UnternehmenDer Buchhaltungssektor erfindet sich neu

Unternehmen / Der Buchhaltungssektor erfindet sich neu
Philippe Tailleur ist überzeugt, dass der Beruf des Buchhalters vor grundlegenden Veränderungen steht Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Während einige Sektoren von dem Wandel durch neue Technologien voll getroffen wurden, blieb der Bereich der Buchhaltung bisher ziemlich verschont. Das soll sich nun ändern. Davon ist Philippe Tailleur vom Unternehmen Horus überzeugt.

„Für die Buchhaltung ist dies ein wichtiger Moment“, sagt Philippe Tailleur. „Es ist ein Sektor, in dem es seit der Einführung des Computers keine Entwicklung mehr gab.“ 50 Jahre ist es nun her, dass die TVA in Luxemburg eingeführt wurde. „Seitdem wird durchgehend auf die gleiche Art und Weise gearbeitet“, erzählt Tailleur.

„Alle Programme zur Buchhaltung sind alt. Viele wurden um 1980 erstellt und dann angepasst“, unterstreicht auch Benjamin Tailleur, der gemeinsam mit seinem Vater und Bruder in der Firma Horus in Belgien aktiv ist. „Sie sind nicht mehr passend für die heutige Zeit.“ Dabei gebe es auch hier ein großes Bedürfnis für Innovation.

Bei Finanzdienstleistungen klappe das ja auch, fügt Benjamin Tailleur hinzu. „Bei der Bank kann man schnell seine aktuellen Daten abrufen.“ Das will die Bank auch von den Unternehmen, wenn diese beispielsweise einen Kredit anfragen. Zudem werde beispielsweise auch die TVA-Erklärung, mit der Direkt-Übertragung von Daten, überflüssig.

„Der Lebensrhythmus vieler Produkte wird kürzer“, so Philippe Tailleur weiter. „In der Buchhaltung läuft jedoch alles wie vor 50 Jahren.“ Vor zehn Jahren sei das noch nützlich gewesen. Damals sei die Welt der Unternehmer noch stabiler gewesen und eine Bilanz zum Jahresende etwas Nützliches. „Doch wer interessiert sich heute noch für die Bilanz vom letzten Jahr? Was heute wichtig ist, das ist die letzte Entwicklung“, unterstreicht er. Es gebe eine große Zeitverschiebung zwischen der Buchhaltung und dem Rest der Welt. „Die Buchhaltung ist zu einem reinen Kostenfaktor verkommen.“

„Die Buchhaltung ist zu einem reinen Kostenfaktor verkommen“

Während bestehende Programme seit 1980 einfach darauf abzielen, Arbeiten, die auf Papier erledigt wurden, zu ersetzen, so gebe es mittlerweile eine neue Generation von Buchhaltungssoftware. Mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz werde sich die Lage nun rasant verändern, so die Unternehmensvertreter von Horus. Die Firma, die zwölf Mitarbeiter zählt, vermarktet ein eigenes Programm. Horus hat zwei Zielmärkte: Belgien und Luxemburg. In Belgien hat die Firma, laut eigenen Angaben, über 585 Kunden. In Luxemburg war sie, um ihr Produkt bekannt zu machen.

Der Beruf des Buchhalters werde sich grundlegend verändern, sind Philippe und Benjamin Tailleur überzeugt. „Die banalen Aufgaben werden verschwinden“, so Philippe Tailleur. Das seien 30 bis 40 Prozent des Arbeitsaufwands heute. Das Aufstellen von Listen wird der Vergangenheit angehören. Buchhaltung ist bei der Adem die (nach Informatik) am meisten gesuchte Fachkenntnis.

Künftig wird der Unternehmensbereich neuen Wert schaffen, schwärmt Philippe Tailleur von dem Wandel. „Langfristig wird der Buchhalter zum Berater des Firmenchefs. Dann ist der vielleicht sogar bereit, mehr zu zahlen.“

Selber habe man ein Programm von Grund auf neu gebaut, so der Unternehmensvertreter. Das könne beispielsweise unterschiedliche Rechnungen ins System importieren, die dann automatisch übernommen und klassifiziert werden. „Der Buchhalter muss nur noch abhaken. Er wird zum Überwacher“, erzählt Philippe Tailleur. Von dieser Tätigkeit wiederum lernt die künstliche Intelligenz im Programm und verbessert sich.

Die aktuellen Daten seien dann auch direkt für den Chef einsehbar. Er kann sich über sein Smartphone über die aktuelle Entwicklung auf dem Laufenden halten. Er sieht, ob Rechnungen bezahlt sind oder nicht, wie beim E-Banking.

Eine Wahl werden die Buchhalter nicht haben, sind die Unternehmensvertreter überzeugt. „Auch in anderen Sektoren werden alle paar Jahre die Maschinen gewechselt“, so Philippe Tailleur. „Wer nicht mit der Technik geht, wird schlussendlich weniger attraktiv für die Kunden … und somit verschwinden. Wettbewerb ist der Treiber.“