radio France Internationale und der Agence France-Presse (AFP). Von 1995 bis 2004 war sie bei RTL Radio und Fernsehen tätig und deckte dort eine riesige Palette an Themen ab. Einen nicht unerheblichen Teil ihrer beruflichen Karriere aber (2001 bis 2013) war Corinne Cahen Geschäftsführerin ihres Familienbetriebs: eines Schuhgeschäfts in Luxemburg-Stadt. Von 2008 bis 2012 war die DP-Frau zudem Präsidentin des Geschäftsverbandes der Stadt Luxemburg. Die kommissarische Umweltministerin und Grünen-Politikerin Carole Dieschbourg studierte ihrerseits Geschichtswissenschaften und Germanistik in Trier und schloss mit einem Magister ab. Auch sie arbeitete im Familienbetrieb – der Moulin J.P. Dieschbourg. Die Mühle ist seit grauer Vorzeit im Besitz der Familie Dieschbourg und stellt heute Mehl, Kaffee und regionale Produkte her.
Dieschbourg und Cahen sind allerdings nicht die einzigen Geschäftsleute im Parlament. Auch das «Küken», Sven Clement, ist Chef seiner eigenen Firma. Der Pirat hat an der Universität des Saarlandes Wirtschaftsmathematik studiert und hat zusammen mit seinem Parteikollegen Jerry Weyer ein Beratungsunternehmen für digitale Kommunikation gegründet: «Clement & Weyer – Digital Communication Consultants».
Aber wie sieht es mit den Arbeitern aus? – Schwierig. Bevor er in die Politik ging, hat Infrastrukturminister François Bausch bei der nationalen Eisenbahngesellschaft CFL gearbeitet. Der neue ADR-Abgeordnete Jeff Engelen ist Handwerksmeister. Unter den Parlamentariern ist jedoch niemand, der direkt von der Baustelle oder dem Stahlwerk ins Parlament wechselt. Ein Großteil der Bau- und Stahlarbeiter hat wohl auch kein Wahlrecht. Weder das passive noch das aktive.
Die Frage nach der Representativität
Die Chamber ist also ein bunter Haufen. Aber spiegelt sie die Bevölkerung wider? Eher nicht. Aber wie sollte sie auch? Luxemburg hat 602.000 Einwohner. Es gibt rund 260.000 eingetragene Wähler. Einige davon leben im Ausland. Unmöglich, diese Vielfalt mit 60 Menschen korrekt abzubilden. Immerhin: Wirtschaft und Jura sind bei jungen Luxemburgern immer noch die beliebtesten Studienfächer. Vielleicht ist das Parlament insofern doch repräsentativ.
Ob ein Parlament überhaupt repräsentativ sein sollte, darüber scheiden sich seit Jahrhunderten die Geister. Während die einen glauben, das Parlament solle als Querschnitt des Volkes seine Interessen vertreten, glauben andere, das Volk solle aus den (wie auch immer gearteten) Eliten eine Handvoll Menschen wählen und ihnen damit die nötige Legitimierung verleihen, das Land zu verwalten, sich aber darüber hinaus nicht weiter in die Politik einmischen. Im Gegensatz zum Parlament werden Regierung, Richter, Staatsoberhaupt, hohe Beamte und Staatsräte in Luxemburg nicht von den Bürgern direkt gewählt.
Auch die Minister müssen nicht an einer Wahl teilgenommen haben, um Regierungsmitglied zu werden. Rezente Beispiele dafür sind Wirtschaftsminister Etienne Schneider – der nie an einer Wahl teilgenommen hatte, als er in seiner ersten Amtszeit das Ressort des zurückgetretenen Jeannot Krecké übernahm – und Finanzminister Pierre Gramegna, der ebenfalls zum Regierungsmitglied ernannt worden war, ohne dass er sich zuvor einer Wahl gestellt hatte.
Wo habe ich behauptet, " es " besser zu wissen und "es " besser zu machen ? Was immer Sie auch unter dem " es " verstehen. Es darf doch wohl noch erlaubt sein, seine Meinung kundzutun , auch auf eine humorvolle Weise! Und wem das nicht behagt, der soll es lassen!
Und ob ich sie kenne, die froh sind bei Mutti Zuhause zu wohnen, weil es nicht mal reicht für die Miete, genau so wie die, die seit den 70er da sind! Genug von den guten haben wir nicht, da haben Sie Recht.
Wer es besser weiß, soll es auch besser machen, also bitte für die nächsten Wahlen selbst Kandidat sein.
Kennen Sie überhaupt Juristen, oder schwafeln Sie da einfach nur im Internet in einem Posting unter einem Artikel, Hauptsache-das-ist-mal-gesagt!!!!1111 oder wie? Wenn Sie wirklich Juristen kennen würden, dann wüssten Sie, dass wir hier in Luxemburg nicht mal ansatzweise genug Juristen haben und würden nicht so ein unsinniges Internet-Posting verfassen.
Schade, dass es keine Zauberer auf Krautmarkt gibt!
... klar, was sollen die sonst machen. Es gibt keine Arbeit für sie alle, die jedes Jahr vereidigt werden und auf der Uni noch in den Startlöchern bereit sind.
Dass es unter den Abgeordneten u.a. Journalisten und Juristen gibt ist nicht neu, und Schauspieler sind sie allesamt allemal.
""Die Abgeordneten sind Juristen, Journalisten und … Schauspieler""
Schauspieler gefaellt mer am beschten !