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EditorialDer Aufschrei über die neuen UCI-Regeln kommt zu spät

Editorial / Der Aufschrei über die neuen UCI-Regeln kommt zu spät
Beliebtes und nun womöglich rares Souvenir: Trinkflaschen der Radprofis Archivfoto: Gerry Schmit

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Der Ausschluss von Radprofi Michael Schär bei der Flandern-Rundfahrt am vergangenen Sonntag war das Aufregerthema unter Radsportfans. Der Schweizer hatte eine Trinkflasche in Richtung Zuschauer geworfen. Bis vor wenigen Tagen eine gängige Praxis, ja quasi ein Reflex bei Radprofis. Seit April gelten aber neue Regeln, die der Weltverband UCI eingeführt hat. Neben dem Wegwerfen von Trinkflaschen wurde unter anderem noch die sogenannte „Supertuck“-Position verboten, bei der Fahrer sich aus aerodynamischen Gründen auf das Oberrohr ihres Fahrrads setzen.

Die Regeln, die der Sicherheit der Fahrer dienen sollen und natürlich der Sicherheit der Nachahmer – immerhin sollen Profisportler ja eine Vorbildfunktion haben – sorgen teilweise für Kopfschütteln bei Fahrern und Fans. Ob es nicht andere Ansätze für eine Verbesserung der Sicherheit bei Rennen gibt, sei dahingestellt. Muss man Radprofis wirklich vorschreiben, welche Position sie auf dem Rad einnehmen dürfen, oder sollten sie selbst entscheiden dürfen, wie viel Risiko sie eingehen wollen? Eine Frage, über die sich streiten lässt.

Jegliches Fingerspitzengefühl haben die Radsportfunktionäre bei der Trinkflaschen-Regel vermissen lassen. Sicher, zu oft sah man Fahrer sich ihres „Bidons“ auf menschenleeren Streckenabschnitten in Böschungen entledigen. Dass es nun nur noch auf ausgewiesenen Streckenabschnitten erlaubt ist, die Trinkflaschen wegzuwerfen, schießt allerdings über das Ziel hinaus.

Es wird dabei vergessen, dass viele Zuschauer genau darauf aus sind, Trinkflaschen zu sammeln, und dass Profis damit die Augen der jüngsten Fans zum Leuchten bringen. Das hat auch Michael Schär nach seinem Ausschluss noch einmal betont. Das Wegwerfen und das Sammeln der Trinkflaschen sind ein nicht unwesentlicher Bestandteil dessen, was den Radsport so besonders macht. Es ist genau diese Nähe zwischen Sportler und Zuschauer, die für viele den Reiz ausmacht. Der Radsport beraubt sich mit diesem Reglement selbst seiner besten Werbung. Die Funktionäre haben einmal mehr bewiesen, wie weit sie von ihrem Sport entfernt sind.

Das ist aber nur die eine Seite. Die neuen UCI-Regeln stehen nämlich auch dafür, wie wenig sich die Mehrheit der Athleten für ihren Sport interessiert. Philippe Gilbert, Mitglied der Fahrergewerkschaft CPA, hat genau das vor einigen Wochen kritisiert. Als die Regeln ausgearbeitet wurden, hat sich niemand dafür interessiert, kaum ein Fahrer hat seine Bedenken geäußert oder sich über die Ausarbeitung informiert. Als die Regeln dann bekannt gegeben wurden, war der Aufschrei groß.

Dieses Phänomen ist nicht nur im Radsport, sondern in vielen Sportarten zu beobachten. Dass in den Weltverbänden einiges schiefläuft, wird immer wieder deutlich. Es liegt aber auch zu einem nicht unwesentlichen Teil in der Verantwortung der Athleten, sich ihren Sport zurückzuholen und damit ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden. Denn sich seiner Eigenverantwortung bewusst zu sein, ist hilfreich – nicht nur im Sport.

josy miersch junior
8. April 2021 - 13.11

Warum dieser Unterschied ?
In der Fernsehübertragung der Flandernrundfahrt konnte man die zwei ersten Fahrer in den letzten Kilometern alle zwei ihre Trinkflasche wegwerfen sehen !
Eine logische Folge laut neuen UCI Reglement wäre gewesen die zwei Führenden aus dem Rennen zu nehmen, genau wie für die anderen Fahrer vorher auch geschehen.
"Affaire à suivre" !
N.b. : Wer mal um Ostern hier in Luxemburg die Strassenränder gesäubert hat weiss wie massiv vermüllt diese sind. Keine Entschuldigung aber ein Tatbestand !

Nomi
7. April 2021 - 18.46

Civismus bei de Fuhrer misst et onnei'deg machen wegwerfen vun Muell ze verbidden !

J.C. Kemp
7. April 2021 - 17.50

Wer die Sockenhöhe pingligst (über)reglementiert, reglementiert auch Flaschenwurf, Beinrasur und demnächst auch Brillenglasgrösse.

HTK
7. April 2021 - 9.30

Doping ist ein Problem,nicht eine leere Trinkflasche.So wie die Straßenränder meistens aussehen (Dosen,Flaschen etc.) sind die paar Flaschen der Fahrer eigentlich Nippes.